Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS R. & P. ALTHOFF
Jülich, 22. Januar

www.circus-althoff.com
Der Festplatz in Jülich liegt sehr weit außerhalb der Stadt am Rande eines weitläufigen Freizeitgeländes. Nur mit dem Auto erreichbar, ist kein Haus der Stadt mehr zu sehen. Entsprechend überschaubar fiel der Besuch an jenem trüben Winterabend aus. Der markante rot-gelbe Viermaster mit der bis zu den Mastspitzen hochgeführten Plane dominiert den Platz. Einige Campings sowie die roten – mit gelber Beschriftung versehenen – Circusfahrzeuge sind ringsumher angeordnet.
Ein mit Fahnen und Lichterkette geschmückter Zaun bildet die Front. Unterbrochen wird er vom Kassencontainer. Im Stadtbild fallen die zahlreichen Plakate mit neuen Motiven sofort ins Auge. Auch der Slogan 'größter Raubtiercircus Europas' wird nun neu aufgedruckt, ist angesichts dessen, dass man zwei Raubtiernummern bietet keine reißerische Übertreibung.

Eine junge Frau aus der Familie Fischer fungiert gekonnt als Sprechstallmeisterin, eröffnet mit ihrer Begrüßung das Programm.
Traditionell beginnt das Programm dieses Circus mit einer Pferdedressur. Michael Fischer führt seine beiden Tigerscheck-Ponys in einer kurzen Trickfolge vor. Mit ihrer Aktion auf der Schaukel endet die Präsentation.
Der etwa siebenjährige Nico überbrückt mit zwei kurzen Reprisen zwei Mal Umbauten in der Manege.
Nach einem Beinbruch im letzten Herbst wieder genesen, ist Manolito del Sanchez in die Manege zurück gekehrt. Seine Evolutionen auf der rollenden Kugel finden beim Publikum Anklang, wird dieses Genre doch heute fast nicht mehr geboten. Beim Lauf die Rampen empor fiebern die Besucher mit.
Als Pausennummer erleben wir seine Rola-Rola Darbietung. Obercool im weißen Anzug mit ebensolchem Hut und großer Sonnenbrille zum Mambo Nr. 5 agiert er auf dem labilen Untergrund. Seit wir ihn zuletzt sahen, hat der Auftritt eine deutliche Weiterentwicklung erfahren. Routiniert und sicher baut er seine Türmchen auf, hält souverän die Balance. Auch sind weitere Tricks hinzu gekommen.

Lange Zeit musste dieses Programm eines großen Familiencircus völlig ohne Luftnummern auskommen, nun gibt es gleich deren zwei. Am Ring produziert sich Marina mit einer gefälligen Kür. Ihre Schwester Madelaine, ein noch sehr kleines Mädchen von fünf, höchstens sechs Jahren bietet in ansprechender Aufmachung eine bereits beachtliche Trickfolge am Mond.
Ein weiterer Nachwuchsartist  ist Kevin, der mit einigen klassischen Zaubertricks durchaus zu gefallen versteht. Hier und da wirkt sein Verkauf noch ein wenig hölzern. Nicht richtig nachvollziehbar ist allerdings, warum er seine Trickfolge zweigeteilt vortragen muss.

Angekündigt als „Heidi und Klara aus den Bergen“ führen Anita und Marina zu den Klängen des 'Anton aus Tirol' vier Ziegen vor.
Das große Entree der Clowns – Kult pur. 'Jan' und 'Paul', alias Michael und Dominik Fischer (in dieser Vorstellung krankheitsbedingt vertreten durch Manolito), präsentieren seit eh und je ihren Kampf mit einer Hängematte. Reduziert auf das Wesentliche bringen sie in flottem Spiel mit trockenem Humor ihre Gags.
Die charmante Manegensprecherin kündet die Pause an und preist wortreich den Besuch der umfangreichen Tierschau an. An diesem Abend gibt es praktisch Niemanden, der dieser Aufforderung nicht nachkommt.

Nachdem das 'Pony reiten' mangels Interesse schnell endet, wurde der Zentralkäfig  errichtet und der zweite Teil des Programms startet mit den beiden Raubtiernummern.
Zunächst präsentiert Michael Fischer seine vier großen, kastrierten mähnenlosen Löwenmännern in der Manege. In unkonventionellem Vorführstil pflegt er sehr oft den direkten Kontakt mit seinen Tieren. Das aufrichten am Platz, gestützt gegen den leicht gebaut wirkenden Käfig, der sich ziemlich unter dem Gewicht neigt, zeigt beeindruckend die Größe der Katzen. Einige Male füttert er zwei Löwen, wobei das Fleischstück unmittelbar vor seiner Hand von Stabende abgenommen wird.
In der besuchten Vorstellung wird die Tigergruppe ebenfalls von Michael Fischer vorgeführt. Auch mit diesen sechs Tieren arbeitet er auf sehr engen Distanzen. Balkenlauf, Sprünge, Tigerbar, Hochsitzer – die Palette gängiger Tricks läuft routiniert ab.
Die folgende Reiterei der 'Romanoff-Truppe' ist eine recht flotte Voltige. Sechs Nachwuchsartisten der Familie Fischer verstehen mit routiniertem Auftreten das Publikum zu überzeugen.
Auch die vierte und letzte Darbietung des zweiten Teils ist eine Tiernummer. Ein letztes Mal sehen wir den omnipräsenten Michael Fischer in der Manege. Mit  fünf Haflingern präsentiert er eine schwungvolle, fehlerfrei laufende Freiheit. Als Da Capo gibt es an Stelle der ansonsten obligatorischen Steiger in bester  „Kommödiantenmanier“ den „Abschleppdienst“. Das letzte Pferd will die Manege partout nicht verlassen und muss von einer Ziege nach Hause geleitet werden.
Ein Finale im eigentlichen Sinn wird in diesem Circus nicht gegeben. Die junge Sprecherin abschiedet stattdessen mit wohl gesetzten Worten, die in ähnlichen Form früher im Circus von Louis Knie zu hören waren, nach rund einhundertundfünf Minuten das zufriedene Publikum.
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