Text und Fotos Friedrich Klawiter
HEILBRONNER WEIHNACHTSCIRCUS
20. Dezember 2009

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Wieder einmal sind in Heilbronn die großen Zeltanlagen des Weihnachtscircus aufgebaut. Wie in den vergangenen Jahren wurde auch dieses Mal wieder das Material von Alfredo Nock angemietet. Hell erleuchtet strahlt der Circus in der Dunkelheit und dem leichtem Schneetreiben des frühen Abends eine romantisch weihnachtliche Stimmung aus.  Der dekorative Frontzaun mit dem großzügigen Eingangsbereich, das geräumige Vorzelt mit zahlreichen Verkaufsständen Cafewagen und üppiger Weihnachtsdekoration, die große erwartungsvolle und drängelnde Menschenmenge vor dem Einlass – es ist die sich jährlich wiederholende Szenerie, die sich hier auftut.

Ein neuer Artisteneingang ist im weitläufigen Chapiteau installiert. Eine riesige schlichte Gardine aus rotem glitzerndem Stoff schließt die Manege ab, bietet im Gegensatz zum Vorgängermodell den auftretenden Artisten einen ruhigen Hintergrund. Die Stoffbahnen reichen bis knapp – wegen der Durchfahrthöhe der Motorradkugel -  unter das Zeltdach und entrücken das obenauf platzierte ausgezeichnete Orchester, vor dem noch eine Reihe Scheinwerfer angebracht ist, fast vollständig der Zuschauersicht. Die achtköpfige Kozachuk-Band begleitet druckvoll und punktgenau in wohlklingenden Arrangements die Aktivitäten in der Manege. Genauso bemerkenswert die exzellente Lichtregie, die mit geschicktem Einsatz des modernen Equipements die Darbietung geschickt in Szene setzt und die richtige Stimmung schafft. Wieder einmal hat Louis Knie sen. Regie geführt und ein großes Programm exzellent in Szene gesetzt.

Auch in diesem Jahr ist Fabian Egli ein eloquenter Sprechstallmeister, der gewandt und charmant die Vorstellung moderiert. Gleich nach den Werbedurchsagen örtlicher Unternehmen – diese bei uns weitgehend unbekannte Praxis ist in der Schweiz Usus, gibt er die Manege für die Gruppenjonglage der Faltynys frei. Modern gestylt sorgen sie mit ihren flott präsentierten Keulenpassings für einen gelungenen Auftakt. Im weiteren Programmverlauf sehen wir Emil jun. mit seiner Nummer, die Kubusjonglage und freistehende Leiter vereint. Seinen finalen Trick zeigt er nun in der Form, dass die beiden Leitern auf einer Art Schaukel stehen und er derart balancierend Sprosse um Sprosse erklimmt.
Das Genre Clownerie wurde mit den Rossyann hochkarätig besetzt. Besonders erwähnenswert die zahlreichen aufwändigen eleganten Kostüme von Weißclown Yann Rossi. Auch das Outfit seines Bruders Hektor unterscheidet sich klar von dem anderer Auguste. In einigen Reprisen und ihrem Entree stellen sie ihre hohe Musikalität an einer großen Zahl auch außergewöhnlicher 'Musikinstrumente' unter Beweis. Neben Fingerpfeifen, Trompeten, Saxophon, Posaune und Akkordeon kommen auch gestimmte Hämmer und Blasebälge zum Einsatz.


Nachdem die Nistorov in der letzten Zeit zu viert ihre Rollschuh-Artistik präsentierten, war in der besuchten Vorstellung eine der beiden Schwestern nicht mit dabei. In moderner Choreographie werden die wesentlichen Tricks des Genres in hohem Tempo absolviert.
Seaworld Junior' s nennen sich die vier Artisten, die in bekannter Aufmachung ihre Equilibristik und Handvoltigen vollführen. Zu sphärischer Musik beginnt die bis ins Detail durchgestylte Nummer ein wenig verhalten. Die einleitend erzählte Geschichte nimmt ein wenig breiten Raum ein, ehe sich die Trickfolge verdichtet. Es sind die Tricks, die auch andere Truppen dieser Art bereithalten.


Die Ponys von Karl Trunk erobern die Herzen der Zuschauer im Hand umdrehen. Die acht Kleinpferde in acht verschiedenen Farben und alle unterschiedlicher Größe bieten eine umfassende Folge an Lauffiguren, wie man es ansonsten allenfalls bei Großpferden sieht. Elegant im Frack gekleidet, dirigiert der Vorführer das Oktett  zu einer fehlerfreien Leistung. Charmant wird im Schlussbild der Nummer eine Melange alter komödiantischer Tricks mit Pferden – Pony im Sessel, Bettpony, Schaukelponys, Karussellponys – zeitgemäß dargeboten. Die Haustierrevue, je drei Ziegen und Minischweine sowie ein kleiner Hund, eröffnet den zweiten Programmteil. Auch diese Darbietung wird von Karl Trunk perfekt und mit einem Augenzwinkern vorgeführt. Beide Nummern zeichnen sich außer durch Einfallsreichtum in der Trickfolge durch die sehr ansprechende Gestaltung der Requisiten aus.
Die drei afrikanischen Elefanten hören auf die Kommandos von Diana und Ronald Spindler. Variantenreiche Laufarbeit, Hochsitzer und Pyramiden wechseln einander in rascher Folge ab. Flott wird die umfangreiche Arbeit mit den Elefanten vorgetragen.

