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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE ALEXANDRE BOUGLIONE
Namur, 22. April 2017

www.bouglione.be
Während der Osterferien gastiert der größte Circus Belgiens, der Cirque Alexandre Bouglione traditionell in Namur. Der hoch über der Stadt am Oberlauf der Meuse gelegene Circusplatz, die „Esplanade de la Citadelle“, bot den geeigneten Rahmen.
Großzügig, in exakter Formation aufgebaut, füllt den Circus den weitläufigen Platz. Der cremefarben und blau lackierte Frontzaun ist mit goldenen Pferde- und Elefanten-Ornamenten geschmückt. Der prachtvolle historische Kassenwagen und ein ebenso stilvoll restaurierter Wohnwagen haben ihren Platz in der Front. Die creme-blauen und mit großen roten Lettern beschrifteten Transportfahrzeuge stehen in einer langen Reihe auf der linken Platzseite. Rechts der Zeltanlagen sind die zahlreichen eindrucksvollen Wohnwagen amerikanischer Herkunft aufgefahren. Einen besonderen Blickfang im Fuhrpark des Circus bilden drei hervorragend restaurierte, historische amerikanische Kennworth-Trucks.
Die Stallungen und Freigehege der Pferde, Kamele, Lamas und Hunde sind im hinteren Bereich des Geländes angeordnet.
Als Spielzelt dient seit einigen Jahren ein rot und weiß gestreifter Viermaster von achtundzwanzig mal fünfundzwanzig Metern, das nach der Sommerpause durch ein höheres Chapiteau ersetzt werden wird. Das weiße Vorzelt, dass den Verkaufswagen der Circusrestauration und einige Sitzgruppen aufnimmt, ergänzt die Zeltanlagen.
Der phantasievoll gestaltete Artisteneingang beherrscht das Chapiteau. Glitzernde dreidimensionale Palmen säumen die Seiten der üppig mit goldenen Borden besetzten Gardine und der große, erhaben ausgeführte Namenszug des Circus funkelt und leuchtet von der Traverse ins weite Rund.
Die rot-goldenen Logen sind überaus reich verziert und mit zwei Reihen bequemer Stühle ausgestattet. Ein fünfreihiges Bankgradin komplettiert die Zelteinrichtung.
Mit der sehr gut bestückten Anlage wird ein hervorragendes Lichtdesign umgesetzt, das die Show in idealer Weise in Szene setzt.

Stimmungsvoll wird die nach einer Idee von Anouschka Bouglione konzipierte Show mit dem Motto „Excellence“ umgesetzt.
„Monsieur Loyal“ Pierre Paillé, ein wahrer Grandseigneur der Manege, ist nach einigen Jahren Absenz in die Bouglione-Manege zurückgekehrt. Er begrüßt charmant das zahlreich erschienene, voll Vorfreude strahlende Publikum. Wie stets ist er der Show ein souveräner, äußerst angenehmer und wortgewandter Sprecher, der die Show mit seinen Ansager auf ein noch höheres Level hebt.
Die ersten Tänzerinnen treten, sich im Takt der tangomeldoie wiegend, in den roten Ring, während der Manegensprecher auf das Kommende einstimmt. Nun hält es einen "Logenbesucher" – Rony Genovesi – nicht mehr auf seinem Platz. Er erobert die Manege und wird, nach kurzer Tanzeinlage, flugs von den Ensemblemitglieder in Clown Rony verwandelt.
Der Schwung des harmonischen Eröffnungsbildes setzt sich in der Jongleur-Darbietung des italienisch-spanischen Duo Jarz fort. Zunächst werden mit silbernen Keulen etliche Partnerroutinen ausgeführt. Sodann sind Tennisbälle, die Ivano Jarz auch in Köchern am Gürtel fängt, die Utensilien der Wahl. Fliegenden Untertassen gleich segeln Teller durch die Kuppel und finden stets sicher in die Hand des Jongleurs zurück. Mit einem großen Röhrenkubus werden die abschließenden Touren geboten.
In einem weiteren Auftritt sehen wir das sympathische Duo mit einem Tango an den Strapatentüchern. Mit zahlreichen abwechslungsreichen Aktionen in der Manege und hoch in der Kuppel ziehen die beiden sympathischen Artisten das Publikum in ihren Bann. Zahlreiche Tricks des Genres, bei denen auch die Partnerin als Porteur agiert, werden gekonnt in einer harmonischen Abfolge geboten.
Anouschka Bouglione arbeitet auch in dieser Spielzeit ihre hinreißende Hula-Hoop Darbietung. In vielerlei Variationen lässt die charmante Artistin die Reifen um ihren Körper rotieren.

