Text und Fotos Friedrich Klawiter
MOSCOW STAR CIRCUS
Lüttich, 03. April 2010

www.moscoustarcircus.tk
Die Gastspielstädte des Circus der Familie Jarz waren bisher meist Teilen im flämisch sprechenden Teil Belgiens gelegen. Nun war man zu einem rund vierwöchigen Aufenthalt in die wallonische Metropole gereist. Inmitten der Altstadt, auf einem attraktiv gestalteten kleinen Platz gastieren die Circusse in Lüttich.
Die Kasse und ein weiterer Auflieger bilden die Front, die die gesamte Breite des Platzes einnimmt. Das bekannte rote Chapiteau füllt in Verbindung mit dem Vorzelt die Fläche, wird von weiteren Fahrzeugen eng begrenzt.

Im hinteren Bereich des Geländes gruppieren sich auf der einen Seite die Artisten-Wohnwagen und auf der anderen finden wir die beiden geräumigen Ställe. Dazu noch eine lange Reihe Sattelauflieger – und der Platz ist restlos ausgefüllt.

Mit einer Ansage aus dem Off begrüßt Remo Jarz die Anwesenden, der Ringmaster des Hauses tritt nur im flämischen Landesteil in Aktion. Eine kleine Lasershow wurde neu angeschafft und wird nicht nur zum Opening sondern fast während des gesamten Programms geboten.
Traditionell beginnt die Show dieses Circus mit dem Exotenzug. Ruhig und souverän führt Remo Jarz die drei Kamele, drei schottische Hochlandrinder und vier Lamas vor. In unerschütterlicher Ruhe ziehen die Tiere ihre Bahnen in den Manegensand und absolvieren die erlernten Figuren.

Die ungarischen Artisten Cathy und Yozo Farkas verbringen eine weitere Saison im Moscou Star Circus. Die junge Frau jongliert sicher und virtuos. Sie eröffnet die Nummer mit einem Röhrenkubus. Anschließend werden selten zu sehende Requisiten eingesetzt. Zwei Kugeln sind mit einem etwa sechzig Zentimeter langen Seilstück verbunden. Bis zum fünf solcher Gebilde beherrscht Miss Cathy zur gleichen Zeit.
Clown Yozo ist mit einigen Reprisen präsent. Nachhaltigen Eindruck hinterlässt seine Jonglage mit drei Zigarrenkistchen. Zudem 'kämpft' er mit den Tücken eines Mikrofon, übt sich, zur Freude der kleinsten Besucher, im „Gummihuhn-mit-einer-Bratpfanne-fangen-Weitwurf“.


Die beiden Töchter der Direktion, Valentina und Linda - Mädchen von ca. neun und zwölf Jahren, sind gleichfalls als Vorführerinnen in der Manege zu sehen. Mit großer Ernsthaftigkeit, Disziplin und vollkommen selbständig agieren die beiden Mädchen in der Manege. Zuerst dirigiert die größere der Schwestern sechs Ponys zu ihren Lauffiguren. Anschließend lässt die jüngere Schwester ein Pony vielfältige Figuren durch vier große Metallringe laufen.
Stefania, die Schwester von Remo und Emiliano Jarz ist eine unverzichtbare Größe in jedem Programm des Moscou Star Circus. Ihre attraktive Antipoden-Darbietung gefällt immer wieder aufs Neue. Bis zu fünf große Bälle bzw. vier kleine Teppiche werden virtuos und sicher jongliert. Geschmackvolle, chique Kostüme und die rotierende Trinka geben dem Auftritt den letzten Drive.

Auf dem schnell verlegten Holzboden lassen die vier 'Argentinian Devils', Walter Paz mit seiner Truppe, die Bolas kreisen. Die übliche Kombination von Bola und wildem trommeln findet hier eine Erweiterung. Ponchos werden im Stile von Fahnenschwenkern umhergewirbelt. Den Schlusspunkt setzen die Bolas mit den brennenden Schnüren.

