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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS KRONE
Rastatt, 14. Mai 2016

www.circus-krone.com
Krone bleibt Kone – auch im einhundertundelften Jahr seines Bestehens bleibt Europas größter reisender Circus seinem seit vielen Jahren bestehenden Konzept treu. Mit der Show „Evolution“ reist das Münchner Unternehmen nun in der zweiten Saison.
In Rastatt gastierte der Circus auf dem Segelfluggelände. Auf dem langen, schmalen Geländestreifen der dem Circus zur Verfügung stand, waren Café-Zelt und das große Chapiteau aufgebaut. Kasse, Büros, Garderoben, die Wohnwagen der Direktion und wenige weitere Fahrzeuge waren um die Zelte platziert. Die riesige mit Liegeplätzen, Wasserbecken, „Spielzeugen“ und viel Grün strukturierte Raubtieranlage von Martin Laceys Löwen und Tiger nimmt breiten Raum ein. Die Behausung und Freigehege von Nashornbulle „Tsavo“ ist gegenüber plaziert. Der langgestreckte Pferdestall, die Ställe der Elefanten und Exoten mit ihren Außengehegen und Koppeln nehmen den weiteren Raum in Anspruch und die Seelöwenanlage der Familie Duss sowie die Papageien-Volieren von Alessio Fochesato komplettieren das Arrangement auf dem Gelände.
Die Wohnwagen der Mitarbeiter und Artisten, die Werkstätten und die große Anzahl der Transportfahrzeuge musste auf einem anderen, entfernt liegenden Gelände abgestellt werden. Ein betriebsinterner Buspendeldienst wurde zwischen den beiden Plätzen eingerichtet.

Die Show zeigt sich zum Vorjahr geringfügig verändert, während der Präsentationstil leider – bezogen auf die musikalische Begleitung – beibehalten wurde.
Nachdem Fumagalli und Daris das Publikum mit einer Reprise, es gilt eine Flasche auf einem Stab zu balancieren, zum Ende des Einlasses angewärmt haben, beginnt das Programm mit der für Krone typischen Parade. Das große Ballett tanzt zu Michael Jackson Melodien und das Gros der Artisten kommt die Showtreppe hinab in die Manege und wird beim Erreichen eines kleinen Podest in der Mitte mittels einer Stimme aus dem Off vorgestellt. Die Truppe Khadgaa zeigt Ausschnitte ihrer Seilsprung-Nummer und Clown Tonito Alexis treibt erste Späße mit dem Publikum. Stefania Jarz arbeitet einige Tricks ihrer erstklassigen Antipoden Darbietung auf der Trinka, die zwischen Piste und den vorderen Logen platziert wurde. In der seit Jahrzehnten unveränderten Begrüßungsformel verspricht uns Abendregisseur und Sprechstallmeister Nicolai Tovarich „Attraktionen in der Manege, auf der Bühne und in der Luft“.
Drei Seelöwen und Terrier „Maylo“ folgen Petra und Roland Duss in den roten Ring. Die spektakuläre Spitzendarbietung bietet Tempo, Originalität, Trickreichtum, Präzision, Ausstrahlung und Esprit. Einzigartige Tricks, wie z. B. der Ritt des Hundes auf einer Robbe, selbständiges Kopfballspiel zweier Robben miteinander, weiterreichen eines Balles über alle Schnauzen und zurück und einige andere mehr, werden perfekt ausgeführt.
Fumagalli und Daris erobern die Manege zu ihrem ersten Entree. Mit flotten Sprüchen und Klamauk werden die Kaskaden auf und über einen Tisch von den beiden Erzkomödianten gewürzt.
James Puydebois bringt die Wappentiere des Hauses Krone in den roten Ring. Drei asiatische Elefanten, mit Figurantinnen beritten, zeigen in einem tiergerechten Ablauf ihr erlerntes Können. Kopfstand, Hochsitzer und Pyramide sind die akrobatischen Tricks in diesem Elefantenballett.

Die Truppe Khadgaa präsentiert eine eindrucksvolle Melange aus Kraftjonglage und Handvoltigen, die mit folkloristischen Elementen dargeboten wird. Markanter Kehlkopfgesang eines Truppenmitgliedes begleitet die in stetem Wechsel der beiden Genres ablaufende Trickfolge. Die Voltigeusen fliegen bis hinauf zum Vier-Mann-Hoch und in weitem Bogen von einem zum anderen Porteur. Schwere Metallkugeln werden scheinbar ohne Anstrengung jongliert, gewaltige Hantel umhergewirbelt und schließlich demonstriert der junge Koloss nachdrücklich seine Kraft, indem er eine Konstruktion, an der vier schwere Metallkugeln hängen und auf der vier Truppenmitglieder Platz nehmen, nur mit seinen Zähnen hochhebt. Zwei Untermänner stehen rücklings in der Brücke und auf ihren Körpern errichtet die Truppe eine hohe menschliche Pyramide.
Einen zusammenhängenden Show-Block bilden die Pferdevorführungen und in diesem Zusammenhang hat das Ballett seinen einzigen Auftritt außerhalb von Opening und Finale. Als „Husaren“ leiten acht Tänzerinnen die Hohe Schule, die Jana Mandana auf einem golden schimmernden prächtigen Hengst reitet, ein und „exerzieren“ auch in der Manege. Als Begleitmusik wurden u.a. Radetzky sowie Hoch- und Deutschmeistermarsch gewählt. Ein längerer Ballettblock, der ungarische Folklore zum Thema hat, verschafft der Juniorchefin des Hauses Zeit zum Kostümwechsel. Die fünfzehn Tänzerinnen und Tänzer treten in den verschiedensten Formationen als „Zigeuner“ in Erscheinung, schlagen Tamburins und imitieren Geigenspiel und entsprechende Operettenmelodien begleiten die Szene.
Zunächst präsentiert Jana Mandana einen Zehner-Zug Schimmelhengste. In ruhiger Gangart erfolgen die unterschiedlichen Lauffiguren. Alsbald füllen zehn dunkelbraune, dekorativ mit roten Geschirren aufgezäumt, großrahmige Hengste die Manege und zeigen ihr erlerntes Können. Einige Da Capo Steiger runden den Auftritt ab.
Auf einem schweren Motorrad kommt Crazy Wilson in den roten Ring und enthüllt, unterstützt von zwei Tänzerinnen, das riesige „Motorrad“ in der Kuppel. Mittels aufwändiger Verkleidung vermittelt das Todesrad die Illusion eines schweren Bike. Nachdem die Verkleidung des vorderen Kessels entfernt ist, ohne das der Artist auch nur einmal des Effekts wegen, das „Bike“ bestiegen hätte, arbeitet Wilson seine bekannte Trickfolge. Drei Saltos auf der Außenbahn des Rades sind der umjubelte Höhepunkt der Darbietung.

