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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS ROYAL
Basel, 29. April 2017

www.circusroyal.ch
Der Schweizer Circus Royal, von Peter Gasser und Oliver Skreinig, gehört seit Jahrzehnten zu den führenden Unternehmen unseres Nachbarlandes. Auch in der aktuellen, fünfundfünfzigsten Saison wird wiederum ein äußerst attraktives, unterhaltsames und sehenswertes Programmgeboten. Man präsentiert traditionellen Circus in zeitgemässem Stil und bietet, als einziger Circus in der Schweiz eine Raubtierdressur.
Auf dem traditionellen Daseler Circusplatz, der von hohen Kastanienbäumen umgebenen Rosentalanlage gastiert Royal stets als erster Circus im Verlauf des Jahres.
Eine große goldene Krone ziert die hohe Kuppel des cremefarbenen Zeltes, das ein dezentes Streifendekor in blau und weinrot ziert. Das Vorzelt zeigt sich in passender Optik und ist mittels eines Tunnels mit dem Chapiteau verbunden.
Ein hohes dreiteiliges Portal, das im mittleren Teil den leuchtenden Namenszug trägt sowie zahlreichen Lichterketten an den Zelten verbreiten Circusflair.
Der nostalgische und top gepflegte Holzschindel-Tonnendachwagen der die Circuskasse beheimatet ist seitlich platziert. Einige weitere Fahrzeuge, allesamt in den Hausfarben cremeweiß mit kräftig blauen Absetzungen lackiert, stehen entlang der Platzseiten aufgefahren. Das Gros des Fuhrparks, sowie die Wohnwagen der Artisten und Mitarbeiter sind auf einem Gelände auf der anderen Rheinseite im badischen Weil am Rhein untergebracht, da der Raum in der Rosentalanlage recht begrenzt ist.
Breiten Raum auf dem Gelände nimmt die umfangreiche und artenreiche Menagerie ein. Herzstück ist die große Raubtieranlage der fünf Tiger von Martin Lacey jun. Zwei große Sattelauflieger sind umfangreichen, strukturierten – Liegeplätze, Wasserbecken, belaubten Ästen, „Spielzeugen“ - Freigehegen zu einer Einheit von beachtlichen Ausmaßen verbunden. Im großen Stall mit angeschlossenen Paddocks haben Pferde, Rinder und die Kamelherde ihr komfortables Unterkommen. In einem weiteren, die gesamte rückwärtige Breite des Platzes einnehmenden Gehege finden Lamas und zwei Emus den notwendigen Raum und Auslauf.
Im Vorzelt sind mit dem Verkaufswagen der Restauration und dem Caféwagen zwei weitere liebevoll restaurierte Tonnenwagen zu bewundern. Ein Biergarten und einige weitere Verkaufsstände komplettieren die Einrichtung.
Das neunreihige, steil ansteigende und damit beste Sichtverhältnisse bietende Gradin ist komplett mit Einzelstühlen ausgestattet. Der dreiteilige Artisteneingang aus leuchtendem schwerem roten Samt beherrscht den hinteren Zeltteil.
Die umfangreiche, mit Scheinwerfern und Movinheads ausgerüstete Lichtanlage wird virtuos eingesetzt und unterstützt die Auftretenden Künstler in idealer Weise. Die musikalsiche Begleitung der Show erfolgt von CD und ein Schlagzeuger setzt die Akzente zu den abwechslungsreichen und gut auf das Manegengeschehen abgestimmten Arrangements.

Im eleganten Frack tritt Direktor Oliver Skreinig in die Manege, begrüßt eloquent das Publikum und stellt seine Artisten in einer schwungvollen Parade vor.
Die „Circus Royal Dance Company“ gestaltet das Eröffnungsbild und ist im weiteren Verlauf der Show mehrfach mit modernen und gut auf den Programmverlauf abgestimmten Choreographien zu erleben. Die drei Paare bilden den „roten Faden“ in der Show, geben ihr Struktur und Schwung.
Nick Andrew startet die Nummernfolge mit einem tempogeladenen Auftritt am Schwungtrapez. Vielfältige Saltos, Pirouetten und spektakuläre Abfaller werden – longengesichert – gekonnt ausgeführt. Im zweiten Programmteil präsentiert der junge Mann sein Können mit den Hula Hoop Ringen. Im abgedunkelten Zelt lässt er zu Beginn per LED beleuchtete Reifen rotieren. Die nachfolgenden Routinen bringen viele relevante Abläufe des Genres ehe Nick Andrew zum Höhepunkt seiner Evolutionen an den Füssen hoch in die Kuppel gezogen wird, während brennende Hula Hoops um seine Arme kreisen.
Mit einem vertiablen Act am Rhoenrad ist der ukraninische Artist Alexy zu erleben. Kraftvoll werden die verschiedenen Figuren auf dem Holzboden, der die komplette Manege bedeckt, ausgeführt.
Clown Steevy, Steven van Gool, mit in einer Reihe flott und gekonnt dargebotener Reprise in der Manege präsent. Mit einer flugs rekrutierten Mitspielerin aus dem Publikum agiert er als Kunstschütze. Im turbulenten Treiben werden einige Luftballons vorzeitig zerstört, ehe der finale Schuss mit dem imaginären Pfeil ins Schwarze, bzw. den Ballon trifft. Aufwändig arrangiert ist sein „Hütchen-Spiel“. In einem mobilen Eisstand, der Bestandteil eines dreirädrigen Fahrrades ist, hat die Partnerin ihren Platz und erscheint – oder auch nicht – nach abnehmen der Abdeckhauben mit dem Kopf auf der Theke. Die Pause leitet der Clown gemeinsam mit Direktor Skreinig ein, indem ein lebensgroßer aufblasbarer Elefant in der Manege „zum Leben“ erweckt wird. Schließlich sehen wir Steevy und seine Partnerin ihre Zwistigkeit als Auto- und Radfahrer um die Vorfahrt mit Hupen austragen.

