Text und Fotos: Friedrich Klawiter
CIRQUE Christiane BOUGLIONE
Paris, 12. Dezember 2010

www.lecirquedenoel-paris.com
Eines der Unternehmen, die alljährlich Weihnachtsgalas in Paris veranstalten, ist der Cirque Christiane Bouglione. Im Bois de Bologne, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Alexis Gruss ist dieser Circus zu finden. Normale Tourneen während des Jahres unternimmt Christiane Bouglione nicht. Man arbeitet als Projektcircus.
In diesem Jahr wurde ein neues Chapiteau in Betrieb genommen. Farblich gleich wie der Vorgänger wurde es in den Abmessungen geringfügig vergrößert. Ein kleines Vorzelt, ein weiteres für Galadiners und wenige Fahrzeuge gehören zum Equipement des Unternehmens. Zwei Spannbänder am Eingang tragen die schlichte Firmierung „Cirque de Noel“. Geschmackvolle Logen und ein passender Artisteneingang in Verbindung mit tollem Licht einer großzügig dimensionierten Anlage führen zu einer romantischen gemütlichen Atmosphäre. Acht Reihen eines steilen einfach Holzgradin füllen den weiteren Raum. Auch  in der besuchten Gala am Sonntagvormittag füllt sich das Gestühl bis fast auf den letzten Platz. Nachdem obligatorischen anpreisen der Leuchtstäbe, hier werden sie gebraucht um 'Papa Noel' gebührend begrüßen zu können, startet das bunte Spiel.

Monsieur le Directeur begrüßt alle, die Geburtstagskinder des Tages werden in der Manege gefeiert und Monsieur Loyal vorgestellt. Erneute Begrüßung, dann geht es mit der Cavallerie los. Sandrine Beautour, seit vielen Jahren bekannt – u. a. von Malter und Arlette Gruss – mit ihren Pferdedressuren, hat mit neuen Pferden eine Freiheitsdressur einstudiert. Sechs sogenannte Doppelponys in zwei Farben kommen auch auf dem Kokosteppich der Manege gut zurecht. Flüssig und fehlerfrei werden die Figuren gelaufen. Einzig bei den Volten zu dritt erweist sich die kleine Manege als ein wenig eng. Einige Da Capo Steiger lässt die stets elegant im Abendkleid agierenden Dresseurin abschließend ausführen.
Auf der Rola präsentiert sich Vicco. Der junge Mann verkauft seine Arbeit „auf komisch“. Grundidee ist, dass er eine Glühbirne irgendwo oben in der Kuppel einschrauben möchte und deshalb auf einem Tisch immer höhere Stapel unter seinem Rola-Brett errichtet. Leider wird gegen Ende der Darbietung diese Idee nicht mehr so recht dargestellt, bzw. geht immer mehr verloren. Zwischen seinen verschiedenen Übungen auf der Rola zeigt er zu ebener Erde eine Stabjonglage.


Zahlreiche Reprise darf Clown David Massott zum Programm beitragen. Er wärmt zu Beginn das während der gesamten Show sehr verhalten reagierende Publikum auf und ist praktisch nach jeder Nummer präsent. Seine Reprisen sind durchweg hundertfach zuvor gesehene Szenen, die teils mit einigen Längen nachgespielt werden. Ein wenig Originalität vermittelt seine 'Klatschszene' zu der er Takt und Einsätze der Zuschauergruppen auf einer 'Lautsprecherbox' vorgibt. Den nachhaltigsten Eindruck vermittelt er mit einem Saxophon-Solo als Epilog nach dem Finale.
Die Ziegendressur des Duo Igen, fälschlicherweise so angekündigt obwohl die Tochter das Trio komplett macht, sorgt für Begeisterung bei den Großstadtkindern. Die Nummer besticht ob der Präzision mit der sie abläuft. Die Ziegen arbeiten willig und weitestgehend ohne direkte Einwirkung der Vorführer. Sehr gut kommt die „exotische“ Aufmachung im bayrischen Look – konsequent bis hin zur musikalischen Begleitung – bei den französischen Zuschauern an. Lediglich der Tochter scheint der Auftritt im Trachtenlook ein wenig peinlich.


Der Star des Programms ist zweifellos Jemile Martinez. Der junge Jongleur zeigt sein Können mit Fußbällen. Bis zu fünf werden virtuos in der Luft gehalten. Es ist eine umfangreiche Arbeit die in der besuchten Vorstellung ohne erkennbare Fehler vorgetragen wurde.
Im zweiten Teil sieht man zunächst Sarah Schwarz auf dem Drahtseil. Die junge Frau aus Hannover war diese Saison im Giffords Circus in England engagiert. U. a. arbeitete sie als Lehrerin für Seiltanz an der Academie Fratellini in Paris. Ihre Kür ist bis in die letzte Bewegung durchgestylt und durchdacht. Die Abfolge der Tricks verlangt große Kraft und enthält viele akrobatische Elemente. Es sind Tricks, die man viel eher in der Darbietung eines männlichen Seiltänzers erwarten würde.
Josephine und Daniel Igen entfachen mit ihrer Hundemeute nochmals großen Wirbel. Quirlig wuseln die Vierbeiner umher, eifrig die Kommandos ihrer Vorführer befolgend. Auch diese Dressurfolge zeichnet sich durch liebevolle Ausgestaltung und präzise Ausführung aus.
Auch Sandrine Beautour ist ein weiteres Mal präsent. Zu irischen Steppdance-Melodien reitet sie eine Hohe Schule derweil ihre Tochter Jennifer die Schrittfolgen parallel neben dem Pferd als Ballerina begleitet. Ausdrucksstark und harmonisch stellt sich dieser Auftritt dar.
Traditionell wird in diesem Circus das Programm mit einer Luftnummer abgeschlossen. In diesem Jahr sind es Elena & Elena an Strapatentüchern, die unter der Kuppel agieren. Im vergangenen Winter waren sie im Cirque d' Hiver engagiert. Sehr modern gestaltet glänzt diese Darbietung im wesentlichen mit kleinen Spielereien und flüssigen Übergängen denn mit Trickstärke. Auch die sehr geringe Höhe über dem Boden ist  nicht von Vorteil. In einem klassischen Circus, wie er bei Christian Bouglione gepflegt wird können solche, der Szene des „Theatercircus“ entstammende Darbietungen nicht wirklich punkten.

Das Finale folgt hier einem seit Jahren bewährten Ablauf. Dutzende Luftballons erfreuen die kleinen Besucher, Einzelvorstellung und ein letzter Auftritt von Papa Noel – dann ist die Show vorbei. Christiane Bouglione gehört einerseits zu den kleinsten Unternehmen die in Paris Weihnachtsgalas veranstalten. Andererseits ist es der Circus, der es mit am besten versteht Atmosphäre zu zaubern. Hier wird sicherlich nicht das stärkste Programm geboten, sondern hier erlebt man die schönste romantisch-weihnachtliche Stimmung ohne das es aufgesetzt und kitschig wirkt. 
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