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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE AMAR
Troyes, 03. 10. 2017

www.cirque-amar.fr
Amar – unter einem der klangvollsten Namen des französischen Circus betreiben die Geschwister Elisa und John Falck zusammen mit ihrem Cousin André seit rund zwei Jahrzehnten ihr prächtiges Unternehmen. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts von Ahmed Ben Amar gegründet, gingen die Namensrechte 1973, als sich der letzte der vier Söhne des Unternehmensgründers zurückzog, auf Firmin Bouglione über, als dessen Lizenznehmer die Familie Falck reist.
Im Verlauf der Jahre hat die Familie Falck ihren Circus zu einem der größten und prächtigsten Reisegeschäfte Frankreichs ausgebaut; besonderen Wert legt man auf ein exzellentes Erscheinungsbild des Unternehmens.
Die einzigartige, riesige dreiteilige Prunkfassade nimmt die gesamte Vorderseite des Circusplatzes ein. Herzstück des höchst prachtvoll gestalteten Arrangements ist der große Sattelauflieger mit den mittig platzierten Kassencountern. Zwei breite Treppen führen zu ihnen und den beiden Eingangsportalen hinauf.
Die gesamte mit den eleganten geschweiften Klappelementen trägt ein üppiges Dekor aus erhaben ausgeführten, goldfarbenen Ornamenten und Blütenranken. Unzählige blauer und roter Lämpchen blinken in einem stetigen Rhythmus. Kunstvoll verzierte Zaunelemente, deren hohe und üppig dekorierte Säulen von dekorativen Löwenköpfen gekrönt sind, schließen sich zu beiden Seiten ein. Zu beiden Seiten bilden große Anhänger, deren Fassaden kunstvoll mit Motiven und Ornamenten in Airbrushtechnik bemalt sind den Abschluss. Ihre volle Pracht und geheimnisvollen Zauber offenbart die Front nach Einbruch der Dunkelheit im Lichterschein der unzähligen rhythmisch blinkenden Lichter.
Beachtung verdient der moderne und gepflegte Fuhrpark des Circus. Selbstverständlich wird auch dieser große Circus, wie in Frankreich allgemein übliche Praxis, in einer einzigen Fahrt auf der Straße umgesetzt. Mehr als fünfundzwanzig schwere Zugmaschinen – Renault, MAN, Scania – stehen bereit, jeweils einen Sattelauflieger mit angekuppeltem Jumboanhänger oder mehrere Anhänger zu transportieren. Alle Fahrzeuge glänzen in ferrarirot und die zu Jahresbeginn vorgenommene Änderung des Designs ist inzwischen weitestgehend abgeschlossen. Die Zugmaschinen weisen nun große weiße Kontrastflächen an den Fahrerkabinen auf. An den Aufbauten der Wagen prangt der Namenszug in riesigen weißen Letter und schwarz-weiße, elegant geschweifte Dekorstreifen strukturieren die Flächen.
Die imposanten Wohnwagenkonvois der Direktion werden von stylischen Kenworth Trucks gezogen. Riesige beidseitige Doppelauszüge verleihen den mobilen Wohnungen eine beachtliche Größe.
Breiten Raum nimmt die umfangreiche Menagerie des Circus ein. Große hell Stallungen, moderne geräumige Raubtierwagen und angebaute Freigehege dienen den viebeinigen Bewohnern als Unterkunft.
Neben der intensiven und flächendeckenden Plakatwerbung setzt der Cirque Amar auch die in Frankreichs Circussen allgegenwärtigen Werbefahrzeuge, die mit Musik und Lautsprecherdurchsagen auf das Gastspiel aufmerksam machen, ein.
Als Spielstätte wird seit einigen Jahren ein mächtiges, rot-weiß gestreiftes Vier-Masten Chapiteau von vierundvierzig Metern Durchmesser aufgebaut. Acht hohe Quaderpools formen die markante Silhouette und über der langgestreckten Kuppel funkelt der von zahlreichen Lichtern illuminierte Namenszug.
Das optisch passende Vorzelt wird von einem hohen Gitterrohrbogen überspannt. In ihm finden die Verkaufswagen und Stände der Circusrestauration sowie einige Sitzgelegenheiten Platz. Durch den die beiden Zelte verbindenden Tunnel erreicht man die Holztüren, die das Spielzelt abschließen.
Das Chapiteau-Innere zeigt sich aufwändig und prächtig ausstaffiert. Die roten Logen sind mit üppigen goldfarbenen Ornamenten und Elefantenköpfen dekoriert. Auf den vorderen Brüstungen prangt der Namenszug des Unternehmens. Ein großes, steil aufragendes Schalensitzgradin nimmt den größten Teil des Raumes ein und von den raumhohen roten Planen, mit denen die oberste Gradinreihe abschließt, blicken riesige goldene Löwenköpfe auf die Besucher.
Der breite Artisteneingang beherrscht den hinteren Zeltteil. Basis der Konstruktion ist ein großer Anhänger mit Kofferaufbau. Ein Teil des Aufbaus lässt sich hydraulisch in der Höhe verfahren und wird so zum nach vorne offenen Orchesterpodium. Der untere, breitere Teil ist mit einem roten Samtvorhang versehen und wird von vier goldenen Säulen gegliedert.
Die Lichtanlage zeigt sich von beeindruckenden Ausmaßen. An zwei Traversen zwischen den Masten, am Artisteneingang, an den Masten und weiteren Punkten sind neben zahlreichen Scheinwerfern mehr als dreißig Kugelköpfe installiert. Das von Jocelyn Morel geschaffene Lichtdesign ist exzellent und setzt die auftretenden Künstler in phänomenaler Weise in Szene.

