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Text und Fotos Friedrich Klawiter
FESTIVAL CIRCUS
La Roche-en-Ardenne, 16. August 2013

„Festival Circus“ unter dieser Firmierung reist  der ehemalige Cirque Franco-Canadien von Simon Dubois seit Beginn 2013 durch den französischsprachigen Teil unseres Nachbarlandes Belgien.
Wir besuchten das Unternehmen in La Roche-en-Ardenne, einer Kommune von rund viertausenddreihundert Einwohnern, die aber Zentrum eines lebhaften Ardennen-Tourismus ist.

Auf einer Wiese am Ufer der Ourthe hatte der Festival Circus seine Zelte aufgeschlagen. Ein neuer Fassaden- und Kassenwagen empfängt die Besucher. Die zahlreichen Transporte sind entlang der Platzseiten und rund ums Chapiteau aufgefahren. Für Pferde, Ponys, Lamas und Esel sind große Koppeln eingerichtet. In einem geräumigen Sattelauflieger, an den ein großzügiger Außenkäfig anschließt, haben die vier Löwen des Circus ihr Zuhause. Einen Zaun gibt es beim Festival Circus nicht, die Menagerie ist den gesamten Tag über frei zugänglich. So sind den ganzen Tag über zahlreiche Passanten und Feriengäste in der Nähe der Tiergehege an zu treffen. Unübersehbar ist die Werbung des Circus. Die zahlreichen Plakate sind im weiten Umkreis platziert und ein Lautsprecherwagen dreht seine Runden in den Gemeinden.
Das weiße Zwei-Masten-Chapiteau ist mit roten Applikationen versehen, trägt eine hohe spitze Kuppel und bietet eine markante, von den Quaderpools geformte Silhouette. Ein typisches französisches Holzbankgradin ohne Rückenbretter steht neben den Logen für die zahlreichen Besucher bereit. Die Circusrestauration hat ihren Platz gleichfalls im Zelt. Der Artisteneingang aus dunkelblauem Stoff teilt den hinteren Bereich des Chapiteau vom Zuschauerraum ab und ist am oberen Rand mit einem silbernen Faltenbehang verziert.

„Vive le Cirque“ - mit der traditionellen Melodie beginnt die Show und Direktor Simon Dubois begrüßt die Anwesenden. In sympathischer Weise moderiert er als „Monsieur Loyal“ die Show und agiert als Partner der Clowns.
Juniorchef Harry Dubois führt in einer trickreichen Dressurfolge die vier Löwen des Hauses vor. Mehrere Pyramiden und verschiedene Sprünge werden mit großer Selbstverständlichkeit geboten. Löwenbar, Balkenlauf, Teppich und synchrones abliegen aller Tiere auf dem Balken sind weitere Bestandteile der Nummer. Mit beeindruckenden Hochsitzern am Platz findet die Darbietung ihren gelungenen Abschluss.
Spektakulär geht es im Programm weiter. Über den Köpfen der vier Löwen präsentiert Miss Bettina ihre eindrucksvolle Kür am Ringtrapez völlig ungesichert hoch unter der Kuppel. In eleganter Weise folgen die vielen unterschiedlichen Tricks in rascher Folge aufeinander. Ein gekonnter Zehenhang über den Löwenhäuptern krönt ihre Evolutionen.

Das Duo Carnellis arbeitet eine tempogeladene Jongleurnummer. Bälle, Ringe und Keulen sind die Requisiten, die von den beiden Partnern in vielerei Mustern gekonnt und sicher manipuliert werden. Fünf Keulen hält Jan Carnellis sicher in der Luft und mit dem extrem schnellen drehen von drei Keulen sorgt der versierte Jongleur für Aufsehen im Gradin.
Direktor Simon Dubois kündigt mit großer Attitüde die Clowns an – und schon kommt „Cappuccino“ in den roten Ring. Leon, der etwa neunjährige Enkel des Direktors, spielt zusammen mit seinem Großvater die hauseigene Variante des Entrees „das musizieren ist hier verboten“. Schwungvoll, mit Elan gehen die beiden Akteure zu Werke und Simon Dubois sorgt dank der versierten Rhetorik dafür, dass der Auftritt erstklassig verkauft wird.
Miss Sarah produziert sich in erstklassiger Weise am Trapez. Mit Können und Ausstrahlung trägt die versierte Artistin ihre Tricks vor. Kraftvoll werden die verschiedenen Figuren sowohl am ruhenden als auch am weit ausschwingenden Requisit ausgeführt.