Den eindeutigen Höhepunkt der Show erleben wir nach der Pause mit Martin Lacey jun. großer Raubtiergruppe. Sechsundzwanzig Tiere – normalfarbene und weiße Löwinnen und Löwen sowie zwei weiße und ein normalfarbener Tiger - vereint der charismatische Dompteur in einer mitreißenden Dressurfolge. Mit einer eindrucksvollen Pyramide aller Tiere nimmt der Auftritt Fahrt auf. Großartig und effektvoll der Anblick von zweiundzwanzig in einem vollendeten Kreis um dem Tierlehrer hochsitzenden Löwen. Scheinangriffe eines Löwenmannes, Teppich, verschiedene Sprungvarianten und Schmuseszenen sind weitere Elemente dieser außergewöhnlichen Dressurschöpfung. Vier Löwen liegen auf dem am Boden liegenden Dompteur ab, decken ihn mit ihren Körpern zu. Der Sprung einer Löwin führt über den sich niederwerfenden Tierlehrer hinweg und ein Tiger zeigt einen hervorragenden Hinterbeilauf. Mit enormem Sprungvermögen „erjagt“ ein weiterer Tiger ein hoch über der Manege an einem Haken baumelndes Stück Fleisch. Martin Lacey hat eine Dressurgruppe zusammengestellt, wie man sie in Größe und Trickreichtum leider fast nicht mehr geboten bekommt. Chapeau.
Nachdem der Zentralkäfig entfernt ist, umrundet die Exotenkarawane zwei Mal die Manege, Nashornbulle Tsavo trat in der besuchten Vorstellung nicht in Erscheinung.

Jongleur Picasso jun. fehlt in dieser Saison bisher aus gesundheitlichen Gründen und so fand das Programm mit den anmutigen Papageien von Alessio Fochesato seine Fortsetzung. Die Tricks mit Zuschauerbeteiligung und die „akrobatischen“ Übungen der Aras kommen ausgezeichnet an. Die eleganten lautlosen Flüge der großen Papageien kommen in diesem riesigen Raum besonders gut zur Geltung.
Mit seinen vielseitigen Reprisen ist Clown Tonito Alexis das verbindende Element zwischen den verschiedenen Darbietungen. Gekonnt greift er mit seiner Kraftjonglage die vorangegangene Attraktion noch einmal auf. Er balanciert ein Tablett auf einer hohen Stange auf dem Kopf - bis einem Requisiteur ein Missgeschick passiert. Eine brennend verspeiste Kerze lässt plötzlich ihr Licht an seinem Hinterteil leuchten. Als Elvis Double reißt er das Publikum mit erstklassiger Performance und hervorragend nachempfundenen Kostüm mit. Einige verzauberte Momente schafft sein gekonntes Spiel auf der Trompete und dem Saxophon.
Schließlich ist er der elegante Weißclown wenn es heißt „Bienchen, Bienchen gib mir Honig“. Mit großer Spielfreude geht das Trio zu Werke und in flottem Ablauf reihen sich die Gags aneinander.
Die Flugtrapez-Darbietung der „Flying Zuniga“ wird nach wie vor als Finalnummer gezweigt. Ein Flieger und zwei Fliegerinnen bieten einige erstklassig ausgeführte Tricks des Genres. Gestreckter Doppelsalto und Dreifacher mit verbundenen Augen sind die hervorstechenden Elemente des Auftritts.
Das geradezu klassische Krone-Finale folgt der seit Jahrzehnten unveränderten Choreographie. Das Ballett schafft den optischen Rahmen und die Artisten kommen über die Showtreppe zum kleinen Podium in der Manegenmitte. Eine Stimme vom Band stellt sie mit Namen unter Nennung des in Monte-Carlo erhaltenen Clowns vor. Die Anzahl der goldenen, silbernen und bronzenen Clowns ist beeindruckend und unterstreicht, dass diese Show fast ausschließlich in Monte-Carlo hoch dekorierte Artisten versammelt sind. Schließlich nimmt Jana Mandana Lacey-Krone, von zwei Tänzern flankiert, den zentralen Platz auf dem kleinen Podium ein und Nicolai Tovarich verabschiedet von der Bühne herab die Besucher mit der traditionellen Formel, in der uns Christel Sembach-Krone ein baldiges Wiedersehen und einen angenehmen Heimweg wünschen lässt.