Tennisjongleur Kevin Stipka präsentiert sein umfangreiches Können gekonnt in hohem Tempo. Zunächst lässt er variantenreich einen Tennisschläger auf den Devil-Sticks tanzen. Anschließend erfolgen umfangreiche und sehr sicher vorgetragene Routinen mit bis zu fünf Tennisschläger.
Verletzungsbedingt konnte Luftartist Donoban Rodriguez sein Engagement in der Schweiz bisher nicht antreten, so dass die Direktion den Ausfall anderweitig kompensiert. So präsentiert das jüngste Mitglied der Truppe Kucherenko erstmals seine Diabolo-Jonglage vor Publikum. Die ansprechende Trickfolge, die bereits viele der wesentlichen Abläufe des Genres beinhaltet, wird sicher gearbeitet.
Die erstklassige, heutzutage fast nicht mehr zu sehende, traditionelle Fahrradartistik der Truppe Kucherenko beendet den ersten Programmteil. Die ersten, elegant ausgeführten Tricks absolvieren drei Herren der Truppe auf Saalrädern, dann folgen Evolutionen auf Einrädern. Schließlich kommen hohe Stangenräder zum Einsatz. Mit einem spektakulären Handstand auf den Köpfen der beiden, auf den Stangenrädern die Manege umrundenden, Untermänner erreicht die Darbietung ihren faszinierenden Höhepunkt.

Der zweite Teil der Show beginnt mit Raubtierdressur von Victor Gillaumin aus Mexiko. In ruhigem und souveränem Vorführstil präsentiert er fünf Tiger aus dem Bestand von Martin Lacey jun. Gekonnt lässt der erfahrene Dompteur Pyramide, Hochsitzer, Teppich und eine Reihe verschiedener Sprünge ausführen. Mit direktem engen Kontakt demonstriert Gillaumin den vertrauensvollen Umgang mit seinen Schützlingen. Zu Beginn der Darbietung werden die Besucher mit einem Videoeinspieler, der auf große Leinwände über dem Zentralkäfig projiziert wird, über den dramatischen Rückgang der Tigerpopulation in freier Wildbahn und Lebensbedingungen von Tigern in menschlicher Obhut informiert. Nach der Darbietung wirbt Direktor Oliver Skreinig wortgewandt und eindrücklich dafür, sich ein eigenes Bild von der Tierhaltung im Circus zu machen und ruft jeden einzelnen Besucher dazu auf, seine Haltung zu Tierhalteverboten im Circus gründlich zu überdenken, da damit automatisch alle privaten Tierhaltungen in Frage gestellt sind.
Den Käfigabbau überbrückt Brendy Jottok mit einem stimmungsvollen Auftritt an den Tuchstrapaten.
Die zweite Dressurnummer des Programms präsentiert Robert Stipka jun. Sechs Steppenkamele laufen unter seiner gekonnten Peitschenführung vielfältige Figuren. In hohem Tempo läuft die ansprechende Dressurfolge ab.

José Munoz, hierzulande von einem längeren Engagement im Circus Carl Busch bestens bekannt, arbeitet seine fulminante Nummer auf dem Seil in diesem Jahr im Circus Royal. Viele verschiedene Sprünge bilden den Schwerpunkt des Auftritts, der mit einem Rückwärtssalto und einem weiteren durch einen vom Artisten selbst gehalten, mit Papier bespannten Reifen ihren Höhepunkt hat.
Jongleur Victor Krachinov arbeitet mit silbernen Tennisbällen und ebensolchen Keulen. Zu Mozart-Klängen erzeugt er mit perfekt abgestimmten Bewegungsabläufen und ebensolchen Mustern die Illusion, ein Orchester zu dirigieren. Bis zu acht Bälle und sieben Keulen werden sicher und virtuos in der Luft gehalten.
Das große Finale bietet dem Ballet und Sängerin Krisztina Nagy, die mit ihrem stimmungsvollen Live-Gesang mehrfach besondere Akzente in der Show setzt, noch einmal einen glanzvollen Auftritt. Das gesamte Ensemble nimmt in der Manege Aufstellung und wird vom restlos begeisterten Publikum mit frenetischem Beifall gefeiert.