Als Pausennummer ist eine der Diorio-Truppen mit ihrer Motorradkugel platziert. Perfekt wird der Auftritt in Szene gesetzt, schon der Aufbau der Kugel gewinnt durch die Light-Show an Unterhaltungswert. Die Fahrer jagen in den bekannten Formationen durch die Gitterkugel. Während der Fahrt zu viert wird das untere Drittel der Konstruktion abgesenkt und einige Runden werden in der offenen Kugel absolviert. Begeistert werden die Artisten von den Zuschauern gefeiert, dann preist Fabian Egli den Besuch der reichhaltigen Pausentierschau an.

Furios die Reptilienshow von Karah Khavak jun. Die Manege wird mit aufwändigst gestalteten Requisiten gefüllt, die die Schatzkammer einer Pyramide suggerieren sollen. Zur Musik und im Kostüm von „Indiana Jones“ erscheint Karah Khavak auf der Szene, entzündet mehrere Feuerschalen. Insgesamt acht Personen - Figuranten, Ballett, Helfer - sind in den Auftritt involviert. In ganz großer Aufmachung, mit sehr hohem Schau- und Unterhaltungswert wird eine wirklich umfassende Kollektion an Reptilien präsentiert. Würgeschlangen in großer Zahl und unterschiedlichsten Größen bis hin zur mehrere Meter langen Boa bevölkern die Manege. Karah Khavaks Partnerin Gina liegt in einer Glaswanne, wird mit etwa je zehn giftigen Korallenschlangen und Vipern bedeckt. Als besondere Zugabe kommen zwei Skorpine dazu. Kaiman, Alligatoren unterschiedlicher Größe, Waran und Leguane sind die nächsten Tiere in der Manege. Natürlich darf auch die Vogelspinne auf Händen und im Gesicht des Artisten sitzend nicht fehlen. Eine grüne Mamba allerdings konnten wir erstmals in einer Manege bestaunen.

Als „Kung Fu Masters“ sehen wir den Partner von Fredy Chei mit einem neuen Partner die bekannte Trickfolge bietend. Einleitenden kurzen 'Kampfszenen' mit Schwertern und Spieß folgt das zerschlagen eines Kantholzes auf dem Rücken des Partners, dann werden Metallrohre verbogen. Abschließend die Sprünge durch die  mehrfachen Feuer- und Messerringe.
Die Rokashkov erzählen ihre Geschichte vom buhlen dreier Männer um die Gunst einer Frau nun in dieser Manege. Topp choreographiert, perfekt im Vortrag und starke Tricks – so kann eine knappe Beschreibung dieser außergewöhnlichen Recknummer lauten. Doch so richtig will diese Topp-Darbietung nicht in dieses Topp-Programm passen, ist als vorletzte Darbietung unglücklich platziert. Sie nimmt das Tempo aus der Show und lässt auf Grund der recht schwermütigen Begleitmusik die Stimmung abflauen.


Das Duo Guerrero brilliert auf dem Hochseil. Mit Guitarrenspiel und Flamenco in der Manege leiten sie den Auftritt ein. Aufstieg über das Schrägseil, der Sprung über die auf dem Seil sitzende Partnerin. Bis zu diesem Moment begleitet Aura Guerrero die Nummer mit Live-Gesang über ihr Head-Set. Mit verbundenen Augen steht sie frei auf einem Stuhl, dann ihr Spezialtrick – auf dem Seil klettert Werner auf die Schultern seiner Frau, wird von ihr einige Schritte getragen und springt zurück. Den Abgang übers Schrägseil im Zwei-Mann-Hoch, mit Werner als Untermann und Live-Gesang von Aura, bekommt man nicht oft zu sehen.

Das Finale wird mit den von Fabian Egli, er hat eine Gesangsausbildung absolviert, mit live gesungenen Weihnachtsmelodien eingeleitet, zeigt deutlich die Handschrift von Louis Knie sen.  Schwungvoller Auftakt, eine kleine Zugabe von allen Artisten, Pyramide – es sind die bewährten Elemente, die das Publikum begeistert applaudieren lassen. Der aktuelle Heilbronner Weihnachtscircus bietet  klassischen Circus mit Topp-Darbietungen, modern, schnörkellos und ohne Längen präsentiert – kurz ein Spitzenprogramm, dass man sich nicht entgehen lassen sollte.



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