Text  und Fotos Friedrich Klawiter
FLICFLAC
Dortmund. 29. Dezember 2011

www.flicflac-dortmund.de
In Dortmund veranstaltete FlicFlac einen seiner drei Weihnachtscircusse dieser Spielzeit. Auf einem Parkplatz an der Westfalenhalle war man mit vollkommen neuen Material angereist. Seit Einstellung des Tourneebetriebs im Jahr 2010 war sehr viel Material veräußert worden, so dass man nun umfangreich neu investieren mußte.
Das gesamte Equipement wurde direkt von den italienischen Herstellerwerken hierher auf den Platz geliefert. Das gelb-schwarze Chapiteau zeigt die bekannte Silhouette, desgleichen das Drei-Mast-Vorzelt. Hinter dem Chapiteau war ein weiter zwei Master als Garderoben- und Aufenthaltsbereich für Artisten und Mitarbeiter errichtet, da diese in einem Hotel untergebracht wurden. Lediglich ein paar Wohncontainer für die Nachtwache und vier - fünf technische Mitarbeiter waren vor Ort aufgestellt. Ein hoher Zaun mit Spannbändern, die die Abbildung vieler Artisten die je bei FlicFlac auftraten zeigen, umschließt das Circusgelände. Alle gelben Zeltbahnen werden von einem Scheinwerfer angestrahlt. So wird der Circus dekorativ ins Licht gerückt. Einzig der Kassenauflieger war schon mit dem "alten" FlicFlac auf Reisen.
Durch gelb-schwarze Metalltüren betritt man das Vorzelt. Dessen ist innen schwarz, und mit einem rotenTeppichboden ausgestattet. Im ganzen Vorzelt sind Lichtschnüre in dichtem Abstand vom First bis zum Boden gespannt. Zahlreiche Verkaufsstände stehen im Raum verteilt. So wird insgesamt eine sehr festliche Atmosphäre geschaffen.
Durch einen breiten Tunnel geht es ins Chapiteau. Wie in der Vergangenheit führt der Weg zu den Treppen unter dem steilen Gradin entlang. Vierzehn Sitzreihen, komplett mit bequemen Polsterstühlen bestückt, erheben sich extrem hoch. Eine runde, mit schwarzem Teppich bespannte Bühne und ein schlichter schwarzer Vorhang als Artisteneingang - das Zeltinnere zeigt sich im gewohnten FlicFlac-Look.
Vor dem Vorhang hat die dreiköpfige Band ihren Platz. Zusammen mit Sänger Frank Fabry, der wieder einmal in diesem Rahmen zu erleben ist, begleiten sie die Show in weiten Teilen.
Ein phantastisches Lichtdesign verleiht dieser Show einen ganz besonderen Rahmen. Mit einer umfangreichen, modernst und aufwändig bestückten Anlage schafft die kreative Lichtregie ein hervorragendes, flüchtiges Kunstwerk.
Eine Inszenierung der Show wurde, angesichts der kurzen Spielzeit leicht nachvollziehbar, nicht so intensiv betrieben wie es bei den FlicFlac-Saisonprogrammen der Fall war. Am deutlichsten sichtbar wird dies daran, dass die Artisten in ihren „normalen“ Kostümen arbeiten.

„Schrille Nacht - eilige Nacht“ lautete das Motto dieses Weihnachtscircus  - nehmen wir das Fazit gleich vorweg, die Show konnte den mit dem Slogan einhergehenden Assoziationen nur teilweise entsprechen, war bei weitem nicht zu schrill und eilig, wie wir es von FlicFlac in der Vergangenheit kennen. Weite Teile, insbesondere im ersten Programmteil kommen sehr ruhig, gemächlich und teils auch getragen daher.
Zum Opening verharren die zahlreichen Artisten bewegungslos in immer wieder veränderten Formationen auf der Bühne, während hartes weißes Licht nur für wenige Sekunden die vollkommene Dunkelheit des Zeltes durchbricht.
Die sechs Mitglieder derTruppe Vavilov zeigen anschließend ihr Können. Handvoltigen in vielfältigen Ausführungen mit sich stetig steigerndem Schwierigkeitsgrad  sind ein schwungvoller Einstieg in die Show. Wie so oft bei osteuropäischen Darbietungen wirken die Akteure eher als sportler und so fehlt es bei aller Perfektion in der Trickausführung oftmals ein wenig am showmässigen Verkauf.
Drei Darbietungen, die man wohl nie in einem FlicFlac-Programm vermuten würde sondern vielmehr dem „Nouveau-Cirque“ zurechnen würde, werden von Alexandra Royer und Angelica Bongiovanni gezeigt. Beide Artistinnen treten in sehr ähnlicher, sehr schlichter Aufmachung vor das Publikum. Schwarze kurze Sporthose und weiße Oberteil dazu kein erkennbares Make-Up wollen nicht wirklich auf eine Show-Bühne passen. Angelica Bongiovanni agiert am Cyr-Wheel. Introvertiert und verträumt wirkend zieht die junge Frau zu schwieriger musikalischer Begleitung ihre Bahn ohne größere Reaktionen im Publikum hervorzurufen.
Ähnliches lässt sich zu Alexandra Royers Kür am Ringtrapez im zweiten Programmteil sagen. Zusammen mit zwei Partnern ist sie zuerst als Trio Barrcode mit Stangenwurf zu sehen. Auch dieser Auftritt wirkt schwunglos und erreicht das Publikum nicht in größerem Umfang. Lange, langatmige  Tanzsequenzen verbinden die wenigen Tricks die auf dem Requisit ausgeführt werden.

