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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS MANUEL WEISHEIT
Bad Hersfeld, 31. August 2013

www.circus-manuel-weisheit.de
Die osthessische Kurstadt Bad Hersfeld war eine der Stationen der diesjährigen Tournee des Circus Manuel Weisheit. Der städtische Festplatz bot genügend Raum um den Circus dekorativ auf zu nehmen.
Der große Fassaden-Durchgangswagen ist einladend mit bunten Circusmotiven bemalt. Ein Storck-Wohnwagen und die Reihe der exakt ausgerichteten Zugmaschinen komplettieren die Front. Die Wagen, cremefarben mit roten Absetzungen, sind mit Circusmotiven versehen und die allermeisten tragen den Namenszug. Manuel Weisheit führt in seinem Circus ausschließlich „richtige“ Circuswagen mit und so bietet das Unternehmen einen heutzutage sehr selten gewordenen, romantischen Anblick. Der einzige Sattelauflieger am Platz dient den vier Tigern von Sascha und Janine Prehn als Unterkunft und ist mit einem großzügigen Außenkäfig versehen. Der Tierbestand des Circus beschränkt sich auf die Tiere, wie z. B. Pferde, Lama und Ziegen, die auch in der Vorstellung mitarbeiten.
Das blaue Viermasten-Chapiteau ist mit gelben Applikationen verziert und erhebt sich hinter der Fassade. Ein roter, eleganter Samtvorhang trennt den Eingangsbereich des Zeltes vom Zuschauerraum. Das neue Bankgradin bietet auf vier Sitzreihen ca. sechshundert Besuchern Platz. Zwei Reihen Logenstühle füllen den weiteren Raum bis zur Piste. Den Verkaufswagen der Restaurationfindet man ebenfalls im Chapiteau. Er wartet mit einem umfassenden, circustypischen Warenangebot auf. Der schön gearbeitete Artisteneingang besteht ebenfalls aus rotem, schwerem Samt.

Vor den bestens besetzten Rängen beginnt das unterhaltsame Programm der sehr engagiert agierenden Circusfamilie mit einer Attraktion, die man nur äußerst selten in einem Unternehmen dieser Größe findet. Sascha und Janine Prehn präsentieren eine höchst trickstarke Tigerdressur. In dem kleinen Chapiteau, die Logenbesucher sitzen fast unmittelbar am Gitter, sind die prächtigen Tiere sehr präsent und das Geschehen ist unmittelbar in allen Details erlebbar. Die vier mächtigen Raubkatzen zeigen geschmeidig ihr umfangreiches Können, wozu sie souverän von den beiden Tierlehrern angeleitet werden. Viele verschiedene attraktive Sprünge bilden das Herzstück der Darbietung, in der aber auch Pyramide, Bar, Rollover, Hochsitzer und Teppich nicht fehlen. Schmuseszenen von Janine Prehn mit einem Tiger und Fleischgaben direkt aus der Hand legen ein beredtes Zeugnis vom engen, vertrauensvollen Umgang der Tierlehrer mit ihren Schützlingen ab. Ein fulminant vorgetragener Vorwärtssteiger bildet den effektvollen Höhepunkt der eindrucksvollen Dressurleistung.
Lebhaft angenommen wurde die Möglichkeit, das Zuschauer während der Pause die Tiger mit kleinen Fleischstücken, die auf Stäbe gespießt sind, füttern dürfen. Dicht gedrängt standen die Besucher der Pausentierschau am Gehege und beobachteten dieses Geschehen hautnah.

David Weisheit verbreitet als Clown „Banane“ Frohsinn. Im Opening illustriert er, im Raubtierkäfig stehend, die üblichen Durchsagen bezüglich rauchen, fotografieren und Handy. Dann wird per Fernbedienung das Licht eingeschaltet und die Show beginnt. Den Käfigabbau überbrückt er mit der Popcorn-Reprise. Die umfangreichste Reprise, in der ein Zuschauerpaar zunächst „Motorrad“ fährt und hernach als Liebespaar vom Clown portraitiert wird, beschließt seine Arbeit als Clown.
„Weisheits Rasselbande“, fünf Kinder und Enkel von Direktor Manuel Weisheit, zeigen unter seiner Mitwirkung in einer schwungvollen Parterreakrobatik ihr Können. Kautschuktricks der Mädchen und Handstände der Jungen in vielfältigen Varianten temperamentvoll, sicher und erstklassig ausgeführt, sind die vorherrschenden Elemente des Truppenauftritts. Charmant und schnell werden die Tricks präsentiert und vom begeistert mitgehenden Publikum mit großem Beifall belohnt.

