Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS Belly
Hannover, 06. Februar 2010

www.circus-belly.de
Zu seinem schon traditionell zu nennenden Wintergastspiel war „Der große Circus Belly“ - so auf den Fahrzeuge zu lesen - von Klaus Köhler nach dem Celler Weihnachtscircus nach Hannover gereist.  Auf dem verschneiten und vereisten Gelände steht der große rechteckige weiße Viermaster mit dem passenden Vorzelt an zentraler Stelle. Vordach, nostalgischer Frontzaun und Kassenwagen komplettieren die Ansicht. Zahlreiche Fahrzeuge und der langgestreckte Stall füllen den  Platz.

Bemerkenswert die intensive und auffallende Plakatierung in der Stadt. Enorm viele große, in ihrer Gestaltung und Motivauswahl vom üblichen abweichende Plakate werben für den Circusbesuch, fallen mit ihrer ausgefallenen Farbgebung sofort im Straßenbild ins Auge. Diese exzellente Plakatierung wird, wie fast alle anfallenden Arbeiten - es werden nur vier Arbeiter beschäftigt - von den Familienmitgliedern gemacht.
Der positive äußere Eindruck des Circus von setzt sich im Innern fort. Das Vorzelt ist gemütlich eingerichtet, der Boden mit rotem Teppich bedeckt. Das Gradin ist in U-Form aufgestellt. Im vorderen Bereich wurde eine zweite Reihe an Logenkästen eingefügt. Eine kleine Bühne ist in den Artisteneingang aus rotem Stoff integriert und mit LED-Leuchtschnüren dekoriert. Eine angemessene Licht- und ebensolche Tonlage unterstützen die Programmpräsentation.

Damit sind wir auch schon beim essentiellen eines Circusbesuches - dem Programm. Auch hier zeigt sich der Circus Belly von der allerbesten Seite und wird seinem Slogan „Der große Circus“ gerecht. Alle Hausnummern sind gestaltet und werden perfekt präsentiert. Geschmackvolle aufwändige Kostüme und Livreen sind allgegenwärtig zu bemerken.
Das aktuelle Programm wird von 'Zippogalli' als komischer Dirigent eröffnet.  Orlando Köhler, der jüngste Sohn Klaus Köhlers, ist in dieser Spielzeit in zahlreichen Reprisen und zwei Entrees in der Manege präsent. So balanciert er u. a. eine Flasche, verteilt Popcorn und führt seinen „Löwen“ vor. Besonderen Anklang findet seine Elvis-Parodie im goldenen glänzenden Anzug und Live-Gesang. Seine Spaghettinummer hingegen leidet ein wenig unter dem sehr verhaltenen Spiel seiner Partnerin.

Tierdressur ist Chefsache im Circus Belly. So präsentiert der Direktor in Verlauf der Vorstellung alle seine Schützlinge. Zunächst lässt er acht Kamele ihre vielfältigen und variantenreichen Lauffiguren präsentieren. Souverän und fehlerfrei werden auch anspruchsvolle Passagen bewältigt.
Höchst selten nur sieht man heute männliche Schulreiter. Im spanischen Stil auf einem Andalusier produziert sich der Direktor in schwungvoller Manier. Nahtlos schließt sich die Vorführung von acht Welshponys in zwei Farben an. Ihre attraktive Arbeit wird von einer effektvollen Doppelpyramide Kruppensteigern gekrönt.
Nach der Pause sehen wir Klaus Köhler im Zentralkäfig zusammen mit je drei Löwinnen und Tiger.  Pyramide, Teppich, Balkenlauf, verschiedene Sprünge und Hochsitzer werden flüssig gearbeitet. Ein imposanter Vorwärtssteiger beendet die harmonische Darbietung.
Eine einmalige Rarität ist mittlerweile die Vorführung eines Schimpansen in einer Circusmanege. Im Circus Belly kann man solches noch erleben. Der sechsunddreißigjährige große Schimpansenmann Robbie zeigt sein Können im Wechselspiel mit zwei Hunden. Unter Anleitung des Chefs erweist er sich u. a. als geschickter Ballspieler und fährt Roller. Zusätzlich zu den üblichen Tricks beherrscht ein Hund den Seillauf.

