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Text und Fotos Friedrich Klawiter
ZIRKUS CHARLES KNIE
Hagen, 13. Juli2024

www.zirkus-charles-knie.de
Der Zirkus Charles Knie bleibt auch in dieser Spielzeit seinem innovativen Konzept einer Wasserspektakel-Produktion treu. In diesem Jahr präsentiert „Europas Top Circus“ eine neue Show, die mittels Ballett und (Playback)-Gesang sowie üppiger Ausstattung verstärkt revueartigen Charakter atmet und damit „Circus“ weniger präsent positioniert.
Auf dem traditionellen Circusplatz der Stadt Hagen präsentierte sich das Unternehmen in Bestform. Die dekorative, luftig leichte, in einem matten Goldton gehaltene Fassade nimmt mitsamt Kassenwagen und Büroauflieger die Frontseite des Geländes ein. Ihre integrierte Beleuchtung fügt sich perfekt in die opulente nächtliche Illumination des Circus ein und die in regelmäßigen Abständen angebrachten dreidimensionalen Logos, in Art eines Schaukastens, bilden interessante Blickfänge.
Die bestens bekannten modernen Zeltanlagen dominieren den Platz, der von den zahlreichen Schiebeplanen-Auflieger, deren Plane das Zeltdesign widerspiegelt, eingerahmt wird. Die lange Reihe der schweren Zugmaschinen bildet einen besonderen Blickfang.
Neu angeschafft wurde ein höchst komfortabler Toilettenwagen, dessen zwanzig Kabinen direkt von außen zu erreichen sind. Die Handwaschbecken sind zentral im Heck des Wagens angeordnet.
Vorzelt und Chapiteau bieten im Innern den vertrauten Anblick mit unveränderter Einrichtung.

Das in den beiden vergangenen Jahren höchst erfolgreich etablierte Konzept des „Wasserspektakel“ wird mit der aktuellen Produktion fortgesetzt und auch einige artistische Acts aus der vorhergehenden Show wurden prolongiert.
Mit einem auf acht Personen erweiterten Ballett, dessen zahlreiche Auftritte der Show Struktur geben und dessen aufwändige Kostüme sämtlich neu angeschafft wurden, einem ausgeklügelten Lichtdesign und vermehrtem Einsatz der Wassereffekte hat Regisseur Marek Jama die aktuelle Show opulent in Szene gesetzt.
Nach der launigen Begrüßung durch eine Stimme aus dem Off plätschern die ersten Fontänen aus dem Bühnenboden empor und das „Ballett on the Beach“ performt in phantastischen Kostümen rings um ein gläsernes Bassin, auf dessen Rand eine schillernde Nixe – Veronica Faltyny – ruht. Sie zeigt ihre attraktive Trickfolge am Luftring im steten Wechsel mit Aktionen im Bassin. Nun bevölkern „Korallenfische“, „Quallen“ und „Kraken“ Treppen und Gänge derweil „Seepferdchen“ auf Rollern über die Bühne gleiten.
Bounce-Jongleur Sergoi Paolo präsentiert die ersten Muster auf einem gläsernen Piedestal. Die weiteren Routinen erfolgen zu ebener Erde und wobei auch der Zwischenraum der beiden Tischplatten genutzt wird und schließlich die Bälle von dort den Weg in einen kleinen Basketballkorb finden. Als Highlight springt der aus Chile stammende coole junge Mann mit der machohaften Attitüde einen Salto während sein Muster mit fünf Bällen weiterläuft.
Die beiden Darbietungen mit tierischer Beteiligung sehen weiterhin Laura Urunova in Aktion. Zunächst erstaunen ein Kakadu, fünf Aras und ein halbes Dutzend Sonnensittiche die Besucher. Sie überbringen eine Rose und landen auf dem Kopf eines Zuschauerkindes. Lange und weite Flüge über dem Auditorium sind der faszinierende Abschluss dieses Acts. Pudel verschiedener Größe und ein Border-Collie zeigen sich im zweiten Teil der Show voller Spielfreude und folgen eifrig den Anweisungen ihrer Vorführerin.
Viele Jahre prägte Cesar Dias mit seiner Komik die Programme des Zirkus Charles Knie, nun hat der gleichfalls aus Portugal stammende Michael Cadima seine Nachfolge angetreten. In einem quitschbunten Anzug, mit Fliege und Shorts, erobert er mit einem imaginären Hund, dieser trägt eine Halskrause, die Bühne. Bald entledigt er sich des „Tieres“ und nimmt sodann an einem imaginären Schlagzeug Platz. Zu den vom Band eingespielten Beats mimt er den coolen Drummer. In einem zweiten Auftritt geht es, mit einem Mitspieler aus dem Publikum sportlich zu. Man wetteifert in den Disziplinen imaginäres Seil springen und imaginärer Baskettball. Schließlich sehen wir den Komiker als Sänger, der allen Widrigkeiten trotzt und seinen Auftritt durchzieht. „I'm still standing“ ist der Song zu dem er performt und dabei den Tücken des Mikrofons, mehrfach seiner herab rutschenden Hose und endlich einer widersetzlichen Stufenleiter ausgesetzt ist.

