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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS BARONES
Wommelgem, 19. April 2014

Richard Koritnig reist mit seinem Circus Barones im flämischen Teil unseres Nachbarlandes Belgien. In Wommelgem, einer Kleinstadt in der Agglomeration von Antwerpen, einer der größten Städte Belgiens, war das Unternehmen über Ostern zu Gast.
Nachdem der Circus Raphaeli seines Vaters Raphael Koritnig vor rund dreizehn Jahren eingestellt wurde, machte sich der junge Direktor mit sehr bescheidenem Material selbständig und wählte Belgien als Reisegebiet. Man reist alljährlich auf einer ähnlichen Route und hat sich im Verlauf der Zeit einen guten Namen erarbeitet, so dass der Circus eine sehr positive Entwicklung genommen hat.
Circus Barones präsentiert sich als blitzsauberes, gepflegtes Familien-Unternehmen, dem man die Liebe seiner Macher an ihrem Tun ansieht. Auf einem Rasenplatz unweit des Ortszentrums war der Circus in einladender Weise aufgebaut. Hinter dem nostalgisch verspielten Frontzaun mit seinen Lichterbögen steht ein großer, mit bunten Circusmotiven bemalter Auflieger der die Kasse beheimatet.
Das gelb-rot gestreifte Zwei-Masten-Chapiteau glänzt im Sonnenlicht und bildet das Zentrum des Unternehmens. Rings umher sind die gepflegten und einheitlich in weiß lackierten Fahrzeuge abgestellt. Sie zeigen in großen roten Lettern den Circusnamen. Das Stallzelt in passender Optik zum Chapiteau steht für die Pferde, Lamas und Ziegen bereit, zudem sind großzügige Freigehege eingerichtet. Das Vorzelt fand auf diesem, etwas zu kleinem Platz keinen Raum mehr, so dass der bestens sortierte Verkaufswagen der Restauration im Freien stand, was angesichts der frühsommerlichen Witterung kein Problem war.
Der große, fein gestaltete Artisteneingang beherrscht das Innere des Chapiteau. Die eleganten Logen sind mit Posterstühlen ausgestattet und ein  siebenreihiges Gradin füllt den weiteren Raum restlos aus.
Die großzügig dimensionierte Lichtanlage ist mit modernen Elementen ausgestattet, sie wird virtuos eingesetzt und unterstützt das Geschehen in der Manege in idealer Weise.

Direktor Richard Koritnig ist in seinem Circus ein souverän agierender Sprechstallmeister. Auf angenehme Weise führt er durch die Show und ist versierter Partner der Clowns..
Ein Grandseigneur des niederländischen Circus, Henry Mullens - in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts arbeitete er u. a. bei Sarrasani als Jongleur zu Pferd und später mit Schimpansen bei Barum – dirigiert elegant ein munteres Groß-und-Klein zu seinen Lauffiguren.
Weitere Dressurdarbietungen werden von der Direktion in die Manege gebracht.
Ewa Koritnig-Barones lässt zunächst zwei Hunde ihr Können zeigen. Voller Begeisterung werden Sprünge und Hochsitzer ausgeführt. Wenig später stehen drei dekorative Walliser Ziegen im Mittelpunkt des Geschehens. Balkenlauf und Balancen über „Flaschen“ gehören genauso zur Trickfolge, wie verschiedene Sprünge und Steiger.

Richard Kortnig präsentiert vier Shetland-Ponys in einer flotten Dressurfolge. Eifrig trippeln die Minipferdchen, fehlerfrei ihre Figuren bietend, durch die Manege. Ein Kruppensteiger sowie mehrere Da Capos markieren die Höhepunkte der Darbietung.
Eine sehr selten zu sehende Kombination von drei Lamas mit drei Ponys bringt der Chef des Hauses in einer erstklassigen Dressur in den roten Ring. Eine Vielzahl attraktiver, abwechslungsreicher Lauffiguren wird harmonisch gearbeitet. Furiose Hürdensprünge der Lamas beenden den Auftritt.