„Taschendieb“ Christian Lindemann tritt als reichlich schräge Type in Erscheinung. Sprüche klopfend und kalauert er, als Figur einem drittklassigen Animateur einer Kaffeefahrt ähnlich, umher. In seinem „Gewerbe“ hat er es nicht leicht, ist doch der ideale „Opfertyp für Show-Taschendiebe“ - älterer Herr mit Sakko, Brille und Krawatte - im FlicFlac-Gradin kaum anzutreffen.
Überraschenderweise folgt kein weiterer Auftritt, der der Sparte Humor zugerechnet werden kann. Diese Show musste ohne den angekündigten Komiker Georg Leiste auskommen.

Zwei recht unterschiedliche Jonglage-Darbietungen sind im ersten Programmteil platziert.
Romina Micheletty präsentiert ihre poetische Hula Hoop-Darbietung in gewohnt perfekter Weise. Mit hervorragenden Lichteffekten erstklassig inszeniert, wird der Auftritt der attraktiven Artistin zum optischen Highlight vor der Pause.
Ein junger Jongleur agiert wenig später mit Zigarrenkistchen. In variantenreicher Vielfalt werden diese Requisiten jongliert. Nachdem zunächst in gewohnter Form drei Kistchen bewegt werden, arbeitet der Artist anschließend die Routinen mit vier Requisiten.
„Sick 7 Crew“ nennt sich die Formation der Breakdancer, die mit ihren genreüblichen Figuren der Show nach vielen ruhigen Nummern wieder ein wenig mehr Tempo und Schwung geben.
Als Pausennummer wurde die Sanddornbalance von Mädir Eugster, Leiter der Schweizer Tanztheater-Formation Rigolo, aufgeboten. Gut hätte man sich diesen Auftritt, in dem in meditativer Ruhe dreizehn Palmäste zu einer schwebend leichten, sich selbst im Gleichgewicht haltenden, Skulptur zusammengefügt werden, als ruhigen Kontrapunkt zu rasanter FlicFlac typischer Artistik vorstellen können. Natürlich ist auch hier das Publikum fasziniert und gefangen von der Mystik der Darbietung, die allerdings als Endpunkt einer Reihe sehr ruhiger Darbietungen einen Teil ihrer Wirkung einbüßte.
Erstaunlicherweise wurde in diesem Programm bis zur Pause vollkommen auf Luftartistik, einst mit vielen spektakulären, riskanten und leistungsstarken Darbietungen ein Markenzeichen von FlicFlac, vollkommen verzichtet.

Dies ändert sich nun mit Beginn des zweiten Teils. Das Duo Rose bietet hervorragende Artistik am Standtrapez. Viele spektakuläre Tricks, Halteposen und riskante Voltigen werden souverän in einer stimmigen Choreographie vorgetragen und sorgen erstmals an diesem Abend für „FlicFlac-Feeling“.
Die Truppe Dosov begeistert mit großartiger Akrobatik am Schleuderbrett. Weite und hohe Flüge füllen den Raum und bieten alle Varianten des Genres. Landungen auf einem Kissen, Salti auf die Schultern der Truppenmitglieder bis hin zum Vier-Mann-Hoch, Flüge in einen Sessel und spektakuläre Stelzensprünge gehören zum umfangreichen Repertoire der großen Truppe.
Viacheslav Spirin und Stanislav Kotelnikov sind die Akteure einer herausragenden Hand-auf-Hand Darbietung. In einer außergewöhnlichen Choreographie werden mit scheinbarer Leichtigkeit viele Höchstschwierigkeiten in großer Selbstverständlichkeit geboten.
Leider flacht die Spannungskurve nach diesen Darbietungen mit Alexandra Royers Ringtrapez-Nummer wieder ab und auch dem nachfolgenden Popper Robert Muraine, der seinen Tanz mit allerlei Klischnigg-Elementen versetzt, gelingt es nicht, Begeisterung im Publikum zu entfachen.

Das ändert sich nun schlagartig, als der große Globe of Speed auf der Bühne erscheint. FlicFlac pur. Drei, fünf und letztlich sieben Fahrer donnern in den verschiedensten Figuren durch die Stahlgitterkugel.
So spektakulär diese Motorradartistik auch ist, sie wird noch einmal getoppt von den Freestyle Jumper. Kaum vorstellbar, sie fliegen mit ihren Motorrädern über den Globe of Speed.
Der vordere mittlere Treppenaufgang ist mit einer Rampe versehen und der Boden zwischen Bühne und Artisteneingang als Rampe hochgeklappt und der Raum darunter mit einem großen Luftkissen gesichert.
Die drei Motorradartisten nehmen aus dem Vorzelt heraus Anlauf, schießen durch den Eingangtunnel, die enge Treppenrampe hinauf und heben auf dem Podest ab und fliegen in halsbrecherischen Stunts über die Kugel bis zum Artisteneingang. Sensationell und spektakulär ist diese Show, die mit einem Salto mitsamt dem Motorrad  über dem Globe ihren Höhepunkt findet.
Zum Finale versammelt sich die große Artistenschar um die Motoradkugel und nimmt den anhaltenden Applaus entgegen. Wie immer bei FlicFlac verlassen die Artisten die Bühne über die Treppenaufgänge, verabschieden sich winkend von ihrem Publikum...
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