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Text und Fotos Friedrich Klawiter
Hochseilshow Bügler-Tonelli
Tours, 26. September 2008

www.buegler-tonelli-show.de
Hoch überragt der Artistenmast der Bügler-Tonelli-Show das Ausstellungsgelände von Tours. Die Veranstalter des dortigen Circusfestivals haben die Hochseilartisten als “Rahmenprogramm” verpflichtet. So ist es denn ihre quer vor der Halle installierte Mast- und Seilkonstruktion die, sowie die ebenfalls dort zu findenden Elefanten, überhaupt für Circusatmosphäre im Außenbereich des Geländes sorgt. Jeweils eine Stunde vor Beginn der Vorstellungen zeigen die fünf Truppenmitglieder ihre etwas mehr als halbstündige Show. Alfons Bügler-Tonelli und seine Kinder Sandy und Rambo stammen aus einer traditionsreichen Artistenfamilie und sind in sechster Generation Seilläufer. Der Namenszusatz “Tonelli” geht auf den Vater von Alfons zurück, der Anfang der 50er-Jahre in einem Circusfilm gleichen Namens mitwirkte und, als er sich von der Familie trennte und eine eigene Truppe gründete, diesen als Künstlernamen beibehielt um sich von den anderen Büglerfamilien zu unterscheiden.

Die Büglers reisen nur zu festen Engagements, da anderweitig keinerlei Einkünfte mehr zu realisieren seien. In den beiden vergangenen Jahren war man überwiegend in italienischen Freizeitparks aktiv. Gereist wird weltweit, so war man vor einiger Zeit in Singapur und Dubai und der damals sechzehnjährige Sohn Rambo hat alleine ein Engagement in Saudi Arabien absolviert. Wie man berichtet, beherrschen alle die gesamte Palette der Tricks auf dem Seil und am Mast und so ist es möglich, auch mit zwei Truppen zu reisen. Der ältere der beiden Söhne, der fünfundzwanzigjährige Franz ist in Tours nicht dabei, da er derzeit eine Ausbildung in einem Handwerksberuf absolviert.
     
Im Rahmen der von uns gesehenen Show betritt zuerst Alfons Bügler-Tonelli das bis in ca 18m Höhe führende Schrägseil. In diesem Lauf zeigt er die klassischen Tricks der Hochseilartisten, Stand auf einem Bein, Stand auf der Balancierstange, Niederknien, liegen auf dem Seil und die Wende mit hocherhobener Balancierstange. Erschwert wird die Arbeit der Truppe an diesem Tag von einem recht starken unangenehmen, aber konstanten Seitenwind. Der zweite Gang über das Seil, dieses Mal bis hinauf an den Mast erfolgt mit verbundenen Augen und absolut blind. Über eine schwarze, dichtsitzende Brille zieht Alfons Bügler eine ebenfalls undurchsichtige Kapuze. Mit langsamen sicheren Schritten legt er den ca. 80m langen Weg über das Seil zurück. Wie er erzählt, hat er bereits einige Wetten gewonnen, auch gegen Kollegen, da er den Beweis absoluten ‘Nichtssehens‘ erbrachte.

Inzwischen hat die fünfzehnjährige Sandy den Mast erklommen und beginnt mit ihrer Arbeit in sechsundfünfzig Meter Höhe. Die Büglers betonen ausdrücklich, dass sie vollkommen ungesichert, ohne Longe, in dieser Höhe agiert. Sie versetzt die Peitsche in Bewegung, kniet und liegt frei auf der Gabel, richtet sich zum Stand auf. Auf dem nun wieder ruhig stehenden Gerät steht sie einbeinig im Spagat. Diverse Absteher am Mast komplettieren die Übung. Zum Abschluss zeigt sie am bis in ca. 30m Höhe führenden ‘Motorradseil’ eine von der Truppe so bezeichnete Schleifenfahrt. An einer auf dem Seil laufenden Rolle befindet sich eine Strapatenschlaufe. Nur mit einem Fuß in dieser hängend, ihr Bruder Rambo beherrscht den Trick im Genickhang, rauscht sie mit rasanten Tempo in die Tiefe. Im letzten Drittel des Weges wird sie dann von ihrem Vater sacht gebremst. Mechanische Bremsen hätten gegenüber der traditionellen Methode - mitlaufen mit einem auf dem Laufseil beweglich befestigten ‘Bremsseil’ und dabei allmählich stoppen - entscheidende Nachteile.

Die Bügler-Tonelli-Show beherrscht auch die Arbeit auf dem waagrechten Hochseil, unter anderem mit verschiedenen Pyramiden, war damit aber nicht in Tours gebucht. Weiter geht die Vorführung mit den Motorradfahrten auf dem Seil. Rambo Bügler sitzt auf der Maschine und zunächst seine Partnerin Ramona, danach Franziska Traber im Trapez. Zwei kurze Fahrten mit Flagge in den Händen, dann nimmt Sandy Bügler den Platz unter dem Motorrad ein. Sie zeigt schöne Tricks am Trapez, hängt in Handstrapaten und im Spagat. Abschließend befährt Rambo mit seinem Vater als Untermann das Seil mit hochgenommener Maschine. Eine gelungene Show findet im Kompliment der Truppe ihren Abschluss und entlässt die gebannt wartende Menge in die Halle, in der in Kürze das Spektakel seine Fortsetzung, wenn auch wesentlich weniger spektakulär, findet.