Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS RENZ - BERLIN
Alphen a. d. Rijn, 19. Juni 2010

www.circus-renz-berlin.de
Seit Jahren ist Bernhard Renz mit seinem Circus in den Niederlanden anzutreffen. In Alphen an den Rijn liegt der offizielle Circusplatz sehr versteckt und weit außerhalb am äußersten Rand eines Gewerbegebietes, direkt neben dem Gefängnis. Es ist eine große Wiese am Übergang zur freien Natur auf der die Circusse hier gastieren.

Der große hohe Viermaster beherrscht die Szenerie. In markanten blauen und gelben Querstreifen zeigt sich das Chapiteau. Das gesamte Material des Circus ist in diesen Farben gehalten. Ein großer schöner Oberlichtwagen beherbergt die Kasse, ein weiterer dient als Wohnwagen. Der dekorative Frontzaun wurde nostagisch gestaltet und bietet mit den Schindelwagen einen einladenden Anblick. Vom großen Vorzelt wurde nur das Dach errichtet, so dass die Restauration gut sichtbar bleibt. Viele der Wagen und Auflieger sind mit Circusmotiven bemalt. Zahlreiche Wohnwagen und Campings rahmen das Gelände ein. Der Stall wurde bereits demontiert und so stehen die Vierbeiner in ihren weitläufigen Paddocks bzw. Einzelboxen im Freien auf dem weiten Gelände.
Das innen dunkelblaue Chapiteau ist mit blauen Logen und einem neunreihigen Gradin eingerichtet. Auf zwei Reihen Schalensitze folgen einfache Holzbänke ohne Rückenbretter. Ein edler Artisteneingang aus dunkelrotem Tuch mit goldenen Borden schließt den Raum im hinteren Bereich ab.

Die sehr abwechslungsreiche Musik kommt aus der Konserve. Eine vielfältig bestückte Lichtanlage lässt einige Effekte zu.

Sprecher Jan Hoekstra, im Hauptberuf ist er Polizist in Groningen, eröffnet im eleganten schwarzen Frack die Vorstellung. Als erste Darbietung ist die Freiheitsdressur von vier Friesen zu sehen, die von Enrico Frank souverän vorgeführt wird. Die Pferde sind klassisch in blau aufgeschirrt, tragen blau-weiße Puschel. Als Da Capo zeigt die kleine etwa fünfjährige Laurie Renz ihr Können im voltigieren auf einem Pony. Ernsthaft und mit viel Schwung beherrscht das kleine Mädchen eine erstaunlich umfangreiche Kür.
Als weitere Dressurnummer zeigt Bernhard Renz jun. einen Sechser-Zug Kamele in einer abwechslungsreichen Laufarbeit. Eine dritte Nummer gestalten die beiden jungen Männer gemeinsam. Nachdem Jan Hoekstra zwei Besucher aufgetan hat die sich einhundert Euro verdienen möchten, offenbart er, dass nun ein Amateurreiten ansteht. Bernhard Renz jun. macht das Verlangte, eine Runde um die Manege stehend zu reiten, locker vor und dann folgt der allbekannte Ablauf. Wie gewünscht findet sich abschließend auch eine junge Frau die ihr Glück versucht. Diese, sie gehört definitiv nicht zum Circus,  trägt zur allgemeinen Freude der Circusangehörigen und vieler Besucher einen kurzen weiten Rock.

Clown Antonio, der Niederländer Anton Werkman steckt hinter der Maske, setzt auf Bekanntes und Bewährtes. Allerdings versteht er es sehr gut die Szenen mit eigenständigen Elementen zu versehen. Zunächst bringt er die 'Vier Stühle' und überrascht mit seiner Variante zu der sechs Herren auf sechs Stühlen platziert werden. Wenig später folgt die Reprise des verbotenen musizierens. Zusammen mit Jan Hoekstra wird äußerst spielfreudig agiert und weite Teile des Publikums gehen dank des geschickten Verkaufs voller Freude mit.

