Text und Fotos Friedrich Klawiter |
Wintercircus Apeldoorn Apeldoorn, 29. Dezember 2007 |
Zum vierzehnten Mal fand der Weihnachtscircus von Wim Zomer in seiner Heimatstadt statt. Wie seit Jahren war der Circus der französischen Familie Micheletty auf dem Firmenparkplatz des Hauptsponsors, ein wenig abgelegen in einem Gewerbegebiet, aufgebaut. Nostalgischer Frontzaun, Lichterketten, alte Kirmesorgel, winterliche Dekoration im Vorzelt, ein wunderschöner nostalgischer das Zeltinnere dominierender Artisteneingang und wunderbares, hervorragend arrangiertes Licht machen die tolle Atmosphäre dieses Circus aus. Nach riesigem Besucherandrang in den letzten Jahren wurde nun die Spielzeit um ein paar Tage verlängert, mit dem Ergebnis, dass wir hier erstmals eine verhältnismäßig schwach besuchte Vorstellung erlebten. Die diesjährige Produktion erreicht nicht ganz das Leistungsniveau der vergangenen Jahre. Auch ist die Programmzusammenstellung nicht so ganz glücklich und die Atmosphäre alleine genügt nicht, dieses Programm zu tragen und die Unstimmigkeiten zu kaschieren. So zeigte sich an diesem Abend das gesamte Publikum stimmungslos und träge und musste schon ziemlich massiv zum applaudieren aufgefordert werden. Im Programm, in dem Wim Zomer gewohnt souverän wiederum die Rolle des Manegensprechers übernimmt, dominieren die Darbietungen hoch unter der Circuskuppel. Es beginnt mit Kristina Oetvoes am Washington-Trapez. Eine schöne Nummer mit feinen Tricks, die an anderer Stelle im Programm platziert, mehr Publikumswirkung erzielen würde. Ein zweites Mal sehen wir sie mit ihrem Partner Sebastian Richter mit ihrer bekannten Arbeit am Vertikalseil, die von einem ausgerissenen wilden Terrier gestört wird. Sehr lange dauert es, bis die Mehrheit des Publikums begreift, dass diese “Störung” gewollt und die eigentliche Idee der Nummer ist. Bei Katja Karmashov schwungvoller Arbeit am Trapez dient die Longe leider nicht nur der Sicherheit, sondern wird massiv trickunterstützend eingesetzt. Sehr deutlich ist zu sehen, dass sie mit der Longe “gezogen” und mancher Trick dadurch erst möglich wird. Eine weitere Attraktion in der Luft ist das Todesrad von Mirko und Krystof, die die letzten Saisons bei Barum verbracht haben. Die gute Trickfolge wird, wie immer, wenig ansprechend präsentiert, daran ändert auch das modernisierte Erscheinungsbild der Akteure - Jeans und T-Shirt - nichts. Die beiden Nummern mit Tieren kommen von Roger Mettin und Rosi Hochegger. Brillierte Roger Mettin mit seiner Jonglage zu Pferd in Lille und riss, unterstützt von hervorragender Life-Musik das Publikum geradezu mit, wirkt sein Auftritt hier, in der kleinen Manege und ohne Orchester uninspiriert. Rosi Hochegger präsentierte ihr “Wunderpferd” Scout in der von uns besuchten Abendvorstellung nicht als Pipi Langstrumpf und sprach so das überwiegend erwachsene Publikum wohl mehr an. In ihrer Heimatstadt haben die sechs Jungs der Breakdance-Formation “Come Correct” ihren großen Auftritt. In Anzug und Krawatte verblüffen sie mit den genreüblichen Tricks. Ebenfalls aus den Niederlanden kommt Clown Pascal. Der junge Mann bleibt in seinen Reprisen, denen er keine eigene Note zu geben versteht, blass. So gerät denn sein längster Auftritt mit der “Filmszene” schon ein wenig zur Belastungsprobe für den Rezensenten. Natalia Rukol, der weibliche Part des Duo Volkov, eine große extrem schlanke Frau. versucht sich in einem Soloauftritt mit getanzter Bodenakrobatik während der sie eine Rose auf der Stirn balanciert. In erster Linie fällt ihr sehr unglückliches Outfit auf. Herrenhemd und Weste, sowie kurze Hose in Verbindung mit gewaltigen Knieschützern und weißen langen Socken stehen in Widerspruch zu angestrebten Grazilität der Darbietung und betonen unvorteilhaft ihre Figur. Als Duo Volkov zeigen sie eine Partnerakrobatik mit starken Hebetricks, deren Choreographie eine kleine Geschichte, es geht um Besitz und Verlust eines Jacketts, erzählt. Technisch sehr versiert und fehlerfrei jongliert Thomas Janke bis zu sieben Bälle und Ringe und bis zu fünf Keulen. Auch die Zugabe mit drei, in hohem Tempo in der Art seines großen Vorbildes Mario Berousek jonglierten Keulen, zeigt erstaunliche Fähigkeiten. Naturgemäß fehlt es andererseits einem Zwölfjährigen noch an der nötigen Ausstrahlung um den Auftritt zu einer faszinierenden Show zu gestalten. Dennoch, das Apeldoorner Publikum ging bei Jankes Auftritt begeistert mit und feierte den Nachwuchsjongleur mit großem Applaus. Topakt und Höhepunkt des Programms ist die Perch-Sensation der Truppe Kirakosyan aus Russland. Sie zeigen in sehr großer Höhe, höher als alle Luftnummern dieses Programms, Höchstleistungen. Salto bzw. Doppelsalto von einer zur anderen Plattform auf der Spitze der Perch, sowie der Salto zum Zweimannhoch von Perch zu Perch gelingen perfekt, allerdings werden diese Tricks aktiv durch Longengebrauch unterstützt. Das stilvoll gestaltete Finale vereinigt alle Mitwirkenden in der Manege und Wim Zomer stellt einen jeden namentlich vor. Insgesamt wird in Apeldoorn ordentlicher Circus geboten, der zum fünfzehnjährigen Jubiläum wohl wieder mit alter Perfektion aufwarten wird. |