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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS CORTY ALTHOFF
Schwäbisch Hall, 05. April 2014

www.circus-corty-althoff.de
Der Circus Corty Althoff ist wieder zurück, wenn auch nicht ganz so gigantisch wie bei seinem ersten Start 1978, als man als großes glanzvolles Unternehmen mit u. a. zwanzig Elefanten und zwei Raubtiergruppen auf die Reise ging. Nun wagt Elmar Kretz, erfolgreicher Impresario des Ravensburger Weihnachtscircus, einen neuen Tourneebetrieb, dem ein traditionsreicher Namen zu einem erfolgreichen Start verhelfen soll.
In Schwäbisch Hall ist der Circusplatz idyllisch, direkt am Flüsschen Kocher zu Füßen des Klosters Großcomburg gelegen. Herzstück der Front des neuen Circus ist der Original-Kassenwagen von Corty Althoff. Dieser wurde in den eigenen Werkstätten neu aufgebaut und in den neuen Hausfarben, hellbeige mit braunen Absetzungen, gestrichen. Mit Spannbändern, die Circusmotive zeigen, versehene hohe Zaunelemente ist die Vorderseite des Geländes abgeschlossen. Das weiße Vorzelt wurde in diesen Zaun integriert und die zur Straße zeigende Seitenwand ist mit großen „Fensterflächen“ aufgelockert. Ansonsten wird auf jedweden schmückenden Zierrat im Außenbereich verzichtet.
Dank intensiver und auffälliger Plakatierung ist der Circusnamen in der Stadt allerorten präsent, allerdings ist er an keiner einzigen Stelle am Unternehmen selbst zu sehen.
Nicht nur der Name des neuen Unternehmens erinnert an einen traditionsreichen Circus, auch das Chapiteau weckt nostalgische Erinnerungen. Einst prägte die typische Silhouette des Viermasters das Erscheinungsbild des Circus Barum. Einige Materialtransporter und Zugmaschinen sind rings um das Zelt abgestellt.
Im hinteren Bereich des Geländes nimmt die Raubtieranlage von Carmen Zander breiten Raum ein. Pferdeställe und Freigehege sowie die Wohnwagen der Artisten und Mitarbeiter füllen den weiteren Platz.
Im Chapiteau steht ein modernes zwölfreihiges Schalensitzgradin für die Besucher bereit. Hinter den an der Piste befestigten, recht hohen Logenbrüstungen, diese sind mit rotem Stoff bespannt, wurden drei Reihen Plastikstühle zu ebener Erde angeordnet. Der hohe und breite Artisteneingang ist aus schlichtem rotem Stoff gefertigt.
Mit konventionellen Scheinwerfern wird die Manege ausgeleuchtet, derweil die musikalische Begleitung der Show aus der Konserve erfolgt.

Zu Beginn der Vorstellung begrüßt Elmar Kretz, im eleganten schwarzen Frack und offenem Hemdkragen, wortgewandt das zahlreich erschienene Publikum. Seine weitere Moderation beschränkt sich auf die Darbietungen von Carmen Zander und der Diorios sowie auf das Finale.
Zwei Mal sehen wir den Chef des Hauses mit Freiheitspferden, diese kommen vom dänischen Circus Arena, in der Manege. Gleich zu Programmbeginn lässt er zusammen mit seiner Tochter Milena zwölf Shetland Ponys ihr Repertoire vortragen. Routiniert laufen die Minipferde ihre Figuren und das kleine Mädchen agiert mit großer Ernsthaftigkeit zusammen mit dem versiert auftretenden Vater. Die abschließenden Barriere-Sprünge werden vom letzten Pony, wie allgemein Usus, natürlich verweigert.
Im zweiten Programmteil folgt mit der Freiheitsdressur von acht Friesen, die gleichfalls vom dänischen Circus Arena kommen, die zweite equestrische Darbietung, die in einem gekonnten Steiger ihren Höhepunkt findet.
Gewagte Säbelbalancen werden von Maria Bizzarro routiniert ausgeführt. Mit einem auf der Stirn balancierten Schwert überquert die sympathische Artistin eine hohe Leiter. Auf die Spitze treibt sie ihre Balancen, wenn das Schwert mit einem Feuerkelch auf dem Knauf auf eines Dolches, den sie im Mund hält, ruht.

