Text und Fotos Friedrich Klawiter
Le GRAND CIRQUE de ST-PETERSBOURG
Metz, 09. März 2013


www.cirque-saint-petersbourg.com
Direktor Raoul Gibault und seine "SARL Arena Production" lassen im Winterhalbjahr bis zu vier schnell reisende Circusunternehmen durch Frankreich touren. Der „Grand Cirque de St-Petersbourg“ ist eine hiervon. Alljährlich gastiert dieser schnell reisende Circus zur etwa gleichen Zeit in Metz. Alle Circusse von Raoul Gibault reisen fast ohne Ausfalltage, sie halten viele Eintagesplätze und im Normalfall werden täglich zwei bzw. drei Vorstellungen gespielt.
Ein blauer Viermaster, der rote Applikationen aufweist, und ein Vorzelt in gleicher Optik erwarten die Besucher. Drei pinkfarbene Zaunelemente und der große Kassenauflieger, mit Leuchtelementen auf dem Dach, in gleicher Farbe bilden die Front des ansonsten schmucklos aufgebauten Unternehmens.
Die zahlreichen Sattelauflieger und Anhänger sind zum Teil in den Medrano-Farben - dunkelrot mit pinker Absetzung - und teils in mittelblau mit dunkelblauen Absetzungen - den Farben einer weiteren Einheit, dem "Le Grand Cirque sur l' Eau" - gehalten. Ein geräumiges gelbes Stallzelt beherbergt die Pferde und ein Zebra. Unter einem Zeltdach sind Esel, Rinder und Ponys untergebracht. Das geräumige Zelt für die zahlreichen Hunde von Paolo Folco und ein großer Raubtierwagen, ergänzt mit angebauten Veranden und großen Außenkäfigen, komplettieren die Menagerie. Die Fahrzeuge der Artisten komplettieren das Bild.
Das Vorzelt weist außer dem Verkaufswagen, einst war er mit dem Circus Barum auf Tournee, keine weitere Einrichtung auf. Im Chapiteau stehen ein siebenreihiges Schalensitzgradin sowie vier Reihen Logenstühlen für die Besucher bereit. Die aufwändigen plastischen goldfarbenen Ornamente der dunkelblauen Logenbrüstungen sind fast nicht zu sehen, da sie von einer extrem hohen, schlichten roten Piste weitestgehend verdeckt werden. Der einfach gehaltene Artisteneingang wird aus zwei glatt herabhängenden Bahnen roten glitzernden Stoffs gebildet und trägt als einzigen Schmuck am oberen Rand ein großes Schild mit dem Namenszug des Circus. Die vier Gittermasten des Zeltes sind über die ganze Höhe dekorativ mit Lichtgirlanden versehen, die für ein angenehmes Ambiente sorgen.

Das Ballett und Sängerin Tatjana bilden den roten Faden der Show. In verschiedenen Kostümen mit „russischer Optik“ treten sie in Erscheinung und bekannte Lieder, wie beispielsweise „Kalinka“, verstärken das „russische Flair“ der Show.
Das äußerst temporeich präsentierte, traditionelle Nummernprogramm beginnt im ausverkauften Chapiteau mit der Cavallerie des Hauses. Marina Demchuk reitet zunächst auf einem Friesen eine äußerst temperamentvoll vorgetragene Hohe Schule. Direkt im Anschluss führt die attraktive junge Frau einen Sechser-Zug fuchsfarbener Araber vor. Schwungvoll und mit viel Charme tanzt die Vorführerin durch die Manege und leitet die Hengste zu ihren vielfältigen Lauffiguren an. Die umfangreiche Abfolge attraktiver Figuren wird in hervorragender Weise dar- geboten und einige Da Capo Steiger runden die Darbietung in idealer Weise ab.
Wenig später präsentiert die Vorführerin eine weitere interessante Dressurfolge. Fünf Esel zeigen unter ihrer eleganten Peitschenführung eine formidable Laufarbeit. Im Verlauf der Darbietung werden zwei Esel gegen drei Pony ausgewechselt und weitere interessante Abläufe schließen sich an. Abschließend kommen zwei exotische Rinder in die Manege und werden, auf ihren Podesten stehend, von einem Zebra umrundet.
Gleichfalls in zwei Auftritten ist Alenya Rosliakova vom Moskauer Nikulincircus in diesem, von Tierdarbietungen dominierten, Programm zu erleben. In schriller Kostümierung lässt sie, die in Circusmanegen äußerst selten vertretenen, Marder ihre Tricks ausführen. Die wusseligen Klein-Raubtiere balancieren über eine Planke, überwinden Hürden, laufen Slalom um Gläser und zwischen den Beinen der Vorführerin hindurch und rollen einen kleinen Teppich auf. Abschließend werden Äpfel über eine Leiter in eine Stellage transportiert.
Im zweiten Programmteil arbeitet die Tierlehrerin, nun in einem russischen Folklorekostüm, ihre bekannte erstklassige Katzendressur. Nach dem originell gestalteten Beginn der Nummer, die Katzen rollen Kunststofftonnen durch die Manege die hernach als Tonneaus dienen, folgt eine umfassende Auswahl der gängigen Tricks des Genres. Zum Abschluss apportiert ein Katze eine Stoffrose bevor sie in ihre Box läuft und das Türchen selbstständig hinter sich schließt.