Die drei Söhne der Direktion - Daniel vierzehn, Robert fünfzehn und David sechzehn Jahre alt - sind gute Artisten und Clowns, die professionell und mit Können ihre Auftritte absolvieren.
David überzeugt als versierter Tempojongleur. Mit Bällen und Keulen absolviert er sicher seine Routinen und hält bis zu vier gekonnt in der Luft. Abschließend werden mit der gleichen Selbstverständlichkeit die Muster mit Ringen präsentiert.
Clownerie ist das Metier von Daniel und Robert und zusammen mit ihrem Vater als seriösem Gegenpart erfreuen sie mit verschiedenen Reprisen. Mit engagiertem Spiel folgen die Gags in flotter Folge. Die Reprise mit einem Gummiband wird genauso stimmig gespielt, wie „musizieren verboten“. Die Instrumente werden vom gestrengen Direktor immer wieder konfisziert und so haben die Brüder Gelegenheit, ihre Musikalität auf verschiedenen Instrumenten zu zeigen. Insbesondere Robert versteht es ausgezeichnet sein großes komödiantisches Talent ins rechte Licht zu rücken und beherrscht das Spiel mit dem Publikum bereits ausgezeichnet. In einer weiteren Szene erleben wir ihn als „großen Magier“ und hernach landet wieder ein Musikabspielgerät in einer Mülltonne. Gemeinsam agieren die Clowns als Kunstmaler und fertigen ein gelungenes „Porträt“ an.
Darüber hinaus ist Robert in zwei artistischen Auftritten in der Manege präsent. Er balanciert einen Turm, dessen Etagen aus vier lose auf einer Unterlagen stehenden Gläsern gebildet werden elegant durch die Manege. Nach und nach
wächst das Gebilde auf seiner Hand zu einer beachtlichen Höhe.
Zudem ist ihm die Finalnummer des Programms vorbehalten. Auf der Rola zeigt Robert sein gutes Gleichgewichtsgefühl. Er steigt durch zwei Ringe und balanciert das Rolabrett auf einem Ball aus. Auf einem Turm aus zwei Rollen mit drei Zwischenringen steht er ebenso sicher, wie auf den Bänkchen, die auf die Rola gestapelt wurden.

Mit vier attraktiven Darbietungen hat die tschechische Familie Dvorak großen Anteil am Gelingen der Show. Zunächst präsentiert das Ehepaar eine Papageien-Revue. Die Aras beherrschen eine umfangreiche Trickfolge. Auf einem Tisch fahren sie Rollschuh, ziehen und schieben Fahrzeuge mit einem zweiten Vogel darin, laufen Seil und fahren Fahrrad. Natürlich darf die abschließende, immer wieder beeindruckende Flug-Show über den Köpfen der Zuschauer nicht fehlen.

Tochter Angelika glänzt mit einer ausgefeilten Kür am Trapez. In sehr großer Höhe, unmittelbar unter dem Gestänge der Kuppel ist das Requisit angebracht. Nach einigen Tricks am ruhenden Trapez nimmt die Nummer Fahrt auf und im vollen Schwung werden viele Abfaller und Balancen longengesichert geboten. Die heute kaum noch zu sehende, kraftvolle Arbeit am Trapez beinhaltet selbstverständlich auch den Zehenhang im Schwung, sowie das gleiten in den Fersenhang.
Sohn Ludovic Dvorak begeistert mit einer erstklassigen Klischnigg-Darbietung. Variantenreich versteht er es, seine Extremitäten in unglaublichste Positionen zu bringen. Doch damit nicht genug, werden etliche Posen im Handstand ausgeführt. Effektvoll durchsteigt der junge Mann einen Tennisschläger. Anschließend faltet er sich in einen Plexiglaskubus von wenig mehr als fünfzig Zentimeter Kantenlänge zusammen.
Auf den hohen Leitern, die vom Familienoberhaupt auf den Füssen balanciert werden, zeigt Tochter Angelika vielfältige Tricks. Standwaage, Handstände, Fahne, Stand-Spagat und vieles mehr wird in exzellenter Ausführung dargeboten.


Das phantasievolle Finale entwickelt sich aus einem aufwändig gestalteten großen chinesischen Schaubild. In einem eindrucksvollen „chinesischen Kostüm“ mit kompletter Gesichtsmaske erscheint David Kortnig in der Manege und arbeitet seine trickreiche Diabolo-Jonglage. Souverän werden die vielfältigen Abläufe, auch mit mehreren Diabolos ausgeführt. Im Verlauf der Nummer kommen die anderen Artisten nach und nach ebenfalls in den roten Ring. Sie stecken in einem chinesischen Löwenkostüm, schwenken Fahnen und führen einen Drachen mit sich. Schließlich kumuliert das bunte Bild im Finale. Mit lang anhaltendem frenetischem Beifall bedanken sich die Besucher für das Gebotene.
Circus Barones bietet ein abwechslungsreiches, sehr gut präsentiertes Programm auf beachtlichem Niveau. Die Direktion legt nicht nur großen Wert auf ein gutes äußeres Erscheinungsbild des Unternehmens, man möchte auch mit qualitativ guten Programmen sein Stammpublikum überzeugen. Der Circus Barones ist jederzeit einen Besuch wert, erhält man in dem feinen intimen Rahmen gute Circuskunst geboten.