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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE NICOLAS BOUGLIONE
Rocourt, 18. März 2023

www.nicolasbouglione.be
Direktor Nicolas Bouglione startete mit seinem Circus in Rocourt, einem Vorort Lüttichs in die Saison und absolvierte hier, nach dem großen Erfolg im letzten Jahr ein triumphales, von den Besuchern umjubeltes Gastspiel mit vielen ausverkauften Vorstellungen. Französische Eleganz, Esprit und Charme gepaart mit großem Können und Einsatz voller Herzblut prägen das Unternehmen. So hat man ein wahres Circus-Juwel geschaffen, dass das Publikum begeistert.
Auf dem Parkplatz einer Shopping Mall am Rande der wallonischen Metropole war der schmucke Circus in exakter Formation aufgebaut. Das quadratische blau-gelbe Chapiteau glänzte in der Frühlingssonne. Ab der nächsten Gastspielstadt, Namur, kommen komplett neue Zeltanlagen in den Farben creme, rot und gold zum Einsatz.
Der nostalgische Oberlicht-Kassenwagen bildet zusammen mit dem blauen Stakettzaun, der mit großen glitzernden goldfarbenen Reliefs von Elefanten und Steigerpferden dekoriert ist, und dem prachtvoll - mit den Konterfeis der den unvergessenen Begründern der Dynastie Rosa und Joseph Bouglione -bemalten Oberlichtwagen den dekorativen Eingangsbereich des Unternehmens. Ergänzt wird dieses Arrangement mit einem liebevoll und üppig dekorierten Oldtimer-Werbeauto und einer chromglänzenden 50er Jahre US Kenworth-Zugmaschine. Der übrige umfangreiche Fuhrpark des Circus, durchweg moderne Volvo Zugmaschinen und Sattelauflieger sowie große Mobilheime und Campings, ist in dichten Reihen rings um das Zelt platziert.
Das Chapiteau atmet im Innern Circus-Atmosphäre pur. Großen Anteil hat die aufwändig gestaltete Einrichtung. Die rot-goldenen Logen sind üppigst mit Elefantenköpfen und Pantherfiguren dekoriert und scheinen direkt der Belle Epoque entsprungen. Passend dazu zeigt sich der antike dekorative Artisteneingang. Drei fünfreihige Tribünen, entlang der Zeltseiten aufgestellt, komplettieren die Einrichtung.

Im vollbesetzten Chapiteau eröffnet Tonito Alexis, ganz stolzer Weißclown, mit seiner Trompete die Show. Sein elegantes und reich verziertes Kostüm, ergänzt mit einem voluminösen Cape aus schwerem edlen blauen Samt und reichem Besatz an Glitzersteinen, verleiht seinem gekonnten und stimmungsvollen Spiel den angemessenen optischen Rahmen
Seine Partnerin Estefania Jarz präsentiert ihre formidable Hula Hoop Darbietung, die vom Weißclown live auf dem Saxophon begleitet wird. Attraktive Tricks werden gekonnt absolviert und die Integration des Weißclowns verleiht dem Auftritt einen besonderen Drive.
Yosvani Rodriguez, auch in deutschen Manegen kein Unbekannter, ist mit seinen beiden Darbietungen in diesem Rahmen zu erleben. Zunächst füllt er mit seinen weiten Flügen an den Strapaten die Kuppel. Kraftvoll und doch spielerisch wirkend werden die vielseitigen Abläufe vorgetragen. Im zweiten Teil der Show sehen wir den Artisten auf dem Elastik-Seil agieren. Eine Reihe hoher Sprünge und mehrere Saltos kennzeichnen den Auftritt. Ein Vorwärtssalto über eine Barriere zum Stand bildet den Höhepunkt seiner Arbeit.
„Monsieur Loyal“ Mario Rutteli, ausgebildeter Opernsänger, führt eloquent durch die Show. Zudem ist er in mehreren Situationen Partner der Clowns Tonito und Rony.
Die formidable Laser-Show von Ofelia Nistorov-Bouglione, die auf den Rängen größten Anklang findet, ist fester Bestand des Programms. Die vielen, in allen Regenbogenfarben aufblitzenden Lichtstrahlen werden von verschiedenen Positionen im Zelt ausgesendet und fesseln die Aufmerksamkeit der Besucher.

