optimiert



Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS BARELLI
Wiesbaden, 11. März 2011

www.circus-barelli.com
Die Saisonpremiere des Circus Barelli fand in diesem Jahr in Wiesbaden statt. Der Festplatz im Stadtteil Amöneburg ist komplett gefüllt und strahlt dichte Circusatmosphäre aus. Der gewaltige Barelli-Palast beherrscht die Szenerie und der romantische Frontzaun mit seinen Lichterbögen und dem Hanomag-Schlepper davor verheißt feinste Unterhaltung.
In den kurzen Wochen der Winterpause hat man einiges am Material renoviert, neue Mannschaftsauflieger entstanden und in Kürze wird der bisherige Kamelstall durch einen neuen ersetzt. Das Innere des Vorzeltes ist ansprechend möbliert, liebevoll ausgestaltet und mit stimmungsvoller Beleuchtung versehen.

Das mit zahlreichen neuen attraktiven Nummern besetzte Programm, es kommt beim Publikum sehr gut an und wird im Finale begeistert gefeiert, folgt der bewährten Regie-Idee die wohl den geheimen großen Traum so manchen Zuschauers aufgreift.
Hausmeister Timmy träumt davon, einmal ein großer Star zu sein. Eine gute Fee – Salima Folco – ermöglicht dies und erst nach dem Finale muss Timmy den Hausmeisterkittel wieder anlegen.
Wie immer setzt das neunköpfige Barelli-Orchester am Ende des Prologs druckvoll und mächtig ein und während der folgenden gut drei Stunden wird es für einen unvergleichlichen Sound, das Programm hervorragend tragend, sorgen.
Franz Spindler-Barelli, nun wieder ganz klassisch in rotem Frack, Reithose und Stiefeln begrüßt das Publikum „in unserem Zuhause, in unserem Circus Barelli“.
Dann sind gleich die ersten neuen Artisten in der Manege bzw. auf der Bühne. Die 'African Stars' aus Ghana zelebrieren ihre Feuer- und Limboshow. Die vorderen Treppenaufgänge hinab stürmen die fünf Artisten auf die Bühne. Zunächst demonstriert ein Truppenmitglied seine Unempfindlichkeit gegenüber Flammen auf der Haut, hält alsdann die brennende Fackel sehr lange im Mund. Es folgen hohe Sprünge über die lodernden Flammen des Limbogestells. Die Touren unter der Stange hindurch werden mit Kontorsion-Übungen kombiniert. Mit dieser mitreißend dargebotenen Show voll exotischer Lebensfreude wird die Stimmung im Gradin gleich auf hohe Touren gebracht.

Die Bühne hebt sich etwa zwei Meter hoch und gibt eine schleierartige, bis zum Boden reichende Stoffbahn frei. In diesem „Zelt“ leitet Ramona Barelli, in einem orientalischen Phantasiekostüm, tanzend den Auftritt der Exoten ein. Ihr Bruder Franz bringt zunächst sechs prächtige Kamele in die Manege. Nach einigen Laufformationen machen zwei der Trampeltiere vier Friesen Platz. Die Da Capi werden von zwei Lamas und einem Friesen, die zwei abliegende Kamele überspringen, geboten.
Desiree Köllner, die Lebenspartnerin von Franz, präsentiert nun ihre Künste auf dem Drahtseil. Sie kombiniert wechselweise eine ganze Reihe unterschiedlicher Tanzschritte mit artistischen Übungen. So jongliert sie beispielsweise auf dem Seil mit drei Keulen, springt Seil sowie durch einen Reifen und überspringt eine Barriere.

Die gelungenen weiteren Auftritte der Familie bilden, wie gewohnt, das Grundgerüst des Barelli-Programms.
Salima Folcos Strapatenkür, nun im zweiten Programmteil direkt nach den Raubtieren platziert, fasziniert das Publikum stets aufs Neue. Perfekte Präsentation und erstklassige musikalischer Begleitung, sowie natürlich nicht zu Letzt mit großer Leistung, hält sie die Zuschauer gefangen.