Eine der drei Luftnummern des Programms sieht Karina als Akteurin. Sie produziert sich in einer romantisch verpackten Kür am Ringtrapez. Später glänzt Gordon Köhler mit seiner kraftvollen Arbeit an Tüchern. Ein phantasievolles Kostüm unterstreicht die Eleganz seiner Darbietung, die in weiten Flügen durch die Kuppel gipfelt.
In Hannover ist nochmals Vera Hummel mit von der Partie. Da der Circus in jeder Saison etwa zur gleichen Zeit die selben Städte bespielt, wird das Programm jährlich variiert. Die jugendlich wirkende Artistin präsentiert ihre beiden bekannten Nummern am Solotrapez und auf dem Rhoenrad. Wie stets wirken ihre flüssig vorgetragenen und durchdacht aufgebauten Nummern stark sportlich orientiert, entbehren ein wenig den circustypischen showmässigen Glanz.

Das große Entree der Clowns sieht drei der vier Junioren als Akteure. Als 'Zippogalli', 'Avantes' und 'Angelino' bringen sie das Bienchen-Entree. Namen und Erscheinungsbild der Handelnden sind ihren Vorbildern deutlich zuzuordnen, doch ist dieses Entree keine schlichte Kopie  eines bestimmten Vorbildes. Mit komödiantischem Geschick verstehen es die drei Brüder ihrem Spiel eine eigenständige Note zu verleihen.
Die Rola-Darbietung wird von Rudi Althoff, seine Partnerin ist eine Tochter von Klaus Köhler, nun in neuer Verpackung präsentiert. Als 'Poppeye' agiert er nun im Matrosenlook schwungvoll und gekonnt auf den Rollen. Diese wurden passend als 'Spinatdosen' dekoriert.

Wie stets zeichnet sich die Hula-Hoop Show von Marina Trechina durch perfekten Verkauf und große Eleganz aus. Perfekt werden die Reifen in Rotation gehalten, beeindruckt die Arbeit mit den Feuerringen. Nur ganz wenige Darbietungen des Genres vereinen so wie diese großes Können, erstklassige Ausführung und Ausstrahlung der Artistin.
Seit vielen Jahren ist Svetlana Trechina mit ihren Antipodenspielen eine Attraktion. Mit beeindruckender Präzision werden Tonne, Rad und Rollen jongliert. Erstklassig choreographiert, besticht diese Darbietung immer wieder aufs Neue.

Sehr aufwändig, man kann getrost von einem kleinen Manegenschauspiel sprechen, ist der Auftritt von Aron Köhler auf dem Drahtseil gestaltet. Insgesamt acht Personen sind involviert, wenn er als 'Captain Jack Sparrow' frei nach dem Film 'Fluch der Karibik' auf dem Silberdraht agiert. Mit großen schwarzen Segeln die das Piratenzeichen tragen englischer Flagge und Kanone sind Requisit und Bühne ausstaffiert. Zwei „englische Soldaten“ überwältigen das Piratenballett, bekämpfen den 'Capitain', sind so Staffage und Assistenten der gut choreographierten Show. Überhaupt besticht das Programm des Circus Belly nicht nur durch gute Leistungen. Die erstklassige, hervorragende Präsentation kann nicht genug hervorgehoben werden.

Als Finalnummer wurde die spektakuläre Feuer- und Fakirshow des ältesten Sohnes 'Thoul Wan Do' platziert. Außer der gut präsentierten Arbeit mit Fackeln werden auch außergewöhnliche Tricks gearbeitet. Auf Handstäben lässt der Artist ein Feuerrad kreisen. Dann wechselt er zur XXL Ausgabe desselben und dreht das gewaltige Rad auf einer hohen Stange, die als Höhepunkt der Evolutionen auf dem Kinn ausbalanciert wird.
Im zweiten Teil seiner Show werden von seinen beiden Assistentinnen mehrere Würgeschlangen entlang der Piste getragen. Logenbesucher und auch die vielen herbei geeilten Kinder nutzen die Gelegenheit zum berühren der Reptilien. Auch 'Thoul Wan Do' präsentiert einige große schöne Schlangen, von denen er eine animiert sich hoch aufzurichten und auf seinen tief gebeugten Oberkörper zu kriechen.
Dann folgen zwei große Alligatoren, die den Zuschauern mitunter schon recht nahe kommen, in der Manege. Ein großartiger Schlusspunkt in einem rundum gelungenen Programm.

Direktor Klaus Köhler, seine Familie und die engagierten Artisten verabschieden sich in einem stimmigen, kurzen Finale nach gut zweieinhalb Stunden vom begeisterten Publikum. Es ist großer stimmiger echten guter traditioneller Circus, den der Circus Belly bietet. Circus so, wie er immer sein sollte.
Circus, für den sich auch eine weite Anreise, man reist nur in Norddeutschland, stets lohnt. 

optimiert