Jeanette Weisheit zeigt sich in zwei Auftritten als sehr versierte Artistin. Zunächst erleben wir sie in einer stimmig choreographierten Trickfolge an den Tuchstrapaten. Viele charmant präsentierte Haltetricks folgen in kraftvoller Ausführung aufeinander und mit einem rasanten Abfaller beendet sie ihre Darbietung. Im zweiten Programmteil arbeitet die groß gewachsene junge Frau die umfangreiche Trickfolge ihrer Kontorsionsdarbietung. Gekonnt und scheinbar ohne die geringste Anstrengung nimmt sie die unterschiedlichen Posen.
Ein munteres Groß-und-Klein erfreut unter der gekonnten Peitschenführung von Direktor Manuel Weisheit die zahlreichen Besucher. Die verschiedenen Lauffiguren werden flüssig und fehlerfrei ausgeführt. Ein Da Capo Steiger beschließt diese temperamentvolle Darbietung. In einem zweiten Auftritt stellt der Chef des Hauses zunächst eine Einzelfreiheit vor. Gleich im Anschluss demonstriert ein Lama sein großes Sprungvermögen.

Die Gebrüder Weisheit – Kevin, David und Dominik – begeistern mit einer  Nummer der Sonderklasse an den Römischen Ringen. Ungeheuer kraftvoll werden Aufschwünge, Kreuzhang und Handstände dargeboten und der erst vierzehnjährige Dominik steht dabei seinen erwachsenen Brüdern nur wenig nach. Damien, der vierjährige Neffe des Trios ist in einigen Passagen ebenfalls in den Ablauf integriert und überrascht mit Leistungen, die für ein Kind seines Alters nicht selbstverständlich sind. Beim spektakulären Schlusstrick wirkt auch Jeanette mit, so dass David das Gewicht von vier Partnern zu tragen hat.
Die Brüder Kevin und David zeigen im weiteren Verlauf der Show exzellente Handstandequilibristik. Zunächst präsentieren sie abwechselnd ihre Handstände und Waagen auf verschiedenen Stuhlpyramiden. Sodann folgen Hand-auf-Hand Sequenzen, in denen auch ein Zuschauer als Untermann mitwirkt. Sicher und gekonnt wird die beachtliche Anzahl Tricks ausgeführt.
Tim Thomsen führt als versierter und sympathischer Sprechstallmeister durch das Programm des Circus. Der junge Mann versteht es, dem Publikum in angenehmer Weise die notwendigen Informationen zu vermitteln und die auftretenden Artisten ins rechte Licht zu setzen. Nun hat sich Tim Thomsen eine eigene Nummer aufgebaut und präsentiert dem Publikum seine Tellerjonglagen. Temperamentvoll agiert er im roten Ring und schließlich rotieren acht Teller auf den Stäben, während die Löffel „endlich“ den Weg vom Tablett in die vier Gläser finden.

Die Tempojonglagen von Dominik Weisheit reißen das Publikum förmlich mit. In hoher Geschwindigkeit und mit großer Sicherheit folgen die unterschiedlichen Routinen aufeinander. Kleine Bälle, Fußbälle, Ringe und Keulen zeichnen in rasantem Wirbel ihre Muster in die Luft. Auch das besonders schnelle drehen der Keulen beherrscht der jugendliche Jongleur, der mit seiner unbekümmerten sympathischen Art und einem frechen Grinsen gleich Kontakt zum Publikum findet. Effektvoll wird der Auftritt mit einer umfassenden Fackeljonglage abgeschlossen.
Einen dritten Truppenauftritt bietet das Programm mit der finalen Western-Show der Geschwister Weisheit. David und Dominik beherrschen eine Reihe verschiedener Tricks mit dem Lasso. Ihre Schwester Carolin steht zunächst am Messerbrett und hält hernach das Papier hoch, dass unter lautem Knall von den rasant geschwungenen Bull-Peitschen in immer kleinere Fetzen zerteilt wird.
Manuel Weisheit bietet mit seinen artistisch vielseitig und gut ausgebildeten Kindern und Schwiegersohn ein sehr ansprechendes unverfälschtes Programm eines Familiencircus. Durch das Engagement der Tigerdressur des Ehepaares Prehn wird eine große Attraktion geboten, die den Circus aus der Masse der Familieunternehmen hervor hebt und die heute selbst in großen Circussen nicht mehr selbstverständlich ist. Die erstklassige Präsentation in einem ansprechenden Rahmen und das offene, sehr freundliche Auftreten aller Beteiligter tragen ein Übriges dazu bei, einen Besuch dieses Circus zu einer höchst gelungenen Unterhaltung zu machen. Die Begeisterung auf den Rängen und der enorme Zuspruch zu den Vorstellungen zeugen davon, dass gut gemachter klassischer Circus auch heutzutage gerne als Freizeitvergnügen angenommen wird.