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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE PINDER
Metz, 25. Juni 2016

http://cirquepinder.com
Der Cirque Pinder, eines der großen reisenden Traditionsunternehmen Frankreichs, gastiert auf seiner alljährlich beinahe unveränderten Tour durch unser Nachbarland stets am letzten Juni-Wochenende in Metz.
Auf dem Circusplaz im weitläufigen Messegelände der lothringischen Metropole präsentierte sich der Circus in bestens bekannter Weise. Das Chapiteau mit dem markanten gelb-roten Blockstreifen-Design beherrscht den Platz. Zentral in der langgestreckten Front aus zahlreichen Transporten ist der dekorative Kassenwagen aufgefahren. Die rechte Platzseite nimmt die langen Reihen der Sattelauflieger mit den zugehörigen Anhängern der Mannschaftsquartiere auf. Betriebsküche, Sanitärwagen und das „Atelier Mechanique“ komplettieren diesen Bereich.
Durch den separaten Tierschaueingang, als eines von nur noch wenigen Unternehmen verfügt der Cirque Pinder über einen solchen, geht es auf der linken Platzseite zum rollenden Zoo. Gleich hinter dem Eingang sind die Norwegerpferde, eine Herde Esel, Zebras und Lamas in geräumigen Gehegen untergebracht. Es folgt der Bereich der großen Kamelherde und der Paddock der beiden asiatischen Elefanten des Cirque Pinder komplettiert die Gehege.
Hinter dem Chapiteau hat die umfangreiche Raubtieranlage ihren Platz. Zwei riesige Auflieger und ein weiterer langer Anhänger, die mit verschiedenen großen Außenanlagen kombiniert sind, werden von zahlreichen Löwen und Tigern bewohnt.
Ein hoher Gitterrohrbogen mit einem Zeltdach überspannt den Haupteingang des Circus, während in den Sommermonaten auf ein Vorzelt verzichtet wird. Die beiden Verkaufswagen der Circusrestauration flankieren den Weg zu den beiden ebenerdigen Zugängen des Spielzeltes.
Ein Bankgradin mit elf Reihen und schmucke rote Logen mit gepolsterten Klappstühlen stehen für die Besucher bereit. Der große Artisteneingang aus dunkelrotem Samt ist mit meterhohen Lettern des Namenszugs geschmückt.

Das seit vielen Jahren bewährte Programmkonzept wird auch in diesem Jahr von der Direktion beibehalten. Man präsentiert unverändert ein puristisches Nummernprogramm ohne jede Show-Attitüde. Akzentuierte musikalische Begleitung, Lichtdesign, Ballett oder andere den auftretenden Künstler unterstützende Dinge sind nicht gegeben – die Artisten finden einzig durch ihre Leistungen und persönliche Manegenpräsenz Resonanz beim Publikum.
Der klassische Dreiklang von Tieren, Clowns und Akrobaten, mit den im Hause Pinder unverzichtbaren Eckpunkten - Raubtiere, klassische Clownerie, Flugtrapez, Jongleur und Elefanten - bietet beste Unterhaltung und wird in stringenter Konsequenz umgesetzt.

Aus dem Off kündet „Monsieur Loyal“ eines der Highlights des Programms an und im aufflammenden Licht kommen die zwölf weißen Löwen in die Manege. Traditionell beginnt die Soirée bei Pinder mit der Raubtierdressur von Frédéric Edelstein. Die große Pyramide aller Tiere steht am Beginn der Vorführung, die den Juniorchef stets temperamentvoll und mit viel Tempo agieren sieht. Verschiedene Hochsitzer und Scheinangriffe, Fächer und Löwenbar sind weitere Elemente dieser hervorragenden Darbietung. Drei Löwinnen zeigen nacheinander temperamentvolle Hinterbeinläufe. Mit den letzten fünf Tieren bietet Edelstein einen spektakulären, nur selten zu sehenden Trick. Er legt sich rücklings in den Manegensand und lässt sich von den quer über ihm liegenden Löwen zudecken. Mit Sprüngen über den sich niederwerfenden Dompteur hinweg findet der Auftritt seinen idealen Abschluss.
Valeriy überbrückt den Käfigabbau mit seinem Auftritt an den Strapatentüchern. Der ruhig und tänzerisch gestylte Auftritt bietet neben vielen kraftvollen Halteelementen mit einigen Abfallern auch den notwendigen Nervenkitzel.
Mikael Brady und die beiden großen indischen Elefanten, Dehli und Saba, konnten in Metz nicht auftreten, da sich eines der Tiere am Vortag an einem Vorderbein eine kleine Verletzung zugezogen hatte.