Die omnipräsente und tragende Figur der Show ist Clown Tonito Alexis. Der junge Mann zeigt sich vielseitig und sehr wandlungsfähig – er verkörpert vier verschiedene Charaktere im Verlauf der Vorstellung und jedes Mal wechselt er Kostüm und Schminke. Er versteht es ausgezeichnet die jeweiligen Rollen auszufüllen und jede der unterschiedlichen Figuren mit Leben zu füllen. In seiner Weißclown-Rolle ist er außer im Opening auch in zwei Reprisen mit Clown Rony, dieser ist seit siebzehn Jahren unverzichtbarer Bestandteil der Bouglione Programme, zu sehen. Zunächst möchte der August „den Herrn Direktor sprechen“ und hernach lautet die entscheidende Frage „haben Sie eine Eintrittskarte“. In beiden, hervorragend gespielten Klassikern begegnet der Weißclown mit unvergleichlicher leicht arroganter Grandezza dem Störenfried. Im weiteren Verlauf des ersten Programmteils folgt die Restaurantszene. Estefania Jarz gibt die elegante Dame die zu speisen wünscht und Tonito ist in dem turbulenten Spiel der ältere, leicht trottelige Kellner. Nach der Pause sehen wir ihn in verschiedenen Szenen, sowohl zusammen mit Rony und Mario Rutelli als auch solo, als August. Es wird „gesungen“, musiziert und geblödelt; sogar die „Geburt“ eines „Baby Saxophon“ dürfen wir erleben. Alle Auftritte kommen beim Publikum bestens an und werden lebhaft bejubelt.

Die weiteren Darbietungen des Programms präsentieren die Geschwister Giannuzzi.
Terrence arbeitet einen temperamentvollen Act auf der Rola Rola. Er springt Seil, balanciert auf einem Ball, türmt sieben kleine Bänke aufeinander und schließlich sind zwei Rollen und mehrere Zwischenlagen der labile Untergrund auf dem das Rollbrett ruht.
Sandy kombiniert eine Reihe Kontorsionselemente mit verschiedenen Handstandfiguren zu einem harmonischen Ablauf. Der ansprechende Auftritt findet seinen Höhepunkt im Schuss mit Pfeil und Bogen – mittels ihrer Füße – im Handstand verharrend.
Riskante Balancen auf dem Washington Trapez sind das Metier von Darix. Im freien Stand und im Kopfstand beherrscht der junge Mann die Balancen am ruhenden, kreisenden und schwingenden Requisit in erstklassiger Weise.

Als Finalnummer sind die vier Geschwister in ihrem temperamentvoll vorgetragenen und trickreichen Rollschuh-Act zu erleben. Viele der genretypischen Aktionen werden geboten. Besonderen Drive erhält die Darbietung wenn zwei Porteure gemeinsam mit zwei Voltigeuren auf der kleinen Plattform rotieren.

Mario Rutelli stimmt „Funiculì, Funiculà“ an und mit Einzelvorhängen für alle Artisten nimmt das Finale seinen Beginn. Die Mitwirkenden nehmen ihre Aufstellung ein, Tonito spielt ein Solo auf dem Saxophon und Direktor Nicolas Bouglione bedankt sich für den zahlreichen Besuch. Lang anhaltender frenetischer Applaus und Standing Ovations zeigen, das die Besucher von der temperamentvollen, kurzweiligen Show bestens unterhalten wurden und die Erwartungen in vollends erfüllt wurden.
Die Manege leert sich, doch die Show ist noch nicht vorbei. Ein Schlagzeug wird in Stellung gebracht und nach einigen spannungssteigernden Momenten des Wartens nimmt Mario Rutelli an der „Batterie“ Platz. Mit Verve legt er los und zieht rasch das Publikum in den Bann seines rhythmischen Spiels.
Nun rockt „Elvis“, alias Tonito Alexis die Szene. Der gekonnte Auftritt als Elvis Presley Double, Performance und Kostüm sind dem Original hervorragend nachempfunden und noch einmal lässt das Publikum seiner Begeisterung freien Lauf. Schließlich findet die Show mit einem letzten Kompliment aller Mitwirkenden zu ihrem Ende.
Es ist immer wieder eine besondere Freude diesen erstklassigen Circus geniesen zu dürfen und zwei sehr unterhaltsame Stunden am Rande dieser Manege zu verbringen. Chapeau an die Direktion Nicolas Bouglione und Ofelia Nistorov-Bouglione.