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Text  und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS AEROS
Neustadt/a. d. Orla, 17. Juli 2011

zirkus-aeros.de.vu/
Im Bereich der neuen Bundesländer ist der Name "Circus Aeros"  von hohem Bekanntheitsgrad. 1942 gründete Sensationsartist und Raubtierdompteur Cliff Aeros, der 1889 als Julius Jäger in Hamburg geboren wurde, seinen Circus Aeros. Nach Kriegsende entstanden Spielstätten in Leipzig und Berlin. Nachdem Cliff Aeros 1952 verstorben war, wurde der Circus 1961 in den Staatszirkus der DDR eingegliedert. Nach der Wende wurde dieser durch die Treuhand liquidiert.
Seit 2005 sind die Namensrechte bei dem Familie Schmidt, die bis dahin, als ein Teil der Frankello-Dynastie, mit ihrem Circus Atlas auf der Reise war.


Im idyllischen Neustadt/an der Orla war der Circus auf einem Parkplatz am Sportplatz aufgebaut. Der Circus Aeros ist ein Familienunternehmen von respektabler Größe. In Airbrushtechnik aufwändig mit Circusmotiven gestaltete Auflieger beherrschen die Front und sorgen in Verbindung mit dem dekorativen Frontzaun für einen einladenden Anblick.

Das blau-weiße Viermasten-Chapiteau hat einen Durchmesser von dreißig Metern. Ein langgestreckter, optisch zum Hauptzelt passender, Stall bietet den vielen Tieren des Circus Aeros eine großzügige Unterkunft. Zahlreiche Großpferde, Ponys, Trampeltiere und weitere Exoten sind hier erstklassig untergebracht.
Der umfangreiche Fuhrpark des Circus besteht größtenteils aus Sattelaufliegern, die auf weißem Grund den in rot gehaltenen Circusnamen tragen.
Im Chapiteau werden die Besucher von einer ansprechenden warmen Atmosphäre empfangen. Ein großer, prächtiger Artisteneingang aus dunkelrotem Samt, geschmackvoll mit goldenen Applikationen verziert, dominiert den Raum. Die dekorativ verzierten Logen und die Leuchtpiste harmonieren perfekt und so ergibt dieses Ensemble ein stimmiges Interieur, das man sich bei so manchem Großcircus wünschen würde.
Der Sprecher des Hauses, Benito Brumbach, begrüßt das zahlreich erschienene Publikum und das hauseigene dreiköpfige Orchester startet mit seinem mitreißenden Sound. Schlagzeug, Trompete und K-Board werden gekonnt druckvoll gespielt und mit gut gewählten, schwungvollen Melodien wird das Programm in hervorragender Weise unterstützt.

Das Programm des Circus Aeros bietet dem geneigten Besucher die drei klassischen Säulen der Circuskunst. Ganz besonderer Erwähnung bedürfen die abwechslungsreichen, erlesenen Tiernummern der Sonderklasse, die in perfekter Manier von vier verschiedenen Dresseuren in die Manege gebracht werden.
Zu Programmbeginn zeigen drei Kamele im Zusammenspiel mit drei Arabern vielfältige Lauffiguren. Die Trampeltiere tragen rot-goldene Schabracken, die Pferde farblich abgestimmte Geschirre und ihr Vorführer Vasil Schalori lässt sie, mit knappen Gesten agierend, ihr umfangreiches Repertoire vortragen. Gegenlauf von Kamelen und Pferden auf je drei Zirkeln wird genauso selbstverständlich geboten, wie Gruppensteiger der Araber. Einen „Drehsteiger“ haben wir schon lange nicht mehr gesehen - hier wird er in hervorragender Weise präsentiert. Ein besonderes Da Capo beschließt diesen Dressurakt: Im Stil ähnlich wie bei Alexis Gruss - er bekam seinerzeit für diese Nummer einen der begehrten Clowns in Monte Carlo - werden drei aus der Kuppel hernieder hängende Bänder - schwarz, rot und gold - an die Pferdegeschirre geklipst. Diese werden von den ruhig und perfekt, nur auf Zuruf laufenden Pferde zu einem veritablen Zopf geflochten.
Im Anschluß präsentiert Benito Brumbach in einer Einzelfreiheit einen prächtigen Friesen. Hürdenlauf, Spanischer Tritt und das durchbiegen des Kopfes zwischen den Vorderhufen bis zum Boden des auf einem Podest stehenden Pferdes sind nur einige Highlights aus seinem Programm.
Ein Zehner-Zug Tigerschecken-Ponys gibt in seinen roten Geschirren ein dekoratives Bild ab. In der Größe gleichmäßig gestaffelt, zeigen sie unter der Peitschenführung des  Nachwuchsdresseurs Justin ihr Können. Auch hier folgt ein vierbeiniger Solist in der Manege - der winzige Fallabella-Hengst Fridolin. Er ist wirklich das kleinste Pferdchen, dass wir bisher in einer Manege sahen und seine Rückenhöhe reicht seinem Vorführer Jerome  knapp bis übers Knie. Der Mini-Hengst steht in der gezeigten Leistung seinen großen Kollegen in nichts nach. Auch er zeigt den spanischen Tritt, sowie ebenfalls das tiefe durchbeugen des Kopfes bis zur Erde.
Das Groß-und-Klein wird von einem Friesen und einem zweiten sehr kleinen Fallabella bestritten. Selbstverständlich läuft auch diese Dressur mit großer Präzision ab. Auch hier erkennt man die geschulte Hand eines guten Tierlehrers. Allen Dressurnummer ist die sparsame Handhabung von Chambriere und Gerte gemeinsam, genauso wie der Verzicht helfender Bereiter im Hintergrund der Manege.

