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Text und Fotos Friedrich Klawiter
Circus Voyage
Erfurt, 08. Juni 2023

www.circus-voyage.de
Der Circus Voyage von Alois und Diana Spindler tourt fast ausschließlich in den Neuen Bundesländern. In diesem Frühsommer war man zu einem längeren Gastspiel in die thüringische Landeshauptstadt Erfurt gereist.
In direkter Nachbarschaft des Einkaufszentrums „Thüringen-Park“ war der große Circus auf einer Wiese aufgebaut.
Die Zeltanlagen sind allesamt in leuchtendem weiß mit roten Absetzungen gehalten. Am Chapiteau ragt die Plane bis zu den Mastspitzen empor und rahmt die langgestreckte Kuppel ein. Acht hohe Quaderpools verleihen dem Viermaster seine charakteristische Form. Das Vorzelt ruht auf zwei hohen Masten und ein langer Stall komplettiert die Zeltbauten.
Der hohe metallene Frontzaun, dessen Plaketten sind mit Circusmotiven dekoriert, wird mittig von einem breiten Portal unterbrochen, unter dem der Kassenpavillon seinen Platz hat. Die beiden mit bunt bemalten Fassadenwagen haben zur rechten Seite Platz gefunden und der übrige umfangreiche Fuhrpark ist in langen Reihen auf dem Gelände abgestellt.
Der Verkaufswagen der Circusrestauration hat seinen Platz im Vorzelt, von dem angesichts der sommerlichen Witterung nur das Dach aufgebaut wurde.
Ein siebenreihiges Schalensitzgradin und zwei Reihen bequemer Polsterstühle in den Logen stehen für die Besucher bereit. Der große markante Artisteneingang, aus dunkelrotem Samt, mit der beleuchteten Showtreppe nimmt den rückwärtigen Zeltbereich ein. Zu Beginn der Vorstellung steht eine große sechseckige erhöhte Bühne, die ansonsten in der Wassermanege verwendet wird, inmitten der Manege.

Vanessa Spindler ist die versierte und angenehme Manegensprecherin  des Hauses. Vor Beginn der Show informiert sie das sehr zahlreich erschienene Publikum über die Probleme beim aktuellen Gastspiel. Die Stadt Erfurt könne oder wolle keinen geeigneten Platz für ein Circus-Gastspiel anbieten und würde auch Plakatierung und Werbung nach Kräften zu verhindern suchen. Nach einiger Suche habe man auf dieses Privatgelände anmieten können, doch gibt es hier weder Wasser- noch Stromanschlüsse. Die Wasserversorgung von Mensch und Tier wird durch die Feuerwehr sichergestellt, doch die Wassershow in der Manege muss unter diesen Umständen ausfallen.
Bis auf das fehlende Wasser in der Manege nimmt die Show ihren normalen Verlauf. Auf der Bühne ist im bunten Licht eine Meerjungfrau zu erkennen. In einem Moment der Dunkelheit entledigt sie sich ihrer großen Flosse und schwebt bald darauf an einem Kronleuchter unter der Circuskuppel. Charmant wird eine Auswahl an Tricks der Luftakrobatik geboten.
Nach diesem poetischen Auftakt stört Clown „Sepp jr.“ mit lautem rufen die Stimmung. Er bietet Popcorn feil, wird von der Sprechstallmeisterin aber sofort zurückgepfiffen, da dieses verboten ist. Also verschenkt er seine Ware kurzerhand und der letzte „Glückliche“ bekommt den Inhalt seines Korbes über den Kopf geschüttet.
In einer weiteren Reprise besiegt er in seinem Planschbecken den weißen Hai und teilt, mit einem Assistenten aus dem Zuschauerraum, als Karatekämpfer mit einem gewaltigen Hieb einige Blatt von einer Toilettenpapierrolle ab. Schließlich veranstaltet er mit einigen Kindern aus dem Publikum die Reise nach Jerusalem und sein etwa dreijähriger Sohn avanciert dabei zum unumstrittenen Star und Publikumsliebling der Show.
Nicht nur als Manegensprecherin macht Vanessa Spindler eine gute Figur, sondern ist darüber hinaus auch mit ihrer Hula Hoop Darbietung zu erleben. Die ersten Touren absolviert die sympathische junge Frau im abgedunkelten Zelt mit Reifen die per LED-Technik leuchten und leitet ihren Auftritt besonders effektvoll ein. Die nachfolgenden, variantenreichen Muster erfolgen sicher mit herkömmlichen Requisiten.