Gino Salvini tritt im ersten Programmteil mit einer Reprise in Erscheinung. Mit seinem Glockenspiel schafft er einen poetischen Moment in einer ansonsten sehr straff und gradlinig ablaufenden Show. Im zweiten Teil sehen wir ihn zusammen mit seiner Ehefrau Pavlina mit ihrem bekannten Entree einer „Kochschule“. Flott folgen die Gags um Teller, Eier und ein Gummihuhn aufeinander und mit stimmiger Musik auf Saxophonen und Xylophon wird der Auftritt komplettiert. So erleben wir erstklassige klassische Clownerie.
„Zuhause“ fühlen wird sich „Old Regnas“, alias Peter Freeman in dieser Manege, war er doch lange Zeit mit dem Circus Barum gereist. Seine Tierkomödie mit eigenwilligen und scheinbar aus eigenem Antrieb handelnden Hunden und einem Esel hat bis heute zur Freude des Publikums nichts von ihrem Charme eingebüßt.
Mit einem wirbelnden Twirling-Stab eröffnet Sharon Berousek ihren Auftritt. Alsbald wechselt sie die Requisiten und jongliert mit silbernen Keulen. Vielfältige Routinen folgen temperamentvoll und sicher ausgeführt aufeinander. Die charmante junge Artistin beherrscht souverän bis zu sechs Keulen.
„The Crazy Diorios“ sind mit ihrem Splitting Globe als Pausennummer platziert. Nach und nach steigert sich die Zahl der Fahrer in der kleinen Kugel. Als schließlich alle vier Artisten kreisen öffnet sich der Globe, das untere Drittel der Konstruktion wird um etwa einen halben Meter abgesenkt, während drei Fahrer im oberen Teil ihre Bahnen ziehen. Gleich zu Beginn der Darbietung verkündet die Ansage, dass wir hier die weltweit einzige weibliche Motorradartistin in einer Motorradkugel sehen werden. Namentlich genannt werden allerdings nur die männlichen Kollegen.

Den Höhepunkt des Programms bietet Carmen Zander mit ihrer erstklassigen Tigerdressur. Hochkarätige Tricks werden in Fülle präsentiert. Eine Vielzahl verschiedener Sprünge ist die Basis der Darbietung. Besonders hervorzuheben ist der Sprung über die Dompteurin, aber auch die Sprünge über vier Artgenossen und über einen hochsitzenden Tiger sind nicht alltäglich. Neben Hochsitzern und effektvollem Rückwärtssteiger beinhaltet die Nummer eine Reihe risikoreicher Kontakttricks. Futterabnahme von einem Mundstab und direkt aus der Hand sind hier genauso zu nennen, wie der als Da Capo gebotene  „Tigerkuss“. Ein attraktives Bild bietet der Ritt auf einem Tiger, ohne mit den Füßen Halt zu haben, während zwei weitere Katzen flankierend hochsitzen. Chapeau.
Das ukrainische Duo Paschenko ist mit seinen Auftritten zwei Mal in der Manege präsent. Zunächst ist die kraftvolle Partnerakrobatik an den Strapaten in der hohen Kuppel des Chapiteaux zu erleben. Nach einigen raumgreifenden Flügen beider Artisten folgt eine Vielzahl kraftzehrender Partnertricks in der Luft.
Als Finalnummer arbeitet das Duo seine Hand-auf-Hand Nummer. Diese besticht durch exakte und scheinbar mühelose Ausführung selbst der anstrengendsten Abläufe. Viele perfekte Handstände und Einarmer auf Händen, Schultern und Kopf des Untermanns ausgeführt wirken schwerelos und leicht.

Das abschließende „große Finale“ ist straff choreographiert. Die mitwirkenden Artisten stellen sich entlang der Piste auf und werden von Direktor Elmar Kretz einzeln vorgestellt. Nachdem der Chef des Hauses die Abschiedsformel vorgetragen hat, ziehen sich alle winkend aus der Manege zurück und die Scheinwerfer verlöschen.
Nach wenig mehr als zwei Stunden Dauer endet die erste Produktion des neuen Circus mit dem traditionsreichen Namen und wird vom Publikum mit wohlwollendem Beifall bedacht. Das Programm, in dem eine Reihe typischer Genres des traditionellen Circus geboten wurde und das mit zwei Highlights aufwartet, findet beim größten Teil des Publikums Anklang. Natürlich wäre es vermessen, von einem neu gegründeten Unternehmen in der dritten Gastspielstadt die Perfektion in Erscheinungsbild und Programmzusammenstellung zu erwarten und so darf man mit Spannung die weitere Entwicklung verfolgen.