Aus organisatorischen Gründen müssen alle Tiernummern im ersten Programmteil arbeiten. In Lüttich  gastiert man, anders als in den übrigen Saisonstädten, als „Cirque sur l' Eau“ - als „Circus unter Wasser“ da man diese Vorstellungsform hier noch nicht anbot.
So wird der Holzboden flott wieder entfernt und Emiliano Jarz stellt seine Cavalerie vor. Acht andalusische Schimmel in blauem Geschirren werden gekonnt und schwungvoll präsentiert. Zu irischen Folkloreklängen werden die Lauffiguren souverän dargeboten. Einige Da Capi, zunächst vier Pferde, dann mehrere Einzelsteiger runden die Nummer ab, zeugen vom großen Können des Dresseurs.

In der Pause wird in sehr kurzer Zeit von der nur wenige Personen umfassenden Requisiteurscrew die Wassermanege mit der erforderlichen Technik errichtet. In bekannter Art füllt ein Wasserfall von oberhalb des Artisteneingangs eindrucksvoll das Becken. Im Moscow Star Circus ist in der Zeltkuppel ein Beleuchtungsring vorhanden, der ein Rohr trägt, aus dem sich während der ganzen Wassershow ein Regenvorhang in die Manege ergießt.

Mit der ersten Darbietung in der Kuppel startet der zweite Teil. Eine junge Frau agiert an einem eigenwilligen Requisit – einer kurzen Leiter. Sie beginnt und endet ihre Arbeit mit kurzen Zopfhangsequenzen. Die Aktionen an der 'Leiter' sind diejenigen, wie sie ansonsten am Ring geboten bekommt.
Als 'Duo Latino' sehen wir Cathy und Yozo mit einem 'komischen Tanz'. Zu verschiedenen Rhythmen werden eine Reihe von Slapstick-Tricks geboten.

Auf der Bühne der Wassermanege  erscheint Stefania Jarz als Nixe. Nach einigen kurzen Posen entledigt sie sich ihrer Flossen und zeigt ihre schwungvolle Hula Hoop-Nummer.
'Golden Pyramid' nennt sich ein Artistenpaar, dass mit seiner kraftvollen Adagio-Akrobatik zu überzeugen versteht. Eine umfangreiche Trickfolge, die auch ausgefallene Posen bietet, wird gekonnt und elegant vorgetragen.


Der mexikanische Hochseilartist Marco Polo, ein Artist im reifen Alter, beweist, dass er sein Metier beherrscht. Beim freien Stand auf einem Stuhl lässt er diesen im Takt der Musik kippeln. Zum Höhepunkt seiner Evolutionen bindet er sich weite Körbe um die Füsse, zieht sich zwei schwarze Kapuzen über den Kopf, nimmt seine Balancierstange und geht los. Die allermeisten Zuschauer zucken zusammen, als er ins Leere tritt und kopfüber nach vorne stürzend 'gerade noch so' das Seil fassen bekommt. Er verkauft den Scheinsturz sehr gut. Anschließend quert er das Seil mit Körben an den Füssen und doppelt verbundenen Augen. Zusätzlich verlöschen nach den ersten Schritten die Lichter, so dass der Artist erst wieder beim erreichen der gegenüberliegenden Plattform zu sehen ist.

Die einzige Aktion im oder mit dem Wasser sind die illuminierten Fontänen, die untrennbar mit dieser Präsentationsart verbunden sind. Zu klassischer Walzermusik sprühen die Fontänen in immer wieder neuen Formationen empor. Sie leiten dann zum kurzen Finale über. Dessen Gestaltungsmöglichkeiten sind durch die wassergefüllte Manege naturgemäss limitiert. Die Mitwirkenden nehmen auf der Piste Aufstellung, wobei sie  bedingt durch Anordnung der Beleuchtung leider ziemlich im Dunkeln verbleiben. Remo Jarz stellt seine Artisten vor und verabschiedet das zufriedene Publikum in einen regnerischen Ostersamstagabend.
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