Temporeich agiert Liang Xun mit den Diabolos. Der junge Jongleur beherrscht ein breites Repertoire attraktiver und spektakulärer Tricks des Genres. Souverän beherrscht er sein Metier und bietet mit einem und zwei Diabolos eine mitreißende Show. Auch auf das effektvolle jonglieren von drei hoch in die Kuppel aufsteigenden Diabolos versteht sich der Artist hervorragend.
Clown Christian Folco sorgt mit seinen Reprisen für das Lachen im weiten Rund. Zunächst jongliert er im Outfit eines Kochs mit Tellern und Eiern sowie zwei Gabeln und einer Kartoffel. Im zweiten Auftritt spielt er zusammen mit vier Zuschauern auf Glocken. Als Dompteur muss er schon kräftig nachhelfen, damit der Plüschlöwe den Sprung durch den Reifen schafft. Abschließend formt er mit vier Herren aus dem Gradin eine durchschlagskräftige Rockband.
Eine erste Luftnummer bringt Andrej an den Strapaten in die weite Kuppel des Chapiteau. Kraftvoll schraubt sich der Artist an den Gurten in die Höhe. Weite Flüge gehören genauso zu seinem gekonnten Vortrag, wie attraktive Halteposen.
Xenia und Keoma beherrschen das schnelle umkleiden. Mit einigen humorvollen Einlagen versehen, bieten die beiden eine flotte Quick Change Darbietung. Im Tangostil startet der Auftritt und Keoma, der die junge Tänzerin anschmachtet, blitzt zunächt bei ihr ab. Nach etlichen Kleiderwechseln steht die junge Fau in einem dekorativen Abendkleid in der Manege, während er, nach einem „misslungenen“ Trick nur noch eine Unterhose trägt. Des weiteren fungiert Keoma als versierter „Monsieur Loyal“. Optisch tritt er in dieser Rolle nur im Finale in Erscheinung; alle weiteren Ansagen erfolgen aus dem Off.

Zum Abschluss des ersten Programmteils präsentiert Paolo Folco seine sicherlich mehr als vierzig, es ist unmöglich sie genau zu zählen, Hunde unterschiedlichster Rassen.

Zwei Anhänger an einem kleinen Traktor, das gesamte Equipement üppig mit verschiedenfarbigen Lichtschläuchen dekoriert, befördern unter lautem Gebimmel die kleineren Hunde, verschiedene Terrier, in die Manege. Im Verlauf der turbulent ablaufenden Nummer kommen immer weitere Rassen – Dalmatiner, Bernhardiner, Golden Retriever, Bobtail, Rehpinscher und Pudel der unterschiedlichen Größen – hinzu. In rasantem Wirbel fegen Vorführer und Hunde durch die Manege. Sechs Terrier springen zugleich mit Paolo Folco Seil. Barrierensprünge und Hinterbeinläufer werden ebenso geboten wie das überklettern eines hohen Gitters. Aus einem „Flügel“ quillt eine Meute kleiner Pudel und aus dem Fässchen eines Bernhardiners erscheint ein Rehpinscher. Auch der etwa zwölfjährige Sohn von Paolo Folco ist bereits in den Auftritt eingebunden. Im Kostüm eines Tramp-Clowns lässt er eine Gänseschar um die Manege paradieren. Mit einem lebhaften Wirbel endet die Nummer, da das Gros der Hunde eine Rutschbahn erobert.
Eine Raubtierdressur darf in einem französischen Circusprogramm nicht fehlen. Hier ist es der bekannte Dompteur Gary Ambrose, der Löwen und Tiger im Zentralkäfig präsentiert. Mit großer Präsenz und enormer Souveränität lässt der erfahrene Dompteur die Tricks ausführen. Eindrucksvolle Sprünge, verschiedene Hochsitzer, Balkenlauf, Rollover, Scheinangriff und Vorwärtssteiger – diese furiose Darbietung beinhaltet alle attraktiven Tricks, die man heutzutage geboten bekommt.

Valentyna zeigt ihr Können am Schwungtrapez in einer tempogeladenen Kür. Eine große Anzahl erstklassiger Tricks werden von der versierten Artistin elegant ausgeführt. Vielerlei Abfaller und Pirouetten und ein halber Vorwärtssalto um die Trapezstange in den Fersenhang bildet den Höhepunkt der Evolutionen.
Die Truppe Zhuk setzt mit ihrer fulminanten Artistik am Quadratreck den Schlusspunkt des Programms. Die vier athletischen Artisten zeigen ihre waghalsigen Evolutionen sowohl solo als auch in verschiedenen Formationen in perfekter Ausführung und sorgen so für den temperamentvollen Abschluß des Programms.
Das Finale wird von Sängerin Tatjana eingeleitet, dann tanzen die Artisten, einander an den Händen haltend, in den roten Ring. „Monsieur Loyal“ stellt einen jeden vor und verabschiedet sich vom höchst zufriedenen Publikum. So endet ein unterhaltsam und abwechslungsreich zusammengestelltes Programm, dass mit guten Leistungen der auftretenden Artisten zu überzeugen versteht.

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