Die einmalige Perche Sensation des Duo Stauberti, der akrobatische Höhepunkt der Show, ist Mitte des ersten Teils zu erleben. Spannungsgeladene Stille ergreift das weite Rund bei ihrem Schlusstrick, zu dem Dimitri Stauberti, auf einem Stangen-Einrad fahrend, seine Nichte Nancy, die im Handstand auf der Spitze einer hohen Stirnperche steht, ausbalanciert.
Die Kontorsion-Darbietung von Lorenzo Bernardi wird mit einer umfangreichen Ballett-Szene zu Beginn und verschiedenen Mustern an Fontänen effektvoll in Szene gesetzt. Nachdem er sich in einen gläsernen Kubus gezwängt hatte, bringt er Körper und Extremitäten in zahlreiche extreme Positionen. Der Stand auf einem Mundstab in Verbindung mit einem Schuß mittels Pfeil und Bogen auf einen Luftballon markiert den Höhepunkt seiner Evolutionen.
Sahen wir vor Jahresfrist die sehr trickstarke Strapaten-Darbietung des Duo A&J mit zahlreichen ungesicherten Zahnhangtricks, so erleben wir an ihrer Stelle nun Kevin Gruss mit seiner Partnerin Julia Friedrich in einem eher romantisch inspirierten Act an roten Strapatentüchern. Auch diese Darbietung erhält durch die hoch aufsteigenden Fontänen zusätzlichen Schauwert und erhöhte Publikumswirksamkeit.
Mit den anschließenden „Tanzenden Fontänen“ wird die volle Leistungsfähigkeit der technischen Anlage eindrucksvolle demonstriert und in Verbindung mit vielfältigen Lichteffekten und dem geeigneten Sound vielerlei großartige Bilder vor der Pause geschaffen.

Die acht Mitglieder der Truppe Argendance eröffnen den zweiten Teil der Show mit Bola-Spielen. In einer ausführlichen Choreographie präsentieren sie mit temperamentvollem trommeln und gekonntem umherwirbeln der Bolas zu Tangoklängen ihre südamerikanische Folklore.
Handstand-Equilibrist Devin de Bianchi, im Habitus von Meeresgott Neptun, zelebriert auf einer Stele die einer antiken Säule nachempfunden ist, inmitten der sprudelnden und tosenden Fontänen, seine Handstände. Zahlreiche verschiedene Figuren und Waagen erfolgen kraftvoll und zum eindrucksvollen Schlusstrick fährt aus dem Podest eine hohe Stange mit dem Artisten an der Spitze aus.
In üppigen und phantasievollen Rokoko-Kostümen leitet das Ballett zur romantisch inspirierte Rollschuh-Darbietung der Skating Ernesto über. Gekonnt und rasant erfolgen die vielseitigen Tricks und mit dem Einsatz der Wassertechnik erhält auch dieser bestens bekannte und mitreißende Act einen ganz besonderen zusätzlichen Drive.
Das finale Highlight der abwechslungsreichen Spielfolge bietet die Truppe Robles auf dem Hochseil. Die vier Herren und drei Damen zeigen ein umfassendes Repertoire hochkarätiger Tricks in der Circus-Kuppel. Doppeltes Zwei-Mann-Hoch, Bocksprung, Seil springen, Sprung über einen und zwei sitzende Partner und 3er Pyramide auf Fahrrädern werden u.a. höchst souverän ausgeführt. Mit einer formidablen Siebener-Pyramide erreicht der Auftritt seinen umjubelten Höhepunkt.
Im großen Finale wird, ganz nach dem Motto „wer kann der kann“, noch einmal alles aufgeboten, was diese Show ausmacht. Die Bühne fährt zu einer dreistufigen Pyramide aus und aus einer riesigen, sich langsam öffnenden Muschel erscheint die Sängerin. Von Wasserkaskaden umgeben tanzt das Ballett auf der unteren Etage. Die Kostüme und das Innere der Muschel sind mit unzähligen kleinen Spiegeln bedeckt und die Tänzer haben kleine Spiegelkugeln dabei, so dass sich das Licht zu abertausenden funkelnden Strahlen bricht. Die Artisten nehmen ihre Positionen im Gang hinter den Logen ein, die Tänzerinnen haben inzwischen reichen Federschmuck angelegt und die Atmosphäre wird von einem Hauch „Lido de Paris“ geprägt. Das begeisterte Publikum feiert die Show und ihre Akteure mit lang anhaltendem Beifall und Standing Ovations. Die Reaktionen auf den sehr gut besuchten Rängen belegen eindeutig, dass dieses moderne Showkonzept den Nerv der Zeit trifft und beim Publikum bestens ankommt.