optimiert



Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS ALBERTI
Rüdesheim, 09. September 2023

Mit ihrem traditionsreichen „Circus Alberti“ ist die Familie Frank seit vielen Jahrzehnten auf der Reise. Vornehmlich im Südwesten, in Hessen und Baden-Württemberg ist der Circus, der heute von Roberto Frank geleitet wird, anzutreffen.
In Rüdesheim am Rhein verhinderten widrige Platzverhältnisse auf dem ursprünglich vorgesehenen Gelände, doch glücklicherweise konnte auf eine Wiese am Freibad ausgewichen werden. Große, mit vielseitigen Circusmotiven gestaltete Auflieger bilden die beeindruckende Front des Unternehmens. Den zentralen Platz nimmt der kombinierte Kassen- und Durchgangswagen ein, dessen dekorativ gestaltete Front mit Klappelementen zusätzlich vergrößert wurde. Leuchtschriften auf den Wagendächern transportieren den Circusnamen weithin.
Ein blaues Zwei-Masten-Chapiteau mit gelben Applikationen ist die Spielstätte. Auf ein Vorzelt wurde angesichts des heißen Sommerwetters verzichtet. An seiner Stelle spendet ein über zwei Masten gespanntes Sonnensegel den Besuchern Schatten. Der Verkaufswagen der Circusrestauration hat seinen Platz seitlich des Arrangements. Die Circusfahrzeuge und Wohnwagen nehmen die beiden Platzseiten ein. Im hinteren Bereich des Geländes wurde der Stall platziert und in sehr großzügig abgesteckten Koppeln haben Pferde und Kamele viel Freiraum während des Tages.
Das Zeltinnere wird von einem imposanten Artisteneingang dominiert. Edler roter Samt und goldene Bordüren geben der Konstruktion Gesicht und ein vorgebautes Rack trägt zahlreiche Moving Heads, mit deren Hilfe ein erstklassiges Lichtdesign umgesetzt wird.
Ein Bankgradin und Klappstühle in den dekorativen weißen Logen stehen für die Besucher bereit.

„Ich stelle mich kurz vor. Ich bin Clowni der Clown. Mein Name ist George. Ihr könnt gerne George Clowni zu mir sagen“. Mit diesem launigen Spruch startet „Clowni“, alias Gordon Frank die Vorstellung. Nach einigen weiteren flotten Sprüchen und einem allgemeinen Applaus-Test präsentiert seine Schwester Samantha ihr Können hoch in der Circuskuppel. Kraftvoll ausgeführte und elegant präsentierte Akrobatik im Netz ist das Metier der erst dreizehnjährigen Tochter des Hauses. Die umfangreiche Trickfolge des sympathischen Teenagers mündet in weite Flüge durch die Kuppel.
Gordon Frank ist in seiner Rolle als Clown Clowni mit mehreren Auftritten in der Vorstellung zu erleben. Er „fängt“ imaginäre Bälle in einer Papiertüte und in einem weiteren Auftritt steht ein dickes Tau im Zentrum des Interesses. Ein kräftiger Zug am Seil bewirkt nichts und erst die Hilfestellung durch Clown Spaghetti – der sechsjährige Bruder John-Harry – und eines kleinen Jungen aus dem Publikum fördert die wild brüllende „Bestie“ am anderen Ende des Tau zu Tage. Schließlich wird flott eine Mitspielerin requiriert und der Clown versucht sich als Kunstschütze. Alle Szenen zeichnen sich durch einen flotten Ablauf und engagiertes Spiel aus und kommen auf den Rängen sehr gut an. Darüber hinaus präsentiert der junge Mann geschickt sein Können auf der Rola Rola. Er springt Seil, jongliert mit Bällen und balanciert das Rollbrett auf einem Basketball. Schließlich errichtet er mit Bänkchen einen Turm auf der Rola und steigt auf diesem labilen Untergrund durch zwei Reifen.
John-Harry Frank, jüngster Spross des Hauses zeigt sich in einem kurzen Auftritt als begabter Jongleur. Hoch konzentriert beherrscht er seine Requisiten – Keulen und Bälle – und sorgt durchaus für Erstaunen auf den Rängen.