Im artistischen Teil des Programms sind drei Töchter von Bernhard Renz aktiv. Da ist zunächst Lavinia am Trapez. Am ruhenden Requisit zeigt sie zahlreiche Posen und Balancen. In vollem Schwung folgen longengesicherte Abfaller die ihre Wirkung nicht verfehlen. Zum Abgang lässt sie sich am Vertikalseil ausdrehen. Leila  hat eine ansprechende Hula Hoop-Kür einstudiert. Spielerisch und fehlerfrei lässt sie die Ringe kreisen. Gemeinsam sind die beiden Schwestern auf dem Drahtseil zu sehen. Viele Abläufe führen sie synchron aus. Auch diese Nummer wird, wie die beiden Soloauftritte zu weiten Teilen in wirkungsvollem Schwarzlicht präsentiert.
Die Arbeit von Sarina Renz am Ringtrapez unterscheidet sich stark von vielen anderen dieses Genres, die meist romantisch verträumt daherkommen. Zu harten Rockrhythmen absolviert sie ihre Tricks ungesichert in hohem Tempo im Stroboskop-Licht. Es ist eine schnelle moderne Darbietung die interessanterweise direkt nach der Strapatennummer von Christian platziert wurde.

Der junge ungarische Artist Christian war mit seiner Truppe im vergangenen Jahr im französsichen Circus Zavatta Fils engagiert. Im Soloauftritt beeindruckt er mit Kraft und Eleganz an den Strapaten. Auch versteht er es, sich mit weiten Flügen in Szene zu setzen.
In einem weiteren Auftritt begeistern Christian & Didi mit leistungsstarker Hand-auf-Hand Akrobatik. Spielerisch leicht wirkend werden mit großer Selbstverständlichkeit kraftraubende anspruchsvolle Tricks ausgeführt. Kein zittern oder nachdrücken beeinträchtigt die optische Wirkung ihrer Arbeit, die viele hohe Schwierigkeitsgrade beinhaltet.
Das Schleuderbrett der 'Jumpy Juniors' sieht Didi und die beiden weiteren Truppenmitglieder als Akteure. In ansprechender Choreographie präsentieren sie viele verschiedene Sprünge. Bis hin zum zweifachen Salto werden die Tricks sicher und souverän ausgeführt und gefangen. Ihre ebenfalls leistungsstarke Perchnummer ist in diesem Programm leider nicht zu sehen.
Gleichfalls aus Ungarn kommt der junge Jongleur Zsoltan Kokai. Er kommt an diesem Abend, da die Niederlande in einem WM-Spiel siegten, sehr gut an. In orange-schwarzem Outfit arbeitet er mit Fußbällen, die zum Teil in weiß-orangem Dekor gestaltet sind. Bis zu fünf Bälle werden virtuos und sicher jongliert. Selten zu sehen, dass zwei Bälle auf den Zeigefingern rotieren während mit dem Mund zwei Tischtennisbälle jongliert werden.

Clown Antonio bläst „Oh mein Papa“ auf der Trompete und jeder der nun das Finale erwartete sieht sich getäuscht. Direktor Bernhard Renz bringt seine beiden schwergewichtigen großen Elefantendamen in die Manege. Die beiden älteren Damen absolvieren in aller Ruhe ihr Programm, wobei sie körperlich nicht überfordert werden.

Zum Finale finden sich alle Mitwirkenden in der Manege ein und die beiden Elefanten nehmen gleichfalls an der Verabschiedung des Publikums teil. Ein Minifeuerwerk im abgedunkelten Chapiteau sorgt nochmals für einige romantische Augenblicke und niemand verlässt vorzeitig seinen Sitzplatz.
Auch in diesem Jahr ist es Bernhard Renz wieder gelungen ein starkes unterhaltsames Programm zusammen zu stellen, dass eine ausgewogene Balance zwischen den traditionelleren Darbietungen der Familie und dem 'modern Style' der engagierten Artisten findet.





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