Text und Fotos Friedrich Klawiter

CIRCUS ROYAL
Thun, 03. April 2009

www.circusroyal.ch
In ungewohntem Outfit präsentiert sich der Circus Royal in dieser Saison. Auf der Allmend in Thun war von dem so markanten Chapiteau mit der großen Krone auf der hohen Kuppel nichts zu sehen. An dessen Stelle war das deutlich kleinere, flache weiß-grüne Zelt des Circus Medrano von Urs Strasser errichtet, sowie dessen Vorzelt. Beide Zeltbauten wirken abgespielt, sind schmutzig, sodass Royal einen wenig attraktiven Anblick bietet. Wie zu hören, entschied man sich zu dieser Lösung, da das kleine Chapiteau und Gradin weniger Personal zum Auf- und Abbau erfordere.
Im Chapiteau ist hinter den Logen ein sechsreihiges traditionelles Gradin anstelle der komplett mit einzelnen Stühlen bestückten Sitzeinrichtung von Royal montiert. Auf der Empore über dem Artisteneingang nehmen nur noch fünf Musiker Platz, damit wurde das Orchester gegenüber dem Vorjahr auf etwa die Hälfte der Personalstärke reduziert. Auch das Artistenensemble zeigt sich äußerst minimalistisch, verfügt aber andererseits über zwei „Sprechstallmeister“. Es zeigt sich sehr schnell, dass nicht nur die Orchesterstärke verringert wurde, auch die musikalische Qualität kann bei weitem nicht an das gewohnte Niveau in diesem Circus heran reichen.

Direktor Oliver Skreinig, im roten Frack, tritt in die Manege, begrüßt das Publikum und stellt fast alle Artisten in einer kurzen Parade vor. Dann folgt Jochen Träger, alias Krenzola jun. mit seinen Laufenten. Mehrere Gruppen in unterschiedlicher Farbgebung watscheln und rennen ihre Runden zwischen und durch keine Barrieren in der Manege. Da die Piste bei Royal sehr hoch und massiv ist und die Tiere sich unmittelbar entlang dieser bewegen, sind sie die meiste Zeit für viele Zuschauer nur zu erahnen.
Die von Oliver Skreinig als Victoria Malinowska vorgestellte junge Frau stellt sich als Comoderatorin des Direktors bei den Ansagen heraus. Ihre Kenntnisse der deutschen Sprache sind offensichtlich begrenzt, so dass sich ihr Beitrag hauptsächlich auf das synchrone ausrufen des Artistennamens zusammen mit dem Chef beschränkt. Zudem fungiert sie als dekoratives Element während der beiden Dressurvorführungen des Direktors. Von Urs Strasser wurden die Ziegen dressiert, die sehr viele Tricks beherrschen und so der Nummer eine gewisse Länge verleihen. Im zweiten Teil ist dann die Vorführung der hauseigenen Exoten, die nun sicherer und flotter laufen, angesagt. Vier Watussirinder, zwei davon noch Kälber, werden auf ihren Tonneaus stehend von einem Pony umrundet, die drei nachfolgenden Kamele arbeiten in Kombination mit Lamas. Abschließend laufen alle Tiere einige gemeinsame Runden entlang der Piste, schließlich muss etwas Zeit gemacht werden.

Perfekte Handstandequilibristik auf einem hohen Requisit ist seit jeher die Domäne von Gina Giovannis. Vielfältig und sehr elegant werden Handstände, Einarmer, Waagen und Kopfstand gezeigt. Klötzchensturz und Handstand auf einer sehr hoch ausfahrbaren Stange sind die Höhepunkte dieser exzellenten Akrobatik. Im zweiten Programmteil sehen wir sie mit der seit Jahren aus vielen Auftritten bekannten Arbeit auf dem Drahtseil.
Der Schweizer Clown André verbringt eine weitere Saison bei Royal. Wie immer überzeugt er mit feinem facettenreichen Spiel. Unter anderem geht er angeln, lässt einen Drachen steigen, spielt mit Glocken und singt schlussendlich mit sich selbst ein Duett.
Die Säbelbalancen von Maria Bizzaro, bestens bekannt vom langjährigen Engagement bei Universal Renz, sind nun in dieser Manege, leicht gekürzt da ein Trick ausgelassen wird, zu sehen.
Papageien, Katzen, Hunde und Tauben begleiten als Partner Krenzola jun. in seiner Kleintierrevue. Fuchs und Gans kommen allerdings zur Zeit nicht zum Einsatz. Sein Auftritt füllt die Manege und der Ara, der am Schnabel hängend einen Ring mit einer Taube darin in den kräftigen Füßen hält, ist die einzige Attraktion in der Kuppel des Chapiteaus.
Artistischer Höhepunkt des zweiten Programmteils ist die sehenswerte Hand-auf-Hand-Nummer des Duo Pachenkov. Kraftvoll, sicher und scheinbar ohne Anstrengung werden schwierige Tricks und Posen zelebriert.

Das Finale wird ausführlichst zelebriert, und wirkt auf Grund der sehr geringen Anzahl an Artisten bemüht und langatmig. Direktor Oliver Skreinig verabschiedet sich vom Publikum und wartet mit einer weiteren Überraschung auf. Nachdem man jahrelang Circus Royal in der Werbung als den 'königlichen Circus', als den angeblich 'zweitgrößten' der Schweiz zu positionieren versuchte, spricht er nun nur noch vom 'Circus Ihrer Heimat'.
Im gleichen Atemzug wird das 'Rössli- und Ponyreiten' angepriesen und viele der Zuschauer verharren verwundert auf ihren Plätzen, dass nach einer Stunde und fünfzig Minuten, inklusive einer ausgedehnten Pause, die Vorstellung bereits zu Ende sein soll.

Die Nummern und Arbeit der einzelnen Artisten sind von guter Qualität, werden von Licht und Musik jedoch nicht im Mindesten unterstützt. Auch ist das gebotene Volumen einfach zu gering, ein Programm eines größeren Circus zu füllen und Royal bleibt somit auf der ganzen Linie weit unter dem seit Jahren gewohnten Niveau.

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