Der Seniorchef des Hauses, Harry Frank, und seine Schwiegertochter Nadja sind vor der Pause in einem stimmig in Szene gesetzten Auftritt im Piraten-Look zu erleben. Nach einem kurzen Gefecht mit Degen nimmt die charmante Juniorchefin ihren Platz am Messerbrett ein und Harry Frank zeigt sich als Meister seines Fachs. Mit großer Präzision platziert er in immer wieder neuen Mustern seine großen Wurfmesser sehr dicht und zielgenau rings um den Körper seiner Assistentin. Auch mit Äxten und Morgensternen versteht er es das anvisierte Ziel perfekt zu treffen. Schließlich rahmen hell lodernde Fackeln seine Manegenpartnerin ein.
Das aus Lettland stammende Duo Silinevich ist mit zwei Darbietungen im Programm zu erleben. Zunächst sehen wir ihre hervorragend choreographierte und sehr stylisch präsentierte Kunstschützen-Nummer. Ihre moderne Interpretation nordischer Jäger mit Pfeil und Bogen fasziniert die Zuschauer in jedem Augenblick. Luftballons, die von der Partnerin im Mund und den Händen gehalten werden, werden genauso sicher getroffen wie ein langsam frei hernieder sinkender Ballon. Letztlich löscht ein sehr platzierter Schuss eine brennende Kerze aus.
Im zweiten Programmteil performt das Duo am Trapez. Die harmonische Abfolge vielseitiger Partnertricks, die die Zuschauer in ihren Bann zieht, wird in einer eleganten Abfolge dargeboten. Die sehr gut gewählte Begleitmusik verleiht dem beschwingten Ablauf einen leichten tänzerischen Touch.

Direktor Roberto Frank präsentiert die Tier-Darbietungen des Programms. Drei Shetland-Ponys sind als erste Vierbeiner in der Manege zugegen. Munter ziehen sie ihre Bahnen und mit Barrieresprüngen und einem gekonnten Vorwärtssteiger findet der Auftritt seine Höhepunkte.
Zwei verspielte Hunde sind eifrig dabei ihre Sprungkraft zu zeigen. In vielfältiger Weise agieren sie mit ihrem Tierlehrer. Schließlich werden bis zu fünf hintereinander stehende Klappstühle, bzw. zwei Türme aus je zwei Klappstühlen mit mächtigen Spüngen überwunden.
Drei prächtige Friesenhengste laufen vielfältige Figuren unter der souveränen Peitschenführung von Roberto Frank. Pirouetten und Gegenläufe, abliegen und beim aufrichten im Hundesitz verharren sind einige der gezeigten Elemente, die allesamt erstklassig ausgeführt werden.
In einer nur selten zu sehenden Kombination bieten Kamel „Bamba“ und Pony „Max“ ein flottes Groß-und-Klein. In dieser Konstellation ist der Größenunterschied der beiden vierbeinigen Akteure größer als gewohnt und so ist die optische Wirkung einiger Figuren noch einmal höher.
Als Final-Darbietung präsentiert Roberto Frank vier prächtige Steppenkamele. Die großen Trampeltiere beherrschen eine Vielzahl unterschiedlicher Lauffiguren, die vom souverän agierenden Tierlehrer mit sparsamen Gesten abgerufen werden. Als Da Capo zeigt ein Lama sein Sprungvermögen über den abliegenden Kamelen.
Svetlana Silinevich leitet das fröhlich inszenierte Finale mit stimmungsvollem Live-Gesang ein. Nadja Frank, sie betreut die Licht- und Tonregie während der Vorstellung und ist darüber hinaus eine eloquente, sehr charmante und angenehme Sprechstallmeisterin, stellt die Mitwirkenden noch einmal vor. Mit einer kurzen gemeinsamen Choreographie des Ensembles klingt die unterhaltsame, kurzweilige Vorstellung aus.
Die Familie Frank beweist einmal mehr, das keiner „Weltsensationen“ bedarf um gute Circusunterhaltung zu bieten. Engagement und Können, ein stimmiges Ambiente und Freude am Beruf sind die Zutaten mit denen dieser sympathische Familiencircus seinem Publikum zwei unterhaltsame Stunden bereitet.