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Text und Fotos Friedrich Klawiter
30. GRANDE FÊTE LILLOISE DU CIRQUE
Lille, 05. November 2016

www.lagrandefetelilloiseducirque.com
Die „30. Grande Fête Lilloise du Cirque“ feierte mit ihrer diesjährigen Produktion ihr großes Jubiläum mit einem wahrlich bombastischen Programm. Macher und Seele des Unternehmens Thierry Fééry übernahm schon im Jahre 1997 das von Jean Pierre Panier zehn Jahre zuvor gegründete Festival. Als erste einschneidende Massnahme verlegte Direktor Thierry Fééry die Grande Fête aus dem Stadttheater von Lille ins Grand Chapiteau. Unter seiner Ägide wuchs das Festival unaufhörlich und gehört seit Jahren, mit seinem imponierenden, nur die besten Acts bietenden Programmen, zu den zwei bis drei Topveranstaltungen des europäischen Circus.
Zum Jubiläum konnte leider aus bautechnischen Gründen nicht auf dem angestammten Platz, auf dem Champs du Mars das Chapiteau aufgebaut werden. Man wich auf ein circa fünfhundert Meter entfernt liegendes Rasengelände aus.
Die mächtigen eleganten weißen Zeltanlagen mit den außenliegenden Masten fanden erstmals Ergänzung in einem quer vor dem traditionellen Vorzelt stehenden rechteckigen Dinner- und Gastrozelt. Dieses präsentiert sich den Besuchern mit einem lichtdurchfluteten Innenraum, komfortablen Sitzgelegenheiten und einer modernen Grillstation.
Das große Vorzelt glänzt mit einem gut ausgestatteten Barwagen, der sich hervorragend in die Dekoration des Zeltes einfügt.
Gewaltig auch das Gradin - siebzehn Reihen Einzelklappsitze füllen das Chapiteau, das im Innern keinerlei Sichtbehinderung durch Masten aufweist, vollkommen aus. Auf dem hohen prächtigen Artisteneingang aus blauem Samt haben Orchesterleiter Kristof Majewski und seine acht Musiker ihren Platz. Der exquisite Klangkörper unterstützt die auftretenden Artisten in eindrucksvoller Weise.
Eine ringförmige Gitterrohrträgerkonstruktion hoch über der Piste trägt die voluminöse Lichtanlage, die, virtuos eingesetzt, mit eindrucksvollem Design und vielerlei visuellen Effekten aufwartet.

Zum dreißigsten Jubiläum wurde ein Programm  erstklassiger Künstler  zusammengestellt. Wobei anzumerken ist, dass es fast unmöglich erscheint, die "normalen" Programme der Vorjahre toppen zu können. Vier verschiedene große Truppen, vier hervorragende Dressurnummern, zwei Komiker bzw. Clowns, und zahlreiche hervorragende Einzelartisten bzw. Duos begeistern in einer mehr als dreistündigen Show die Massen.
Im Prolog tauscht Bello Nock schnell den Besen, mit dem er die Piste fegen soll gegen ein starkes Gebläse aus, mittels dessen er einen riesigen Ballon mit Luft füllt und schließlich in ihm verschwindet.
Acht TänzerInnen geben der Show in diesem Jahr mit ihren glamourösen Auftritten einen festlichen Rahmen und Monsieur Fééry glänzt als „Monsieur Loyal“ seines Festivals mit unvergleichlicher Eleganz. Charmant und mit großer Begeisterungsfähigkeit bringt er dem Publikum seine Artisten nahe.
Mit einem ersten Highlight beginnt die Nummernfolge. Die zwölf jungen Artistinnen der Hebei Acrobatic Troupe präsentieren ihr Können auf Fahrrädern. Gekonnt folgen die typischen Tricks, bis hin zur gemeinsamen Fahrt von neun Artistinnen auf einem Fahrrad aufeinander. Höhepunkt der Darbietung sind die verschiedenen Ikarier-Tricks, die auf einem speziellen Rad ausgeführt werden. Über der Fahrerin ist eine Trinka installiert, auf der die Porteurin die - Longen gesichert  - Voltigeuse auf ihren Füßen balanciert.
Der mexikanische Jongleur Pablo Martinez, vor einigen im zweitgrößten Circus Deutschlands zu erleben, manipuliert temperamentvoll weiße Keulen. Gekonnt und souverän werden die zahlreichen Routinen gearbeitet. Bis zu fünf Tischtennisbälle werden mit dem Mund jongliert, ehe die abschließenden schwungvollen Touren mit Sombreros den Künstler auch im Zuschauerraum agieren lassen.