Die „Voltola' s“, sie kommen laut Ansage aus Quebec, brillieren mit einer rasanten Antipoden-Darbietung. Die blonde Artistin und ihre dunkelhaarige Assistentin verstehen es, sich charmant in Szene zu setzen und ihr Können ins rechte Licht zu rücken. Geschickt rotiert die junge Frau Rolle, Walze, Gymnastikball und eine Stange mit Fahnen daran auf ihren Füssen. Effektvoller Höhepunkt der Darbietung ist die Fußjonglage einer großen Feuerwalze, mit der die unterschiedlichsten Figuren gearbeitet werden.

Die große Tombola zu Gunsten der Circustiere, mit der traditionell die Pause eingeleitet wurde, ist nun einem – vom Herrn Direktor gleichermaßen wortgewaltig beworbenen – Verkauf von Circus-Souvenirs gewichen. Rhetorisch gekonnt informiert er über die Vielzahl der Tiere und deren großen täglichen Futterbedarf. Jeder Anwesende könne nun, nur vier Minuten bestehe diese Möglichkeit, seine Tierliebe unter Beweis stellen, einen Leuchtstab erwerben und so seinen Beitrag zu den Futterkosten leisten. Gleich im Anschluss an diese Aktion erfolgt die eigentliche Pause, die gleichfalls vier Minuten währen soll und in der man sich mit Erfrischungen an der Restauration versorgen kann.

Der zweite Programmteil beginnt mit der rasanten Vertikalseil-Darbietung von Miss Bettina. Viele der wesentlichen Tricks des Genres werden in permanenten Wirbel in ausgezeichneter Ausführung geboten.
Die Cavallerie des Hauses, zwei temperamentvolle Pinto-Schecken, zeigt unter der souveränen Peitschenführung von Jonathan Dubois ihr Repertoire.
Breiten Raum im aktuellen Programm des Festival Circus nimmt die Clownerie des Duo Carnellis ein. Nach einem längeren Dialog zwischen „Monsieur Loyal“ und dem Clown gipfelt die Reprise in dessen klangvollen Spiel mit Glocken.
Wenig später bietet das Clown-Duo, Partnerin Jana agiert als Weißclown, eine weitere Variante von „musizieren verboten“. Nach der gemeinsamen musikalischen Eröffnung des Auftritts, „stört“ der August mit seinem Ghetto-Blaster den Weißclown beim Glockenspiel. Wieder einmal landet ein Musik-Abspielgerät in einer Mülltonne und die Dinge nehmen ihren Lauf.
Die nun siebenjährige Joel hat ihre umfangreiche Hula Hoop Show um neue Elemente erweitert. Temperamentvoll und gekonnt präsentiert das kleine Mädchen seine Show und tanzt sich mit kokettem Hüftschwung in die Herzen der Zuschauer.
Als Finalnummer erleben wir, wie so oft in traditionellen französischen Circussen, ein weiteres Clown-Entree. Fünf Mitspieler rekrutiert Jan Carnellis aus den Zuschauereihen und inszeniert mit ihrer Hilfe einen großen Boxkampf.
Ein stimmungsvolles Finale beendet das unterhaltsame, klassische Programm des großen Familiencircus in idealer Weise. Lebhafter Applaus von den Rängen dankt den Mitwirkenden für ihre Leistungen und zeigt, dass das Programm Anklang fand.
Direktor Simon Dubois verabschiedet wortreich sein Publikum und verspricht ein Wiedersehen im kommenden Jahr.



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