„Monsieur Loyal“ Stephan Gisteau begrüßt das zahlreich erschienene Publikum und wird im weiteren Verlauf der Show als eloquenter Manegensprecher die Show begleiten und die Auftretenden dem Publikum nahebringen. Die Show ist als klassisches, flott und lückenlos ablaufendes Nummernprogramm konzipiert, in der der Manegensprecher als verbindendes Element fungiert.
Wie zumeist im traditionellen französischen Circus steht eine Raubtierdressur am Beginn des Programms. Direktor John Falck präsentiert sechs weiße und einen normalfarbenen Tiger in einer schwungvoll präsentierten und abwechslungsreichen Trickfolge. Pyramide, Sprungvarianten, Hochsitzer, Teppich, Rollover und Fächerlauf werden souverän gemeistert. Eindrucksvolle Vorwärts- und Rückwärtssteiger sind die abschließenden Höhepunkte.
Die weiteren Tier-Darbietungen sehen John jr. Und Mickael Falck, die Söhne von André Falck und Angela Biasini als Vorführer. Vier Kamele und drei Dromedare lässt Mickael in einem schwungvoll vorgetragenen Ablauf ihr erlerntes Können zeigen. Souverän präsentiert der junge Mann die mächtigen Trampeltiere und bietet zum Da Capo den furiosen Vorwärtssteiger eines Lamas. Sein erst sechzehnjähriger Bruder John jr. Ist zunächst mit sechs munteren Tigerscheck-Ponys zu erleben. Vielfältige Lauffiguren kennzeichnen den flotten Ablauf und verschiedene Steiger zweier weißer Araberhengste bilden den idealen Abschluss des Auftritts.
Wenig später ist der jugendliche Vorführer mit den beiden hauseigenen afrikanischen Elefanten im roten Ring zu erleben. Schwungvolle Laufarbeit wechselt mit akrobatischen Übungen, wie z.B. Hochsitzern auf den Tonneaus ab.

Im artistischen Teil des Programms sehen wir zunächst Pamela-Diana mit ihrem „Hula Hoop Tango“. Mit einer Tanzsequenz, zusammen mit ihrem Partner, nimmt der Auftritt, der viele der genretypischen Abläufe bietet, seinen Beginn. Abschließend lässt sich die Artistin, während vier Ringe um ihren Körper kreisen, an einer Handschlaufe hoch in die Kuppel ziehen.
Miss Tesa arbeitet ihre Kautschuk-Nummer auf einem chromblitzenden Piedestal. Geschmeidig werden die Tricks aufgeführt und die Aufnahme einer Rose mit dem Mund bildet den Höhepunkt des Auftritts.
„Flames & Co Diabolos“ nennen Jean und Morgane ihre furiose Diabolo-Jonglage, die viele selten zu sehende Abläufe bietet. Mit einem lichterloh brennenden Diabolo erfolgen die ersten Touren. Nach Wechsel zu „normalen“ Requisiten erleben wir eine abwechslungsreiche Trickfolge, in der bis zu drei Diabolos sicher beherrscht werden. Aufgelockert wird die Abfolge der Muster durch höchst selten zu sehende Partnertricks. Abschließend werden drei Leucht-Diabolos im abgedunkelten Zelt jongliert.
William und Nadivet Cardinali arbeiten eine eindrucksvolle Abfolge anspruchsvoller Tricks an den Tuchstrapaten. In eleganter Ausführung erfolgen die kraftvoll vorgetragenen Tricks, bei den Halteelemente und raumgreifende Flüge gekonnt abwechseln.