Die zweifache Hohe Schule, Salima auf dem prachtvollen Andalusier Armarando und Ramona auf dem Friesen Marcho, bietet attraktive Bilder der Reitkunst.
Die „Alten Kameraden“ sind als Pausennummer platziert. Die Akteure, u. a. die Herren Tomovici und die Gebrüder Barelli überzeugen mit Spielfreude, Komik und auch mit feinen akrobatischen Aktionen. Natürlich beendet die Pointe des angeblich von einem Zuschauer zerbrochenen Schleuderbretts die Aktionen.
Guter Circustradition folgend, führt der Direktor die Pferde vor. Harry Spindler-Barelli lässt acht prächtig aufgeschirrte Friesen, mit weiß-silbrig glänzenden Puscheln, im roten Ring ihr Lauffiguren präsentieren. Gekonnt lässt der Chef die schwungvolle Darbietung ablaufen. Als Da Capo-Pferd folgt ein prachtvoller schwarzer Andalusier. Zu dessen großem Repertoire gehören u. a. Spanischer Schritt, Steiger und das vielbeachtete durchdrücken des Kopfes zwischen beiden Vorderhufen bis zum Boden.
Harry Spindler-Barelli bittet das Publikum um die geschätzte Aufmerksamkeit für seine erst fünfjährige Enkelin Ashley, die in vollkommener Ernsthaftigkeit und zum großen Stolz ihres Opas ihr Schaukelpony präsentiert. Immer wieder aufs Neue wecken diese Momente große Emotionen im Publikum und im anschließenden, mit einem Augenzwinkern geführten Dialog erfährt man, von wem die Kleine alles gelernt und wer der „größte Circusdirektor" der Welt ist - natürlich Harry Spindler-Barelli.

Nach der Pause geht es mit der Tigerdressur von Christian Walliser weiter. Zur Zeit präsentiert er fünf Tiger einer verspielten Form. Einige Sprünge, Balkenlauf und Hochsitzer werden mit sehr viel direktem Kontakt und Futtergaben direkt aus der Hand vorgetragen. Unverändert verfolgt Christian Walliser seinen Plan, bald mit zehn Tigern in der Manege zu stehen.
Schon lange ist Manuel Alvarez ein „guter Bekannter“ in hiesigen Manegen. Nach langjährigen Engagements bei Krone und Roncalli hat er mit seiner preisgekrönten Jonglage-Darbietung nun zum Circus Barelli gefunden. Auf vielfältige Art beweist er sein großes Können. Bis zu sieben Ringe werden scheinbar ohne Mühe beherrscht. Es folgen Manipulationen mit Tischtennisbällen. Seine Arbeit mit „nur drei“ Keulen steht auf einem sehr hohen Niveau und enthält viele Kontakte mit den Füssen. Sehr wirkungsvoll, gerade in dem hohen Raum des Barelli-Chapiteau sind die „fliegenden Untertassen“ - sprich die in schneller Folge weit und hoch geworfenen Kunststoffteller, die allesamt sicher in die Hände des Jongleurs zurückfinden.


Nimmt man den Applaus im Finale als Gradmesser, gibt es in diesem Programm ganz klar einen Star – Timmy Barelli. Alleine und mit Partnern ist er in Reprisen und Entrées als spielfreudiger und musikalischer Komiker zu erleben. Als Besucher ohne Eintrittskarte überzeugt er genauso wie als Jongleur. Das Entrée vom 'Verbotenen musizieren' ist in seiner Version Kult und Klassiker zugleich. Im Zusammenspiel mit Doinut und Romeo Tomovici sowie seinem Bruder Franz kommen Gags, Kalauer und reichlich Musik beim Publikum gleichermaßen gut an. Natürlich ist auch die „Opera“ im Programm. Seine ureigenste Version mit den drei Freiwilligen aus dem Gradin sorgt für große Heiterkeit gegen Programmende, bringt das Zelt zum toben.

Die Finalnummer ist den 'African Stars' vorbehalten. Mit afrikanischer Lebensfreude wirbeln sie durch die Manege, ihre verblüffenden Tricks blitzschnell vortragend. Das Repertoire unterscheidet sich von dem zahlreicher anderer afrikanischer Artistentruppen insoweit, als sie auch Klischniggtricks im Programm haben. Ihre Fröhlichkeit, die scheinbare Leichtigkeit ihrer Arbeit und entsprechende mitreißende Musik lassen das Publikum begeistert mitgehen.
So ist der Boden bereitet für das große Barelli-Finale, dass von Timmy mit dem live gesungenen Freddy Quinn Hit „Ja, wir sind Artisten“ eingeleitet wird. Das große Finale folgt weiterhin der bewährten Regie – Aufmarsch aller Mitwirkenden, Einzelkompliment, abschminken von Timmy. Dann das letzte Trompetensolo - „My Way“ – und die große Verabschiedung der Herren Spindler-Barelli.
Barelli bietet erstklassigen stimmungsvollen Circus mit Spitzenleistungen in festlichem Rahmen. Der klassische Dreiklang aus Tierdressur, Akrobatik und Clownerie wird erstklassig und ausgewogen in seinen Anteilen geboten. In dichter Folge, ohne Längen in den Darbietungen oder Umbaupausen läuft das Programm flott ab, den Sinnen seiner Beobachter während der drei Stunden und zehn Minuten Dauer permanent etwas Neues bietend. Dies wurde vom Publikum mit tosendem Beifall und Standing Ovations honoriert.