Text und Fotos Friedrich Klawiter
PFERDEPALAST
Koblenz, 23. Sept. 2010

www.sudakan.de
Nun gibt es ihn wieder – den Pferdepalast. Unter seiner neuen Direktion ist die bekannte und eingeführte Marke wieder auf Tournee. Die 'Weltpremiere' des unter der Leitung von Manuel Fischer (Bonner Weihnachtscircus) stehenden Unternehmens findet in Koblenz statt. Auf dem Privatplatz an der B9, einem Parkplatz eines ehemaligen Supermarktes, wurde seit Wochen das neue Unternehmen aufgebaut und die glanzvolle Premiere vorbereitet.

Mitte August wurde der riesige weiße Sechsmaster (zweiundvierzig mal sechzig Meter), das Chapiteau kommt von Peter Fontners Zeltverleih, aufgebaut. Das lange rechteckige Vorzelt stammt noch vom ursprünglichen Pferdepalast von Franz Althoff. Ein Abreitezelt schließt unmittelbar ans Hauptzelt an und daran die hellen Ställe. Sie bieten den über vierzig Hengsten geräumige Unterkunft in Einzelboxen. Wohnwagen, Materialwagen, Campings, Container und umfangreiches weiteres Material beanspruchen den zur Verfügung stehenden Raum restlos. Ein für heutige Verhältnisse riesiger „Circus“ hat sich auf dem Gelände etabliert.
Der Kassencontainer ist der originale von Franz Althoff. Er hat seinen Platz neben dem schlichten Zaun, der mit großen Spannbändern, die das Pferdepalastlogo zeigen, hergerichtet wurde. Ein hoher, mit durchsichtiger Plane bespannter Tunnel leitet die Besucher ins Vorzelt.


Dieses erinnert mit seiner Einrichtung, die Restauration betreibt Nino Süss mit seiner Crew, an Flicflac, nur dass hier alles in rot und schwarz gehalten ist. Die Seiten sind  komplett mit schwarzen Textilbahnen abgehangen und der Boden mit einem roten Teppichbelag versehen. Auch die beiden Tunnels die ins Hauptzelt führen sind mit Stoff ausgekleidet und der rote Bodenbelag zieht sich bis rund um die Reitbahn.
Im Chapiteau sind drei Tribünen an den Seiten der Reitbahn, sie misst etwa fünfzehn mal dreißig Meter, errichtet. Die blauen Schalensitze bieten rund eintausendzweihundert Besuchern Platz. Die hintere Längsseite der Reitbahn wird von einer gewaltigen Bühne dominiert. Zwei raumhohe dunkelrote Vorhänge säumen die riesige Leinwand auf die während der Show ein stimmungsvoller Background projiziert wird. Zwei mächtige Beamer sind im Hintergrund der Bühne installiert und sorgen für die qualitativ erstklassige Einspielung der Videos.
Selbstverständlich wird auch diese Show des Pferdepalastes wieder im Vollplayback - Musik, Gesang und Dialoge -  geboten und die hervorragende Tonanlage sorgt für einen erstklassigen Sound im gesamten Zelt.
Die installierte Lichttechnik ist vom feinsten und imponierend in ihrer Anzahl. Modernste Beleuchtungskörper werden optimal eingesetzt und sorgen für das richtige Ambiente. Kleine Leuchten auf der Begrenzung der Reitbahn, zu ihrem Aufbau werden rund einhundertfünfundsechzig Tonnen Sand benötigt, sorgen während des Einlasses für Atmosphäre. Der gesamte äußere Rahmen des neuen Pferdepalastes hinterlässt einen edlen Eindruck.

