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Text und Fotos Friedrich Klawiter
ZIRKUS DES HORRORS
Wiesbaden, 30. März 2019

http://zirkusdeshorrors.de
„Asylum – Das Irrenhaus“ heißt es auch in dieser Saison wieder im Zirkus des Horrors der Familie von Joachim Sperlich. Die spektakuläre Show vereint Spitzenartistik, irrwitzige Comedy und einen abgedrehten Freak zu einem stimmigen Event, dessen Story in einer erstklassigen Inszenierung stringent erzählt wird.
Die große Fassade des Unternehmens, von Gitterrohrrahmen eingefasste riesige Spannbänder die mit den Logos des Circus und der Show bedruckt sind, schließen zusammen mit dem Kassenwagen die Frontseite des Geländes ab. Die Materialtransporter sind mit großformatigen Motiven aus der Show dekoriert und stimmen die Besucher auf das Kommende ein.
Die schwarz und rot gestreiften modernen Zeltanlagen leuchten in der Abendsonne und durch massive, aus rohem Holz gefertigte Türen führt der Weg in einen unheimlich wirkenden Gang ins Innere der Anstalt. Weißer Stoff, Untersuchungsliege, Rollstühle und weiteres medizinisches Zubehör stimmt auf das Thema ein und in der Cafeteria der Irrenanstalt – dem Vorzelt – sieht man sich zunächst der „Medikamentenausgabe“, einer großen Bar, gegenüber. Die „Essensausgabe“ hält Grillspezialitäten bereit und weitere „Ausgaben“ sowie ein Souvenir-Shop sind entlang der Zeltseiten platziert. Mit der reichen und liebevoll arrangierten Dekoration wird der Charakter einer Anstaltskantine verstärkt.
Neun Gradinreihen mit Einzelklappsitzen und drei Reihen bequemer Logenstühle stehen im Chapiteau für die zahlreichen Besucher bereit. Die runde erhöhte Bühne mündet auf den dreigliedrigen Artisteneingang, vor dem ein „Chefarztbüro“ und etliche „Therapie- Apparaturen“ aufgebaut sind.
Ein hervorragendes Lichtdesign und exzellent ausgesuchte musikalische Begleitung, dies schließt auch den Foyerbereich mit ein, lassen die Produktion, die unter der Regie von Monika Sperlich und Giovanni Biasini entstand, zu einer bestens gelungenen Show werden.

„Professore Salvatore die Morti“, Giovanni Biasini verkörpert in idealer Weise den italienischen Mediziner der mit seinen ungewöhnlichen Heilmethoden bisher nur auf Ablehnung stieß und diese nun der breiten Öffentlichkeit präsentieren möchte getreu seinem Motto „für Ihre Lieben nur das Beste“, startet seine obskuren Experimente mit Unterstützung von Krankenschwestern und Ballett sowie dem Star des Abends, dem Faktotum „Brian Ernest“ - Milano Kaiser – der omnipräsent Anstalt und Besucher gleichermaßen aufmischt. Sich und sein Haus vorstellend, lässt der „Professore“ rollbare Drahtkäfige mit „Patienten“ darin zum ersten Experiment auf die Bühne schieben. Doch durch eine Panne lässt die Mitglieder der Truppe Puje „entkommen“.
Zu siebt präsentieren die mongolischen Artisten ihre bekannte Handvoltigen-Darbietung. Zahlreiche spektakuläre Saltos und Pirouetten, darunter auch eine Passage, werden sicher auf den Händen der Fänger gestanden und führen bis hinauf zum Drei-Mann-hoch.
Wenig später arbeiten drei Truppenmitglieder eine erstklassige und trickstarke Ikarier-Nummer. Ein Doppelsalto sowie ein Salto, der auf einer hochgereckten Hand eines Fängers sicher gelandet wird sind die Top-Tricks dieses Auftritts.
Die Puje Girls bieten variantenreiche Kontorsionen in erstklassiger Ausführung dar. Immer wieder werden die Körper in extreme Positionen gebracht und zahlreiche Handstände erhöhen noch einmal den Schwierigkeitsgrad der Arbeit. Der finale doppelte Mundstand versetzt weite Teile des Publikums in ungläubiges Erstaunen.
Vier Herren der Truppe sind mit einer veritablen Gruppenjonglage mit Keulen zu erleben.