Die exzellente Darbietung des Duo Acero am Chinesischen Mast bereichert nun das Programm des Circus Voyage, nachdem wir sie kürzlich im Circus der kölschen Kultband „Die Höhner“ erleben durften. Die anspruchsvollen Tricks werden in hervorragender Weise ausgeführt und  insbesondere der ungewöhnliche Schlusstrick reißt die Zuschauer mit.
Die hauseigenen Dressur-Darbietungen laufen unter der versierten Peitschenführung von Alois Spindler ab. Zunächst sind vier braune Araberhengste in einer abwechslungsreichen Freiheitsdressur zu sehen. Als Da Capo folgt das Groß-und-Klein eines Friesenhengst mit einem schwarzen Pony, ehe sich ein weißer Araber als eleganter Steiger präsentiert.
Wenig später präsentiert Alois Spindler drei Dromedare und ein Kamel im roten Ring, denen vier schwarz-weiß gefleckte Alpakas im Zusammenspiel mit Tigerscheck-Ponys folgen. Die interessanten Abläufe werden gekonnt ausgeführt und zwei unterschiedliche Kruppensteiger der Ponys sind der gelungene Höhepunkt des Auftritts.
Komplettiert werden die Tier-Darbietungen durch die Papageien-Revue des Duo Medini. Fünf Aras und ein Kakadu beweisen ihre Geschicklichkeit u.a. beim Rad fahren, Rollschuhlauf, Roller fahren und auf einer Schaukel. Ein großes Karussell beendet den Auftritt.

Zwei erstklassige Luft-Darbietung präsentiert Alexandra Sazonova. Zunächst bietet sie hervorragende Akrobatik am Flying Pole. Nach ersten Aktionen am auf der Bühne ruhenden Requisit geht es hoch hinauf bis unter die Kuppel. Die trickstarke Nummer wird exzellent präsentiert und bietet kraftvolle Abläufe und auch einigen Nervenkitzel.
Mit ihrer eleganten Kür am Luftring begeisterte Alexandra Sazonaova bereits im Barelli-Palast, als sie dort mit ihren Eltern – Tashkenbaev Hochseiltruppe – ein mehrjähriges Engagement hatte. Die vielseitigen Tricks der umfangreichen Abfolge erfolgen souverän.
Zusammen mit Oscar – ihrem Ehemann – und Johan erleben wir sie als Trio „Marin Family“ auf dem Hochseil. Viele hochkarätige Tricks des Metiers erfolgen in einem von südamerikanischen Temperament geprägten Auftritt. Spagat, Zwei-Mann-hoch, Sprung über den Partner, doppeltes Seil springen und der synchrone freie Stand auf Stühlen von zwei Partnern sind einige Tricks des rasanten Act. Mit einer eindrucksvollen 3er Pyramide erhält der Auftritt seinen gelungenen Abschluss.
Schließlich sind die beiden Herren als verwegene Motorrad-Artisten im Globe of Death zu erleben. Mit einem starken Quad wird die große Stahlgitterkugel in die Manege gezogen und in Stellung gebracht. In hohem Tempo und in waghalsiger Weise donnern die Motorräder, auch auf kreuzenden Bahnen durch die Kugel.
Zum großen Finale kommen alle Mitwirkenden noch einmal in die Manege, werden von der Manegensprecherin noch einmal vorgestellt und vom mehr als zufriedengestellten zahlreichen Publikum mit lang anhaltendem lebhaften Applaus verabschiedet.