Text und Fotos Friedrich Klawiter
HÖHNER ROCKIN RONCALLI SHOW
Trier, 05.Mai 2016
hoehner-rockin-roncalli.de
Seit dem Jahr 2000 floriert die künstlerische Allianz der beiden kölner Institutionen „Die Höhner“ und „Circus Roncalli“ und nun war die gelungene Symbiose meisterlicher Manegenkunst und „kölscher Tön“ erstmals in Trier zu erleben.
Der im Trierer Messepark aufgebaute Circus bietet den seit Jahren bekannten Anblick. Vier große, mit dem Logo der Show bedruckte Spannbänder bilden in Verbindung mit dem cremeweißen Holzzaun die Front. Ergänzt wird diese von zwei erstklassig restaurierten Oberlichtwagen sie sind mittels einer geschlossenen Veranda verbunden und beherbergen Kasse und Büro. Die beiden naturholzfarbenen Wagen sind mit elfenbeinfarbenen Absetzungen versehen und erhaben aufgesetzte Buchstaben formen den Namenszug „Roncalli“.
Eines der typischen Roncalli-Chapiteau wurde mit einem optisch passenden, quadratischen Vorzelt kombiniert. Hier finden Restauration und ein großer Souvenirstand der Band ihren Platz. Einige Schiebeplanen-Auflieger und Container sind hinter dem Zelt abgestellt. Garderoben, Kantine und Sanitäranlagen sind darin untergebracht. Wohnwagen sind kaum vorhanden, da die Mitarbeiter und Artisten zumeist in Hotels logieren.
Auch das Chapiteau-Innere atmet das für Roncalli typische Flair. Elegante Logen mit Klappstühlen die rote Samthussen tragen, rotes Bankgradin, makellos hochglänzend lackierte Sturmstangen und schlanke runde Stahlmasten, der historische Artisteneingang und die dunkelblaue mit rotem Fachwerk versehene Zeltplane verleihen der Veranstaltung das typische Ambiente. Die Stelle der Manege nimmt eine erhöhte Bühne ein, auf deren hinterem Teil das Equipment der Band aufgebaut ist.
„Funambola – Capriolen des Lebens“ lautet das Motto der neuen Show und der Pressetext zur Show sagt Folgendes dazu: Funambola ist das italienische Wort für den Seiltanz und die Seiltänzerin. „Funambola“ eine muntere Geschichte zwischen Himmel und Erde, Oben und Unten, Männlich und Weiblich, Groß und Klein, Ying und Yang... Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Es geht eben nicht ohne einander. Dass der Drahtseilakt unseres Lebens nur miteinander gelingt, will die Höhner Rockin' Roncalli Show mit neuen Songs und innovativen Acts musikalisch und spielerisch unter Beweis stellen.
Auch in ihrer neuen Produktion treten die Höhner, bei denen Micki Schläger und Wolf Simon die Plätze der beiden ausgeschiedenen Gründungsmitglieder Peter Werner und Janus Fröhlich eingenommen haben, als Begleitband ihrer Artistenkollegen auf und begeistern mit zahlreichen ihrer Hits und neuen Kompositionen die Besucher.
Das Auftaktlied „Willkommen in unserer Show liebe Leute“ lässt die Stimmung im weiten Rund augenblicklich hochkochen und die „Karnevalsparty“ der Höhner Fans beginnen.
Nach dem kurzen Opening, dass das komplette Artisten-Ensemble tanzend auf der Bühne vereint, arbeitet Jose Henry Caycedo auf dem Elastikseil. Der kolumbianische Artist agiert im Habit eines Elfen und bietet eine Reihe hoher Sprünge und Saltos auf dem labilen Grund. Darüber hinaus ist er im Verlauf der Show immer wieder in die Auftritte seiner Kollegen eingebunden.
Die Novruzov Brothers würzen ihre feine Hand-auf-Hand Darbietung im Al Capone Stil mit reichlich Comedy. Die beiden nicht mehr ganz jungen Artisten bieten starke Tricks und stimmige Gags in flottem Wechsel und erstklassiger Abstimmung. Einen der beiden Herren erleben wir zu Beginn des zweiten Teils als „Komischen Dirigenten“ auf dem Schlappseil.
Mit einer sehr interessanten Darbietung wartet Davide Zongoli auf. Er hat den Chinese Pole zu einem Luftrequisit gemacht. Die kraftvoll ausgeführten Absteher und raffinierten Haltetricks gewinnen durch die Beweglichkeit des nur an seiner Spitze aufgehangenen und nicht abgesegelten Requisits eine neue Dimension. Seine Flüge und eleganten Bewegungsabläufe faszinieren die Besucher.
Die exzellent auf die Abläufe in der Manege abgestimmten Songs der Höhner sowie das ausgezeichnete Lichtdesign unterstützt sämtliche Artisten in idealer Weise.