In der ersten Dressur-Darbietung sind Aydn Israfilov und der Makake "Ronny" zu erleben. Im harmonischen Zusammenspiel arbeitet er akrobatische Tricks mit dem Einrad fahrenden Artisten. Eine gelungene Partnerjonglage schließt sich an. Das Tier fängt die zugeworfenen Ringe und Bälle, wirft sie im richtigen Tempo zurück, greift Bälle aus dem Muster und fügt sie wieder ein.
In einer neu einstudierten Nummer präsentiert Aydn Isarfilov drei Terrier und zwei Bobtails im Zusammenspiel mit drei Eseln. In dem fröhlich und spielerisch wirkenden Ablauf reiten die Hunde auf den Grautieren, springen gekonnt auf und ab und wechseln ihr Reittier im vollem Lauf.
Der Grandseigneur der Pferdedressur, Sacha Houcke, ist mit einer formidablen Freiheitsdressur zu erleben. Neun edle, temperamentvolle Hengste in drei Farben zeigen in exzellenter Manier vielfältige Abläufe. In wechselnden Formationen erfolgen, unter der souveränen Peitschenführung des Meisterdresseurs, die abwechslungsreichen Figuren. In herausragender Weise, völlig ohne Hilfe von Bereitern, formt Sacha Houcke die Pferde zu einem Karussell auf drei Zirkeln. Als Da Capo werden drei Friesen als Korbpferde geboten, ehe die Darbietung mit einer Reihe exzellenter Steiger ihren gelungenen Abschluss findet.
Der jugendliche Amedeo Folco jr. präsentiert seine beiden Elefanten "Baby" und "Sharon" ganz in der Tradition seines Großvaters Amedeo Folco und seiner Mutter Adriana. Auch er bietet eine Auswahl an exquisiten Tricks. Temperamentvoll und gekonnt lässt der jugendliche Vorführer seine beiden mächtigen Dickhäuter ihr erlerntes Können ausführen. Laufarbeit und Akrobatik vereinen sich harmonisch zu einem abwechslungsreichen und tiergerechten Ablauf.

Nachdem Bello Nock bei seinem vorjährigen ersten Engagement auf der Grande Fête Lilloise in erster Linie akrobatisch in Erscheinung trat, sehen wir ihn dieses Mal mit bekannten Reprisen. Im ersten Programmteil bietet er mit sechs Mitspieler eine Kombination der "Reise nach Jericho" und - nachdem die beiden ersten Kandidaten ausgeschieden sind - die "vier Stühle". Eine clowneske Luftnummer an Bungee-Seilen sorgt genauso für Heiterkeit auf den Rängen, wie der abschließende Applauswettbewerb.
Als zweiter Komiker ist Tito Lester im Programm zu erleben. Im ersten Teil der Show tritt er im Outfit eines Kochs in Erscheinung und jongliert, gewürzt mit einigen Gags, mit diversen Küchenutensilien. Wenig später ist Tito Lester mit seiner seit vielen Jahren bestens bekannten Version der "Filmszene" zu erleben.
Erstklassige Hand-auf-Hand Arstistik bieten die "X'treme Brothers". Elegant und mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit werden viele anspruchsvolle Abläufe des Genres kraftvoll dargeboten.
Die ukraninische Truppe "Yarov's" ist mit Akrobatik auf "fliegendem" Perche zu erleben. Mit den Voltigeuren auf der Spitze werden die hohen Metallstangen von der Schulter eines zum anderen Porteur im "Flug" weitergereicht. Allerdings sind die gezeigten Tricks nur unter aktivem Einsatz von Longen möglich.

Die Strapaten-Darbietung des Duo "Desire Of Flight“ fasziniert die Besucher. Hier manifestiert sich der Raum vom fliegen in eindrucksvoller und harmonischer Weise. Elegante Partnertricks erfolgen gekonnt und mit weiten Flügen wird der Luftraum des Chapiteau ideal genutzt.

Ein weiteres Highlight der Show bieten die Mesa Brothers nach der Pause auf dem Hochseil. Die sieben, mit südamerikanischer Lebensfreude agierenden Kolumbianer bieten ein ungeheuer umfangreiches Spektrum an Tricks, die zumeist in doppelter Ausführung perfekt gearbeitet werden. Aufgang übers Schrägseil, Bockspringen, 2-Mann-Hoch, Seil springen und Rad fahren gehören beispielsweise zum Gebotenen. Die Sprünge über einen, zwei und drei auf dem Seil sitzende Partner lassen die Spannung im Gradin steigen. Beeindruckende Höchstleistung des Auftritts ist die legendäre Sieben-Mann-Pyramide auf dem Seil. Gekonnt und ruhig wird die Formation eingenommen und ein Kopfstand auf der obersten Etage mitten auf dem Seil ausgeführt bildet den Höhepunkt der formidablen Arbeit.
Eine weitere vorzügliche Darbietung auf dem Seil, dieses Mal ein Schlappseil, zieht das Publikum in ihren Bann. Zhang Fan präsentiert sein umfangreiches Können mit unvergleichlicher Sicherheit und großer Ausstrahlung. Scheinbar mühelos reiht er Höchstschwierigkeiten aneinander und präsentiert eine Darbietung von selten zu erlebender Perfektion.
Den Abschluss der Spielfolge bietet  die Xingguang Acrobatic Troupe mit ihrem Auftritt an den „Swinging Poles“. Sechs Chinesische Masten hängen paarweise aus der Kuppel bis kurz über den Manegenboden herab. Im Schwung werden verschiedene Tricks der Mastakrobatik gearbeitet. Darüber hinaus wechseln die Mitglieder der zehnköpfigen Truppe mit spektakulären Sprüngen, die Saltos und Pirouetten bieten, von einem zum nächsten Pole.

Zum Finale nehmen die knapp sechzig Mitwirkenden des Programms ihre Formation in der Piste ein und nach minutenlangen Standing Ovations verabschiedet Monsieur Fééry die restlos begeisterten Besucher bis zur kommenden Ausgabe der Veranstaltung im nächsten Jahr.
Erneut zeigt sich die „La Grande Fête Lilloise du Cirque“ als großartiges Circus-Ereignis, dass mit ausgezeichneten Leistungen und charismatischen Akteuren, die in einem erstklassigen Ambiente mit herausragendem Licht und hervorragender musikalischer Begleitung zu einer perfekten Show vereint werden, aufwartet.
Wenn Sie dabei sein möchten, sichern Sie sich ihre Karten rechtzeitig.