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Text und Fotos Friedrich Klawiter
ZIRKUS DES HORRORS
Köln, 15. Oktober 2016

http://zirkusdeshorrors.de
Die letzte Tournee-Station 2016 des „Zirkus des Horrors“ von Joachim und Roswitha Sperlich ist, nach rund zwei Jahren, wieder einmal Köln. Auf dem Platz in der Gummersbacher Straße findet das viereinhalbwöchige Gastspiel statt.
Die großen rot-gelben Zeltanlagen des Unternehmens dienen auch in dieser Saison als Spielstätte. Ein hoher mit Spannbändern, diese zeigen verschiedene Plakatmotive der Show, versehener Zaun schließt die Vorderseite des Platzes ab. Der große Kassenauflieger, auf dessen Dach ein neu installiertes Spannband den Circusnamen transportiert, hat seinen Platz vor der Front. Die Materialtransporter wurden im Lauf der Saison mit neuem Dekor versehen. Ihre Seiten sind nun komplett mit Motiven aus der Show versehen.
Eingangstore gezimmert aus rohem Holz öffnen sich für die in kleinen Gruppen Eintretenden und geben den Blick in die Dunkelheit einer Gruft frei. Das „Labyrinth des Grauen“, Heimstatt schaurigen Gestalten nimmt die Sterblichen auf und spitze Schreie künden den Außenstehenden von den Schrecken die sie erwarten. Skurrile Gestalten treiben, untermalt von unheimlichen Klängen, ihr Unwesen; Zombies und Vampire erwarten ihre Opfer.
Im Vorzelt, das mittels Spinnennetze, Skeletten, riesiger Spinnen und Fledermäuse eine Unterweltatmosphäre atmet, sind die Holzbuden der Circusrestauration entlang der Seiten aufgestellt und eine große Bar nimmt die Mitte des Raumes ein. Durch einen hohen roten, reich geschmückten Samtvorhang tritt man in den Zugang zum Chapiteau.
Dort stehen das große Gradin mit Einzelklappsitzen und Logen mit Polsterstühlen für die Besucher bereit. Eine runde Bühnenkonstruktion ist an Stelle einer Manege vorhanden. Vorrichtungen für Feuer- und Nebeleffekte sind in den Bühnenboden integriert und ihr Mittelteil ist drehbar und kann in der Höhe verfahren werden. Mit einem exzellenten Lichtdesign und der leistungsstarken Tonanlage wird in Show in erstklassiger Weise in Szene gesetzt.

„Inquisition – die Folterkammer“ lautet das Motto der aktuellen Produktion. Die Reise in Nosferatu's Folterkammer begleiten verrückte Artisten, durchgeknallte Clowns, irre Freaks und skurrile Gestalten.
Nebel wabern durchs weite Rund und dumpfe Klänge lassen den Magen vibrieren, als ein Spot „Nosferatu“, in einem großartigen mit Totenköpfen geschmückten Thron sitzend, aus der Dunkelheit schält. In kurz aufflammenden Lichtkegeln Gestalten auf der Streckbank, beim auspeitschen und andere Schrecken offenbart.
Eine Frauengestalt windet sich im roten Dämmerschein ekstatisch auf einem Bett, ein Exorzist beginnt sein Werk, dann flammen die Scheinwerfer auf und die Artistin startet ihre Arbeit am Schwungseil. Routiniert erfolgen die zahlreichen Tricks und diverse Abfaller sorgen für schreckhafte Aufschreie auf den Rängen.
Aus einem Kabinett lässt das Ballett einen „Hofnarren“ - Tempojongleur Cyril Pytlak – erscheinen. Mit seinen rasanten Aktionen, die auch in den Zuschauerraum führen, erobert der sympathisch daher kommende junge Mann die Bühne und sein Publikum. Silberne Keulen sind die eingesetzten Requisiten und schließlich werden fünf von ihnen manipuliert. Das besonders schnelle drehen von drei Keulen markiert den Höhepunkt des Auftritts.
Nosferatu verlangt nach „etwas zum spielen“, daraufhin sleppen drei Kuttenträger ein Bündel Mensch herbei und legen es auf der erhöhten Bühne ab.
Sogleich beginnt die dunkelhäutige Artistin Senayt Asefa mit ihrer erstklassigen Kontorsions-Darbietung. In exzellenter Ausführung werden die unterschiedlichsten Verrenkungen mit fließenden Bewegungen ausgeführt, extreme Positionen von Rumpf und Gliedmaßen mit scheinbarer Leichtigkeit eingenommen. Etliche Tricks werden von einem kollektiven Stöhnen des Publikums begleitet.

Clown „Maleficius“, Milano Kaiser ist wieder in höchst überzeugender Weise in der Rolle des bösen Clowns zu erleben, hat in dieser Spielzeit einen Partner - „Alfons“, eine Gestalt die die Reinkarnation des „Glöckner von Notre Dame“ sein könnte – an seiner Seite. „Maleficius“ unterhält sein Publikum mit flotten Sprüchen und setzt auf die Mithilfe eines „Freiwilligen“. In der besuchten Show trifft es
„Jan“, einen jungen sympathischen Mann aus Köln. Zunächst muss er mit angelegtem Halsband und angeleint einen Hund mimen und wird nach Domina-Art bestraft. Direkt im anschluss geht es ans Messerbrett und auch diesen Teil der Prozedur steht er mit verbundenen Augen heldenhaft durch.
Bald darauf darf „Jan“ auf einem „elektrischen Stuhl“ Platz nehmen, doch ein Missgeschick von „Alfons“ und die nun eintretende Pause bewahren ihn vor Schlimmerem.
Im zweiten Teil sitzt fällt das „Hohe Gericht“ unter „Richter Maleficius“ sein Urteil über „Jan, der seine unschuldige Freundin verführte“ und bald findet sich der Delinquent, mit einer Kapuze über dem Kopf auf der Guillotine wieder. Einen Augenblick lang ist „Henker Maleficius“ abgelenkt – und schon ist es passiert, der Kopf ist ab.