Aber nicht nur im Bereich der Tierdressuren sondern auch im artistischen Teil wartet der Circus Aeros mit sehr guten Darbietungen auf.
Da ist zunächst einmal Ronny, der in einer interessanten Jongleur-Darbietung das bekannte Teller drehen mit klassischer Ring- und Keulenjonglage vereint. Schlussendlich lässt er zwölf Teller auf hohen Stäben rotieren. Der Weg dorthin wird mit der Jonglage von Ringen und Keulen aufgelockert. Als Höhepunkt werden Routinen mit Fackeln gezeigt, derweil im Hintergrund die Teller rotieren.
Miss Juliane brilliert mit ihrer Säbelbalance auf dem Piedestal. Sicher und charmant präsentiert die junge Frau ihr Können. Außer Schwert und einer hohen Stange mit einer Kugel obenauf balanciert sie auch ein Schwert mit drei brennenden Fackeln über die Leiter. Edle Requisiten, die Plattform auf der sie arbeitet ist im Dekor genau auf den Artisteneingang abgestimmt, unterstützen die Publikumswirksamkeit ihrer Arbeit.
In angenehmer Weise füllt Clown Pauli seine Rolle aus. Zunächst „reinigt“ er die Manege und eine imaginäre Glasscheibe vor den Logen. In der nächsten Reprise versteht er es eine Flasche auf einem Stab zu „balancieren“. In seinem Entree demonstriert er auf der Posaune sein Können als Musical-Clown und ficht seinen Kampf gegen die Tücke des Objektes.
Originell und charmant wird das rekommandieren der Pausentierschau eingeleitet. Zwei Zebras sowie zwei junge Watussi in Begleitung eines Alpaka und eines Lamas tollen in der Manege umher. Der Sprecher erklärt, dass diese Tiere als „echte Ostprodukte“ im letzten Jahr im Circus Aeros geboren worden seien und man nun in der Tierschau mit ihnen und allen anderen näheren Kontakt aufnehmen kann.

Den zweiten Programmteil eröffnet Miss Genea „auf dem gespannten
Silberdraht“. In romantischem Kostüm und gut abgestimmtem Licht bietet die junge Artistin eine ausgereifte, trickstarke Kür. Sicher und elegant werden die abwechslungsreichen Posen und Schrittfolgen zu Gesicht gebracht. Auch in diesem Fall trägt die stimmungsvolle Live-Musik sehr zum gelungenen Verkauf der Darbietung bei.

Ein weiteres Mal sehen wir Miss Genea mit ihren Brüdern in einem schwungvollen Jockey-Reitact. Die beiden Herren jonglieren mit Keulen, haben Sprünge und allerlei andere Jockey-Tricks im Repertoire, während ihre Schwester mit verschiedenen Voltige-Figuren zu überzeugen versteht. Temporeich werden die Evolutionen in erstklassiger Ausführung dargeboten.
Als einzige Darbietung unter der hohen Zeltkuppel präsentiert Jaqueline ihr Können an Strapatentüchern. Charmant und gekonnt werden die bekannten Tricks des Genres dargeboten.
Abschließend kommen die Freunde sehr guter Freiheitsdressuren nochmals voll auf ihre Kosten. Sechs ausgesuchte, edle Friesenhengste - sie passen in Form und Größe sowie Behang hervorragend zu einander -  zeigen sich ohne Geschirre in ihrer vollen Schönheit. Perfekt und beinahe ohne jedes Zutun von Dresseur Don Ricardo werden die mannigfaltigen Figuren absolviert. Gekrönt wird diese Demonstration hippologischen Könnens von einem Araber als Da Capo-Pferd. Temperamentvoll beherrscht er die Kunst des steigens in Vollendung.
Leider endet dieses gute und unterhaltsame Programm ein wenig abrupt, da auf ein Finale mit allen teilnehmenden Artisten verzichtet wurde. Manegensprecher Benito Brumbach tritt vor den Vorhang, bedankt sich für den herzlichen Applaus und seinen Abschiedsworten, die wahrer nicht sein können, dass man "echten guten Circus nur im Circus sehen kann", ist nichts hinzu zu fügen.
Mit seinen beeindruckenden Dressurleistung, wie man sie heute leider viel zu selten geboten bekommt, und der guten Artistik ist der Circus Aeros eines der Unternehmen in der deutschen Circuslandschaft, dessen Besuch man jedem Liebhaber des klassischen Circus nur wärmstens empfehlen kann.