„Sudakan“ lautet der Titel der aktuellen Show. Nach dem „Zauberwald“ und „Goa“ ist dies nun die dritte Produktion des Pferdepalastes, die der Feder von Christian Hein entstammt. Er zeichnet verantwortlich für die Story, Dialoge, Musik und die Produktion der Hintergrundvideos. Regie führt wiederum, wie schon bei „Goa“ Joachim Lang.
Die Story von „Sudakan“ folgt bewährten Mustern, einmal mehr wird der Kampf Gut gegen Böse bemüht, und ist flott erzählt. König Aratonn im Lande Sudakan ist alt und will die Krone an seinen Sohn Eldor weitergeben, nachdem dieser eine Reise durch die Provinzen des Landes unternommen hat. Des Königs Tochter Lydia (Leila Fischer), die nicht lachen kann, verbündet sich mit dem finsteren Magier Zordini, er wird vom Trick- und Stuntreiter Josef Schützenhofer gespielt, um die Macht zu erlangen und aus dem fröhlichen Sudakan ein Reich der Finsternis zu machen. Wie stets in Märchen führen die Pläne des Bösen nicht zum finalen Erfolg, so dass Eldor nach rund zwei Stunden und vierzig Minuten als neuer König die Spielfläche verlässt.

Nachdem die drei Ballettmädchen auf einer fahrbaren Bühnenplattform die üblichen   Vorabdurchsagen mimisch untermalt haben, beginnt die Show mit dem Abschiedsfest für den Prinzen am Hofe des Königs. Zahlreiche Akteure bevölkern die Spielfläche. Ein Pony wird am Zügel vorgeführt, der Friese vor des Königs Kutsche piaffiert, Lene Husch paradiert auf Stelzen mit ihrem  Araber 'Sarouc' über die Reitbahn und die Story nimmt ihren Beginn.
Arnaud Gilette, er ist eine bekannte Größe des französischen Pferdetheaters, bringt das erste seiner drei Pferde in die Reitbahn. Ein Weshpony arbeitet diverse Schulen bis hin zur Kapriole am Zügel. Wenig später reitet er auf einem Cruzadi Riu eine bestechende Hohe Schule, die von fünf jungen Damen auf verschiedenfarbenen dekorativen Pferden begleitet wird. Im zweiten Teil stellt Arnaud Gilette seinen golden schimmernden Achal Trakehner 'Kess' in perfekten Schulschritten vor.
Im Rahmen des ersten Bildes informiert Lydia das Publikum im Dialog mit dem dilettantischen Hofzauberer Kuno, Dennis Freiburger verkörpert diese Figur, von ihrem Vorhaben.
In den Rolle des Eldor agiert Chris Kiliano, der die erste Sequenz mit seiner Arbeit an den Strapaten abschließt. Kraftvoll präsentiert er seine Tricks, wobei er zu Beginn der Evolutionen von seiner „Braut“ Rubina auf einem Araber-Schimmel umkreist wird. Er beendet seine Kür unter dem Beifall des Publikums mit einigen beidarmigen Aufschwüngen.

Die Story lässt die Zuschauer das „Riesenland“ erleben. Die sechs Araber-Schimmel von Gino Edwards gehörten von Anfang an zum Pferdepalast. Routiniert lässt sie ihr Vorführer ihre Figuren im per Seil geschaffenen Manegenrund laufen. Ihnen folgen in  Art eines Drei-Manegen-Circus die nächsten Darbietungen. Links arbeitet eine junge Frau mit einem Einzelpony, rechts Gino Edwards mit seinem Esel und zentral das Duo Kolomiets. Sie zeigen eine romantisch verträumte Stelzennummer. Anastasia als Schmetterling bewegt sich sicher auf mannshohen Stelzen, alleine der Gang durch den tiefen Sand in die Mitte der Reitbahn ist eine Superleistung, und zeigt außergewöhnliche Abläufe zusammen mit ihrem Partner Viacheslav, er spielt im Programmverlauf den Hofnarren „Trollo“.