René Sperlich ist mit seiner attraktiven Handstanddarbietung auf der Spitze eines Scheiterhaufens zu erleben. In Begleitung von Fackelträgern rollt auf einem groben Karren eine an ein Joch gebundene Gestalt heran und gelangt auf die Spitze des Scheiterhaufens. Helle Flammen lodern aus ihrem Fuß hervor, dann beginnt der Artist seine Evolutionen.
Das Todesrad von Maik und Sandro Sperlich wird im ersten Programmteil präsentiert. Ein großartiges Lichtdesign setzt den Auftritt in einmaliger Weise in Szene und gewaltige aus dem Boden hervorschießende Feuersäulen perfektionieren den mitreißenden Act der Cousins. Temporeich werden Sprünge in den Kesseln, Seil springen, Blindlauf auf der Außenbahn und weitere Tricks geboten. Die beiden cool agierenden Artisten begeistern mit ihrem Repertoire und einer großen Show.
Die Hula Hoop Darbietung von Monika Sperlich wurde neu choreographiert. Zahlreiche Feuereffekte machen den Auftritt spektakulärer lässt in einigen Passagen brennende Ringe um Körper und Arme kreisen. Abschließend wird sie an einer Handschlaufe hoch in die Kuppel gezogen, während zwei brennende Reifen um ihre Hüften rotieren.
Zu Beginn des zweiten Teils sehen wir die starke Luftdarbietung von Sonny Quaiser und Virgilia Riedesel. Ihre Partnerarbeit an den Strapaten, in der beide Akteure als Porteure agieren nutzt bei weiten Flügen den gesamten Luftraum des Zeltes.

Die Freakformation „Mad Saints“ bietet den spektakulären, den eigentlichen Horror der Show ausmachenden Auftritt. Sahen wir bis dahin normale Circusdarbietungen, die lediglich durch ihre Inszenierung dem Genre „Horror“ zu zurechnen sind, fließt nun Blut in Strömen.
Zunächst sticht der Mann des Duos seiner Partnerin zwei Reihen langer Nadeln durch den Rücken und verschnürt diese sodann miteinander. Den langen Bohrer eines laufenden Akku-Schraubers führt er weit in seine Nase ein und schlägt sich anschließend zwei dicke lange Nägel mit einem Hammer in seine Nasenlöcher. Die Partnerin bekommt vier Luftballons mit einem Tacker auf ihre Oberarme geheftet und lange Nadeln durchbohren ihre Stirn. Sich selbst treibt der Freak lange Drähte durch Löcher in der Nasenscheidewand und verformt damit die Nase. Auch er schiebt sich lange Nadel quer unter die Haut auf seiner Stirn. Aus Kanülen, die durch die Wangen der Partnerin und Augenbraue des Freak getrieben werden spritzt Blut in hohem Bogen auf den Bühnenboden. Letztlich schneidet er sich öffnet er sich mit schnellem Schnitt eines Rasiermesser die Unterlippe im Mund und verteilt einen gewaltigen Schwall Blut auf seinem Oberkörper.

Zopfhang-Darbietungen sind heutzutage nur noch sehr selten zu erleben. Enrica Stauberti zeigt ihr Können in dieser Disziplin nun im Habit einer Nonne.
Das Duo „Rolling Wheel“ arbeitet eine rasante Nummer an Rhoenrädern. Die genretypischen Abläufe finden spektakuläre Ergänzung in Tricks, wie z. B. einen Sprung von einem zu einem anderen Rhoenrad. Ein Kopfstand auf dem Zenit eines senkrecht stehenden und seitlich gegen das zweite Rad geneigten Requisit sowie ein Zwei-Mann-Hoch oben auf dem Rhoenrad sind weitere hochkarätige Tricks der Darbietung.

Mit effektvollen Motorrad- und Feuerstunts erreicht die Show ihren Höhepunkt.
Auf schweren Maschinen donnern die Sperlich Brüder auf die Szene. Die „Freefighter“ bieten auf ihren Maschinen riskante Sprünge. Aus dem Vorzelt erfolgt der Anlauf und von einer steilen Rampe im Eingangsbereich gehen die Flüge quer durchs Zelt und werden auf einer weiteren Rampe am Artisteneingang gelandet. Zwischen diesen Sprüngen, während die Motorräder zurück zur Startposition rollen, schickt ein Fakir gewaltige Feuersäulen aus seinem Mund in Richtung Zeltkuppel.
Mit begeistertem Applaus feiern die zahlreichen Besucher im großen Finale die Mitwirkenden der Show. Es zeigt sich, dass Joachim Sperlich und sein Team die Erwartungen an eine circensische Horror Show wieder einmal bestens erfüllt haben und sehr viele Besucher nehmen sehr gerne die Gelegenheit wahr, sich nach der Vorstellung mit den Akteuren im Foyer auf einem gemeinsamen Foto zu verewigen.