Die zahlreichen hauseigenen Dressur-Darbietungen werden selbstverständlich auch in der aktuellen Produktion gezeigt.
Die drei, mit Pailletten besetzten Halftern und Halsbändern prachtvoll herausgeputzten Lamas, laufen nun unter der versierten Peitschenführung von Pierre Paillé ihre erlernten Figuren. Sie steigen auf ein Podest und mit gekonnten Barrieresprüngen klingt der Auftritt aus.
Direktor Alexandre Bouglione präsentiert vier prächtige Steppenkamele in einer harmonischen Laufarbeit. Souverän lässt der erfahrene Tierlehrer die verschiedenen Abläufe ausführen. Als Da Capo präsentiert ein temperamentvoller Hengst erstklassige Steiger.
Juniorchef Nicolas Bouglione bringt seine verspielte Hundemeute in die Manege. Sechs schwarz-weiße Hunde unterschiedlicher Größen und Rassen zeigen voller Eifer ihr erlerntes Können. Zahlreiche Sprünge bilden den Schwerpunkt der temperamentvoll vorgetragenen Darbietung.
Sechs Shetland Ponys, die von Madame Linda Bouglione vorgeführt werden, komplettieren den abwechslungsreichen Reigen der Tierdressuren.

Clown Rony hat bei einigen seiner Auftritte nun in Pierre Paillé einen kongenialen Partner. Zunächst erleben wir die beiden Komödianten mit dem Kunstschützen-Entree. Im flotten Ablauf finden etliche Ballons ein vorzeitiges Ende, ehe „Monsieur Loyal“ zum finalen Schuss kommt. Mit der Popcorn-Reprise wird die Pause eingeleitet. Zusammen mit Nachwuchs-Clown Tonito, dem sechsjährigen Sohn von Anouschka Bouglione und Reinaldo Monteiro bringt Rony eine Western Parodie. Nachdem eleganten jonglieren von „Luft-Revolvern“ liefern sich die beiden „Pistoleros“ ein packendes Duell.
„Incroyable Magic“ verspricht Pierre Paillé für die letzte Reprise. Unsichtbar soll ein Tuch aus seiner in die Hosentasche des August wechseln, was zur Verblüffung der Zuschauer perfekt gelingt – bis der August patzt.

Yosvani Rodriguez, hierzulande u.a. von einem Engagement beim Circus Voyage bekannt, ist mit zwei Darbietungen im Programm vertreten. Zunächst sehen wir ihn mit seinem, mit südamerikanischem Temperament vorgetragenen Act auf dem Elastic-Seil. Hohe Sprünge und verschiedene Vorwärts- und Rückwärtssaltos bestimmen die Trickfolge in diesem Genre. Im zweiten Programmteil sehen wir ihn mit einer veritablen Luftnummer. An den Strapaten erfolgen viele kraftvoll ausgeführte Tricks und weite Flüge führen durch die Zeltkuppel.
„Laser-Woman“ Ofelia Nistorov zaubert mit den bunten Lichtstrahlen vielfältige Muster. Sie manipuliert in geschickter Weise die Strahlen und begeistert nicht nur die jüngeren Besucher mit der variantenreichen Lightshow.

Den artistischen Höhepunkt der Show bietet Reinaldo Monteiro vor der Pause mit seiner exzellenten und leistungsstarken Arbeit auf der Rola-Rola. Souverän balanciert er auf dem labilen Untergrund; u.a. auf einem Basketball und auf einem Seilapparat der auf dem Rolabrett steht. Viele Höchstschwierigkeiten des Genres werden perfekt ausgeführt und schließlich türmen sich sieben Rollen und Zwischenlagen zu einem mächtigen Turm unter dem Artisten, der auch in dieser Höhe die Balance hervorragend ausführt.
Als Finalnummer präsentiert das Duo Jarz eine veritable Magic Show. Zahlreiche Groß-Illusionen werden in einer stimmigen Choreographie gekonnt dargeboten.
Im flott inszenierten Finale, mit Einzelvorhängen für alle Mitwirkenden, verabschiedet sich das Ensemble vom äußerst zufriedenen Publikum. Luftballons fliegen ins Publikum und winkend verlassen die Artisten die Manege.
Nun ist es an der Zeit aus dem Clown Rony wieder den Privatmann Rony Genovsi werden zu zahlen. Achselzuckend schminkt er sich ab, zieht die großen Schuhe aus und legt die rote Nase ab und will die Manege in Richtung Logen verlassen. „Monsieur Loyal“ bedeutet ihm, dass er nun „dazu gehört“ und gemeinsam gehen sie im Schein der verlöschenden Scheinwerfer in den Sattelgang. Mit diesem stimmigen Epilog findet die mitreißende Show ihren romantischen Abschluss.
Der Cirque Alexandre Bouglione bietet auch in dieser Saison wieder ein absolut sehenswertes Programm, in dem der klassische Dreiklang aus Tieren, Clowns und Akrobaten in einer ausgewogenen Mischung in einem zeitgemäßen Showkonzept präsentiert wird.