Diese Show des Pferdepalast bietet weniger Einzelnummern, setzt vielmehr auf komplette größere manegefüllende Bilder und bindet die Artisten stärker in den Handlungsablauf ein.  Sie ist weniger „Circusprogramm“, als es die Vorgänger waren.
So wurde z. B. auf Clowns verzichtet. Mit Wortwitz sorgt einerseits die Figur des 'Trollo', wenn man so will steht er für einen Reprisenclown, für Heiterkeit. Als 'Entree' kann man die in den Handlungsstrang eingebundene Persiflage auf die zahlreichen Castingshows sehen. SSDSM – Sudakan sucht den Super-Magier, unter diesem Motto werden die bekannten Abläufe der TV-Shows vom Ensemble geboten und als Moderator erleben wir „den Dieter“ - Manuel Fischer. Im Rahmen dieses „Castings“ präsentiert Josef Schützenhofer, als Zordini, ein Todlieger-Pony.

Als Heerscharen der Finsternis agieren die Dschigitenreiter der Truppe Alania. Ihre tempogeladene Reiterei leidet leider ein wenig unter dem fehlen einer Piste und der üblichen Überhöhung des Hufschlags. Trotz der nicht perfekten Umstände zeigen sie alle wesentlichen Tricks des Genres und reißen die Zuschauer vor der Pause noch einmal richtig mit.
Der zweite Teil beginnt mit den Zimbabwe Boys, bekannt u. a. von Universal Renz, mit ihrer Mastakrobatik. Mit ihrer fröhlichen Präsentation sorgen sie gleich wieder für die entsprechende Stimmung im Publikum. Im Hintergrund ist das Ballett in die Szene integriert. Dann sehen wir weitere Schulreiterei. Natalia Motolygina kommt, hinter einem Reiter auf dem Pferd sitzend, in die Bahn und erreicht von dort aus ihr Arbeitsgerät. In und zwischen den Hälften einer großen Plexiglaskugel zelebriert sie ihren Luftakt, der viele Elemente einer Trapeznummer enthält.
Noch einmal sind vier der Freiheitspferde in der Manege zu sehen. Dieses Mal umrunden sie das Requisit von Bilinda und Tseng Hai Sun. Aus einem großen durchsichtigen Wasserkelch schweben die beiden Artisten an Handschlaufen hoch unter die Kuppel. Schließlich schweben beide, per Zopfhang miteinander verbunden über der brennenden Wasserfläche.

Eines der eindrucksvollsten Bilder bietet 'der Feuerreiter'. Nachdem Eldor von den Mächten der Dunkelheit gefangen genommen wurde und der alte König Aratonn die Macht an seine intrigante Tochter verlor, wird ein große Gestell, die Feuerkrone, in der Reitbahn plaziert. Vier kleine Kugel am Rande ergänzen das Arrangement. Von einem Reiter mit einer langen Lanze in Brand gesetzt, bilden diese Gebilde die Bühne für Roland Heiß. Freihändig, eine Fackel in jeder Hand haltend, reitet er seine Figuren durch die Bahn unter der lichterloh brennenden Krone hindurch.
Natürlich ist die Macht von Lydia nicht von langer Dauer. Ausgerechnet Hofzauberer Kuno dem bis dahin kein Zauber gelingt, ist es vorbehalten die Prinzessin zu entmachten indem er sie lachen macht. Die Verwicklungen lösen sich, die Story strebt ihrem Ende zu und Eldor bekommt seine Rubina nebst der Königskrone.

Ein großes Finale beschließt auch dieses Programm. Mehr als vierzig Akteure füllen ihren Applaus entgegennehmend die Bahn. Diese erscheint beinahe, alle Reiter sind im Finale zu Pferd, zu eng für die vielen Mitwirkenden. Zum musikalischen Haupthema 'Sudakan', einer flotten eingängigen Melodie, feiern sich die Akteure gegenseitig und ihr Publikum. So fällt es diesem nicht schwer in den anhaltenden Applaus einzufallen.
„Sudakan“ ist eine Show, ein (Pferde)-Musical für die ganze Familie mit einigen artistisch-circensischen Akzenten, die ihr Publikum in großzügigen abwechslungsreichen Bildern unterhält.

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