Bert und Fred verblüffen und begeistern mit ihren außergewöhnlichen Auftritten. Fred, alias Frederique, kommt zumeist als taffe Lady im klassischen „Monsieur Loyal“ Kostüm – schwarze hohe Stiefel, weiße Reithose und roter Frack – auf die Bühne und bringt, für eine Circus Show, ungewöhnliche Requisiten – ein großes Messer, einen 5 Kg Hammer und Treppenleiter, eine Peitsche – mit. Mit unmissverständlicher Geste wird die Band zum schweigen gebracht und ein herrisches „Bert“ bringt den Partner auf die Szene. Das Messer saust aus der Kuppel auf eine kleine Zielscheibe zwischen den Oberschenkeln des auf der Bühne Liegenden. Der schwere Hammer pendelt weit mit viel Schwung durch den Raum und fegt einen Apfel von Berts Kopf. Die Peitsche durchtrennt schließlich eine von Bert gehaltene Salatgurke mit einem einzigen Schlag.
Der letzte Auftritt sieht das Paar an zwei parallelen Washington-Trapezen. Nach einer ansprechenden Trickfolge in der Luft finden nach und nach fünf Dartpfeile vom Trapez aus den Weg auf eine Scheibe, die Bert auf seinem Kopf balanciert.
Potapov Group nennen sich drei ukrainische Artisten, die mit zwei Darbietungen im Programm zu erleben sind. Zunächst präsentiert ein Paar ein flott ablaufenden Quick Change. Rasch und für viele Besucher überraschend wechseln die Kostüme der Dame. Als der Herr gleiches versucht, steht er zunächst im Kleid und nach einem weiteren Versuch in Windeln auf der Bühne. Die Comedy-Einlage lockert den Auftritt gekonnt auf und sorgt für eine unverwechselbare, eigenständige Note.
Im zweiten Auftritt arbeitet der weibliche Part mit einem anderen Partner an den Strapatentüchern. Routiniert werden die gängigen Tricks des Genres geboten, doch die geringe Höhe in der das Duo auf Grund der Zelthöhe und der Bühne schwebt, beeinträchtigt die optische Wirkung des Auftritts.
Das Duo Unity erzählt mit seinem Auftritt im Cyr-Rad eine Love Story. Scheinbar schwerelos schweben die beiden ihren Reigen im Rad über die Bühne.
Jordan McKnight beeindruckt mit einer einmaligen Kontorsion-Darbietung. Die sehr zierliche Artistin faltet sich zu Beginn ihres Auftritts aus einem durchschnittlichen großen Koffer, der auf der Bühne steht. Mit unglaublicher Geschmeidigkeit und Selbstverständlichkeit bringt sie ihren Körper in die extremsten Positionen. Weich und fließend, wie ansonsten fast nicht zu erleben werden die Figuren ausgeführt und verschiedene Handstände belegen ihr Gleichgewichtsgefühl und ihre Kraft.
Die vier Artisten der ukrainischen Formation „Crazy Flight“ bieten stimmige Hand-auf-Hand Akrobatik. Die typische Trickfolge, wie sie von verschiedenen Truppen geboten wird, wird in erstklassiger Weise gearbeitet und reißt das Publikum förmlich von den Sitzen.
Beide Programmteile enden mit einem Auftritt der Truppe „Sol de Cuba“. Die neun kubanischen ArtistenInnen lassen die Stimmung im Zelt überkochen. Ihre temperamentvollen, von südamerikanischer Lebensfreude und viel Tanz geprägten Auftritte erhalten durch die perfekt harmonierende Musik der Höhner noch einmal zusätzlichen Drive. Vor der Pause erleben wir die Seilspring-Darbietung mit vielen hochkarätigen Abläufen. Auch Höhner-Mitglied Jens Streifling macht mit und sehr schnell wird deutlich, wie viel Kraft und Präzision für diesen Auftritt von Nöten sind.
Der finale Auftritt an der Russischen Schaukel sorgt noch einmal für mächtig Furore. Die erste Serie der hohen und weiten Sprünge wird auf einem Kissen gelandet. Sprung zum stangengestützen Vier-Mann-Hoch, dreifacher Salto in einen Sessel und der abschließende Sprung durch einen Reifen in großer Höhe sind die Höhepunkte der Darbietung.
Gleich zu Beginn des großen Finales erhebt sich das Publikum von den Sitzen und überschüttet die Akteure mit tosenden Ovationen bis zum letzten Augenblick der erstklassigen Show. Kleine Zugaben der Artisten, abklatschen mit den Musikern, der Dank an Requisiteure und Techniker, der Walzer mit Besuchern - die Akteure feiern sich und gemeinsam mit ihrem Publikum.
Natürlich wird die Band mit „Zugabe“-Rufen, den bereitwillig nachgegeben wird, auf der Bühne gehalten. Noch einmal bevölkern die Artisten die Szene, dann fällt der Vorhang endgültig. Für die Höhner ist allerdings noch nicht Schluss, gilt es doch im Vorzelt die zahlreichen Foto- und Autogrammwünsche der Fans zu erfüllen.