Der Quick Change des Duo Monastyrsky kommt auf den Rängen bestens an. Blitzschnell wechseln beide Partner die eleganten Kostüme, die sich zunächst stilsicher auf die Farben schwarz und weiß beschränken. Zur Verblüffung des Publikums erfolgen die Wechsel wie von Geisterhand und zum Höhepunkt der Darbietung wechseln die Farben hin zu leuchtendem rot.
Traditionell ist in allen Pinder-Programmen eine Flugtrapez-Darbietung vor der Pause zu erleben. In diesem Jahr zeigen die aus Brasilien stammenden „Flying Sergio“ ihr Können in der weiten Kuppel. Je zwei Flieger und Fliegerinnen präsentieren eine Vielzahl verschiedener Tricks, darunter ein Doppelsalto einer der Damen. Ein gestreckter und ein gehockter Doppelsalto gehören gleichfalls zum Repertoire, das in einer Passage und dem abschließenden, erstklassig ausgeführten dreifachen Salto seine Höhepunkte hat.
Der zweite Teil beginnt mit dem Trampolin-Comedy von Brad Garcia. In bekannter Weise wird ein „Requisiteur“, da der eigentliche Star nicht zum Auftritt erscheint, auf das Trampolin dienstverpflichtet.

Zwei Mal ist Sandro Montez mit seinen Vierbeinern zu erleben. Im ersten Teil präsentiert er eine neu einstudierte Darbietung mit fünf Hunden unterschiedlicher Größe und Rasse. Voller Temperament und in unglaublichem Tempo absolvieren die großen Hunde ihr Repertoire, reißen mit ihrem Eifer und der enormen Spielfreude das Publikum förmlich von den Sitzen.
Wenig später präsentiert der versierte Tierlehrer den großen Exotenzug des Cirque Pinder. Neun Kamele und drei Norwegerpferde bilden einen formidablen Zwölferzug, der viele unterschiedliche Figuren sicher abläuft. Die Kamele liegen in einer langen Reihe, die zu beiden Seiten von Eseln flankiert wird ab und Lamas überspringen Barrieren. Die Pferde zeigen Steiger und zwei Zebras ziehen ihre Bahnen. Ein Lama setzt in einem gewaltigen Sprung über vier Esel hinweg.
Diabolo-Jongleur Georgio Hromadko erobert mit seinem rasanten Auftritt die Herzen der Zuschauer im Sturm. In einem wilden Wirbel reihen sich die verschiedenen Figuren, deren Schwierigkeitsgrad permanent gesteigert wird, aneinander. Schließlich hält der sympathische junge Mann vier Diabolos zur gleichen Zeit souverän in der Luft.

Ein klassisches Clowns-Trio ist unverzichtbarer Bestandteil des Programms bei Pinder. In diesem Jahr sind die „Pedro Rivelinos Clowns“ mit einer Reprise und ihrem Entrée zu erleben. Die Reprise, während des Aufbaus des Netzes für das Flugtrapez platziert, rankt sich um eine Laterne, deren Licht auf Berührungen des August reagiert.
In ihrem großen Entrée wechseln sich hervorragende Live-Musik auf Saxophon und Trompete mit allerlei Slapstick und Klamauk in idealer Weise ab. Schließlich mündet das muntere Treiben in die „Restaurant Szene“, die die drei Akteure temporeich absolvieren. Natürlich klingt der Auftritt in klassischer Manier mit gemeinsamen musizieren harmonisch aus.
Den akrobatischen Höhepunkt bietet als letzter auftretender Artist der chinesische Handstand-Equilibrist Cai Yong, der beim sechsunddreißigsten Festival von Monte-Carlo mit einem Goldenen Clown ausgezeichnet wurde. Die meditativ wirkende Darbietung, deren Übergänge zwischen den Tricks stark an Tai Chi – traditionelle chinesische Kampfkunst – erinnern, beinhaltet eine Vielzahl anspruchsvollen und perfekt ausgeführter Tricks. Mit atemloser Faszination verfolgen die Zuschauer gebannt die sich in ihrem Schwierigkeitsgrad ständig steigernden Abläufe.
Das puristische Finale des Cirque Pinder läuft in bekannter schnörkelloser Weise ab. Die in der Manege versammelten Artisten werden vom Manegensprecher noch einmal kurz vorgestellt und mit knappen Worten bedankt man sich für den Besuch und verspricht ein Wiedersehen im nächsten Jahr.