Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS HUMBERTO
Ridderkerk, 19. Juni 2010

www.circushumberto.de
In den letzten Jahren haben sich einige deutsche Familiencircusse die Niederlande als Reisegebiet erkoren. Seit dem Frühjahr ist auch der Circus von Joschi Ortmann dort unterwegs. In Ridderkerk, einer Stadt im Speckgürtel von Rotterdam, hatte der Circus einen schmalen Wiesenstreifen als Gastspielgelände von der Verwaltung erhalten.
Der Viermaster in traditioneller Formgebung, mit zahlreichen Sturmstangen versehen, ist genau wie das gesamte übrige Material des Circus in sonnengelb mit roten Absetzungen gehalten. Das Vorzelt fand auf diesem Platz keinen Raum, so steht der Verkaufswagen im Freien. Ein Vordach zwischen Kasse und einem weiteren Wagen und einige Zaunelemente formen die Front. Der Fuhrpark besteht größtenteils aus Circuswagen verschiedener Bauarten. Alle Wagen sind sauber und makellos in den Circusfarben lackiert und tragen in aufgesetzten dunkelgrünen Buchstaben den Namen des Unternehmens.
Den drei Löwen stehen zwei Wagen, einer davon ist als offener Käfig ausgebildet, zur Verfügung. Für die weiteren Vierbeiner steht ein großer Stall mit geräumigen Boxen bereit.


Die Niederländer sind restlos fußballverrückt, ganze Straßenzüge sind mit Fahnen und Wimpeln geschmückt und an diesem Vormittag gehen viele in Fankluft maskiert einkaufen da in wenigen Stunden ein WM-Spiel ihrer Mannschaft stattfindet. Obwohl Fußball und Circusvorstellung sich zeitlich überschneiden finden relativ viele Besucher den Weg zur Vorstellung.
Bei der Einrichtung des im Innern blauen Chapiteaus überwiegt der Farbton rot. Die Logen tragen goldene Ornamente, sind mit gepolsterten Stühlen ausgestattet. Hinter einer weiteren Stuhlreihe steht ein sechsreihiges Gradin mit Holzbänken. Der Artisteneingang wirkt edel mit seinem goldenen Besatz auf dem weinroten Tuch.

Das komplette Programm wird von der Familie bestritten. Die Rolle des Sprechstallmeisters übernimmt Carmen Ortmann. Sie moderiert die Show in holländisch und nur wenig deutsch fließt mit ein. Direktor Joschi Ortmann zeigt eine gut laufende Pferdefreiheit mit vier Tieren. Ruhig und sicher laufen diese ihre Figuren. Im weiteren Verlauf der Vorstellung stellt der Dresseur ein weiteres Duo Großpferde vor, denen als Da Capo drei muntere Ponys folgen.
„Raubtiercircus“ steht auf den Plakaten bei Humberto und so ist es nur folgerichtig, dass der zweite Programmteil mit einer Vorführung im Zentralkäfig startet. Zwei Löwinnen und ein Löwe werden von Joschi Ortmann vorgestellt. Routiniert agiert der Vorführer, lässt Pyramide, Sprünge, Balkenlauf, Bar und Teppich ausführen, die Katzen dabei des Öfteren zu Prankenschlägen und fauchen provozierend.

Zwei starke akrobatische Nummer arbeitet Roberto Ortmann. An zweiter Stelle im Programm brilliert er mit seinem Flaschenstuhl. Auf einem beinahe zwei Meter hohen Gestell beginnt er im Schwarzlicht seine Stuhlpyramide aufzubauen. Ein paar Lichteffekte während er an Höhe gewinnt, dann erfolgt der Handstand auf der Spitze des Stapels direkt unter der Kuppel im hellen Scheinwerferlicht.

Als Finalnummer wurde seine klassische Handstandequilibristik platziert. Kraftvoll und elegant werden die Tricks vorgetragen. Lange verharrt er in vorbildlicher Haltung auf den Händen beim Auf- und Abbau des Klötzchenturms. Sein Abgang erfolgt auf den Händen die hohe Treppe von seinem Tisch hinab.
Zudem gibt er in mehreren Reprisen den Clown. Hier überzeugt er besonders in seiner ersten Szene als geschickter Jongleur, der drei Keulen auch auf ungewöhnliche Art zu handeln versteht. Von den übrigen zwei oder drei Reprisen bleibt nur sein seilspringen mit Zuschauerkindern haften.
Unter dem Künstlernamen Silvano Adriano zeigt ein junger Mann, die übrige Zeit während der Show arbeitet er als Requisiteur, sein Können als Diabolojongleur. Es ist ein sehr kurzer Auftritt, der einige der üblichen Routinen enthält.

Zwei weitere Dressurnummern sehen Gino als Vorführer. Eine liebevoll gestaltete Ziegenrevue findet bei den kleinen Zuschauer großen Anklang. Ein großrahmiger schwerer Ochse ist ebenfalls involviert, bildet bei der Pyramide den Mittelpunkt und dient als Podest bei Sprüngen. Es fällt auf, dass die Ziegen vollkommen selbständig, nur auf kleine Zeichen reagierend arbeiten. Im zweiten Auftritt präsentiert Gino die Exoten des Circus. Ein Dromedar und zwei Kamele werden von einem Watussi sowie einem ungarischen Steppenrind und einem weiteren Dromedar abgelöst.
Gino steht nicht nur als Vorführer in der Manege, er präsentiert sich auch artistisch mit einer Luftnummer. Von Flicflac inspiriert zeigt sich die Einleitung seiner Arbeit an den Strapaten. In Mönchskutte mit Fackeln und zur typischen Musik marschiert er vom Haupteingang entlang des Gradin zur Manege. Mit seiner schönen Arbeit an den Strapaten beweist er seine Kraft und Geschicklichkeit. Viele Tricks des Genres werden souverän vorgetragen.

Gleichfalls mit einer Nummer unter Kuppel sehen wir Romina. Ihre Kür an den Tüchern gefällt durch die gute Präsentation und Trickfolge.
Eine dritte Luftnummer sieht Miguel am Schwungseil. Ungesichert arbeitet der junge Mann seine Kür. Nach einigen Abfolgen am ruhenden Requisit, u.  a. Genickhang, wird eine Reihe Aktionen in vollem Schwung geboten.
In zwei weiteren Darbietungen ist Miguel präsent. Gemeinsam mit Romina wird eine Nummer auf dem Seil gestaltet. Zuerst ist es an Romina ihre Schritte vorzuführen. Nachdem sie ihre Evolutionen beendet hat folgen die Passagen von Miguel. Auch er versteht es, sich elegant und sicher auf dem Seil zu bewegen. Mit einem Spagat des Artisten findet die Darbietung ihren Abschluss.  Anders ist der gemeinsame Auftritt mit Daniela aufgebaut. Parallel und weitgehend synchron lassen die beiden die Hula Hoop-Ringe kreisen. Schwungvoll und mitreißend werden die üblichen Abläufe präsentiert.

Das Finale vereint die Familie mitsamt dem etwa dreijährigen Enkel des Direktors, spielerisch darf er seinen Vater in einer Reprise begleiten, in der Manege. Der lebhafte Beifall, niemand verlässt vorzeitig seinen Platz, Publikums zeigt, wie gut dieses unterhaltsame starke Programm eines Familiencircus gefallen hat. 
optimiert