Zwei Wärter zerren „Brian Ernest“ auf die Bühne und nachdem er auf des „Professore“ Anweisung mit Anstaltskleidung – einer offen gelassenen Zwangsjacke – ausgerüstet wurde, legt er los. Milano Kaiser ist die Rolle des irren Clowns auf den Leib geschrieben. In herzerfrischender Direktheit, mit großer Spielfreude und Spontanität gibt er den August und versteht es ausgezeichnet mit Improvisationstalent auf seine Mitspieler und Situationen einzugehen. Bei unserem Besuch trifft es „Mike“. Der freundliche junge Mann wird im Handumdrehen zum Mitspieler, der mit angelegtem Halsband und Leine einen Hund imitieren muss und nach Domina-Art bestraft wird. Dann geht es ans Messerbrett und auch diese Prüfung stand er „wie ein Mann“ durch.
Johnny Castaletti initiiert einen Limbo und animiert „Brian Ernest“ es ihm gleich zu tun. Augenblicke später findet sich „Mike“ auf der Bühne wieder und darf sein Können mit verbundenen Augen beweisen – natürlich ohne zu bemerken, dass er völlig alleine ist.
Später dreht „Brian Ernest“ einen Film und selbstverständlich findet sich „Mike“ in der Hauptrolle als gehörnter feuriger Liebhaber wider. Drei weitere Mitspieler übernehmen die weiteren Rollen. Rasant folgen die Gags in dem irren Ablauf aufeinander und an diesem Abend sind die „Stars für einen Augenblick“ beinahe zu gut in ihren Rollen. Das turbulente Treiben nimmt seinen Gang und „Bryan Ernest“ forciert den Ablauf, so dass das Publikum vor Begeisterung rast.

„Mister Extrem“ - der österreichische Stuntman, Extremartist und Freak Kurt Späth lässt dem Publikum mit seinen blutigen und riskanten Aktionen den Atem stocken. Nachdem er sich zum Auftakt drei Spritzen durch Wange, Stirn und Kehle gejagt hat, lässt er diese von Logenbesucherinnen langsam wieder entfernen, um hernach mehrfach einen langen Bohrer mittels eines Akkuschraubers in seiner Nase zu versenken. Mit einem schweren, laufenden Bohrhammer, mit einem ca. 50cm langen Meißel bestückt, demonstriert er sein Können als Schwertschlucker.
Im zweiten Auftritt zieht er einen Rollhocker, mit einem erwachsenen Mann darauf, über die Bühne. Das besondere daran? Der Hocker hängt an einem dünnen Stahlseil, das mittels eines Fleischerhakens an der Zunge des Freaks eingehakt ist.
Einen mit zwei Herren besetzten Rollwagen schiebt er mittels eines Speeres, dessen scharfe Spitze auf seine Kehle drückt, vor sich her.
Mit hohem Risiko für alle Beteiligten ist der folgende Stunt, zu dem eine Zuschauerin auf einem Stuhl sitzend zwei Schlangengurken vor ihrem Oberkörper in die Höhe hält. „Mister Extrem“ zerlegt das Gemüse mit verbundenen Augen mittels einer Kettensäge blitzschnell in kleine Schnipsel. Einen gewöhnlichen Holzstuhl hängt mittels Karabinerhaken an seine Ohrläppchen und lässt ihn "fliegen". Abschließend lässt sich der Freak, an seiner Zunge hängend hoch in die Zeltkuppel ziehen.

Die bekannten Darbietungen von René Sperlich – Handstandequilibristik – sowie Maik und Siegfried Sperlich auf dem Todesrad sind weiterhin zu erleben und kommen beim Publikum bestens an.
Ungewöhnlich ist die Darbietung am Cyr-Rad von Johnny Castaletti gestaltet. Der Artist steckt mit auf den Rücken gefesselten Händen in einer Zwangsjacke und setzt das auf der Bühne liegende Requisit nur mittels seiner Füße in Bewegung. Er lässt es auf der Bühne und auch in Art eines Hula Hoop Ringes um seinen Oberkörper und Hals kreisen. Nachdemdie Fesseln von einer Besucherin gelöst wurden, wirbelt Castaletti in bekannter Manier temporeich spektakuläre Balancen ausführend über die Bühne.
Der formidable Seil-spring Act der Puje Truppe beschließt die abwechslungsreiche Nummernfolge. Zu zehnt bieten sie alle Spitzentricks des Genres und überwinden gekonnt und mit Präzision die rhythmisch geschwungenen Seile.
Im Finale präsentieren sich Patienten und Anstaltspersonal zu einem Gruppenformation auf der Bühne und „Professore Salvatore die Morti“ referiert noch einmal über seine außergewöhnlichen Leistungen, die „für Ihre Lieben nur das Beste....“ brachten.
Der nicht enden wollende Applaus zeigt deutlich, das die unterhaltsame Show die Erwartungen der Horror-Fans bestens erfüllt hat.