Das Clowns Trio „Cardinali“ beginnt sein umfangreiches Entree musikalisch. Die Weißclownin stimmt in der Manegenmitte eine Melodie auf der Gitarre an und über die Gradintreppen kommen die Auguste Guilherm und William mit ihren Trompeten dazu. Mit vielen Gags und reichlich Klamauk kommen sie beim Publikum sehr gut an. Immer wieder zeigen die Herren ihr musikalisches Talent, so z.B. beim virtuosen Spiel einer Geige in außergewöhnlichen Positionen und beim Glockenspiel.
William ist zudem in zwei Reprisen während der allgemeinen Durchsagen zu Programmbeginn und beim Abbau des Zentralkäfigs zu erleben.
Denilson Navas eröffnet den zweiten Teil der Show mit seinem Act am Trampolin. Er verzichtet in seinem „auf komisch“ dargebotenen Auftritt darauf, einen Betrunkenen zu mimen und gibt sich zunächst als „ungeschickter Requisiteur“ der das Trampolin erobert. Die vielseitige Trampolin-Akrobatik steht eindeutig im Vordergrund des Auftritts und die rasanten Kaskaden den „Sprungturm“ hinab führen bis über die Piste hinaus. Mit einem gekonnten dreifachen Salto erreicht die Darbietung ihren Höhepunkt.

Die „Fratelli Marton“ begeistern mit ihrer erstklassigen Hand-auf-Hand Darbietung. In ihrem ausgezeichneten Act reihen sie viele Höchstschwierigkeiten des Genres gekonnt aneinander und lassen das Publikum gebannt und atemlos ihren Aktionen folgen.
Selbstverständlich sind auch die Töchter von John Falck und Christina Roy, Laetitia und Vanessa, in der Show präsent.
Laetita präsentiert zusammen mit Solange, einer französischen Magierin die ihre Auftritte mit Live-Gesang untermalt, gekonnten Quick Change. Nebender Vielzahl der rasanten Kostümwechsel bieten die beiden sympathischen Artistinnen weitere magische Tricks, z.B. die Durchdringung von zwei Tüchern und Fluchtkiste.
Die Lasershow von „Electra“, alias Vanessa wird als Final-Nummer geboten. Gekonnt und mit coolem Auftreten lässt sie das fulminante Lichtspektakel ablaufen. Das in einer Circusmanege recht neue Genre findet nicht nur bei den jungen Zuschauern großen Anklang.
Im abschließenden großen Finale versammeln sich alle Mitwirkenden noch einmal in der Manege und werden vom begeisterten Publikum mit frenetischem Beifall bedacht.  Ausdrücklich weist Manegensprecher Stephan Gisteau das restlos zufriedengestellte Publikum darauf hin, dass sich nach dem Ende der Show alle Artisten noch einmal in der Manege einfinden und damit alle Besucher die Möglichkeit haben, ein Erinnerungsfoto mit dem jeweiligen Lieblingsartisten zu machen. Dieses im Circus ansonsten noch nie erlebte Angebot stößt auf lebhaftes Interesse und wird in unglaublicher Anzahl wahrgenommen.
Der Cirque Amar, als einer der größten Circusse Frankreichs, präsentiert ein unterhaltsames, traditionelles Programm in hervorragender Atmosphäre. Unverzichtbare erstklassige Tierdressuren und hervorragende Artistik sind, in Verbindung mit dem Schauwert des umfangreichen, liebevoll gestalteten Materials jederzeit gewichtige Gründe auch eine weite Anreise zu diesem großen Circus in Kauf zu nehmen.
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