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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS BELLY-WIEN
Oss, 06. Juni 2014

www.bellywien.nl
Der Circus Belly-Wien, einer der schönsten und tierreichsten Circusse unserer Zeit, gastierte über Pfingsten auf seiner Tournee durch die Niederlande in Oss.
Auf dem Parkplatz des städtischen Sportgeländes war der Circus in vollem Glanz aufgebaut. Die elegante breite Fassade empfing zusammen mit dem stilvollen, neu renovierten, großen Storck Kassenwagen die an diesem Freitagabend zum Circus strömenden Besuchermassen. Unzählige Lämpchen formen einen Sternenhimmel unter dem Vordach und genauso strahlend funkelt der Schriftzug „Tickets“ auf dem Wagendach. Die dekorativen, perfekt lackierten Tonnendachwagen sind in exakter Formation um das moderne Chapiteau angeordnet. Der gesamte Circus strahlt in einheitlichen Farben. Gelb und blau sind die Zeltanlagen und Circuswagen, deren Dächer weiß und Fahrgestelle rot lackiert sind.
Die mächtigen Zugmaschinen - vier MAN, drei Mercedes, zwei Scania und ein
Volvo - sind in sattem weinrot mit aufwändigem gelben Dekor lackiert und tragen prächtige Kuhfänger und viele weitere chromblitzende Anbauteile. Alle Fahrzeuge funkeln frisch gewaschen in der Abendsonne und sind natürlich mit dem Circusnamen versehen.

Die sechs speziell konstruierten Container bilden die Pferdestallanlage: Diese werden auf eigens aufwändig gebauten Wagen transportiert und bieten den edlen Rössern in je zwei geräumigen Boxen eine komfortable Unterkunft. Eine aufklappbare Längswand des Containers verschließt diesen beim Transport und bietet hochgestellt Wetterschutz für die Tiere über einem Teil der großzügig abgesteckten Paddocks. Für den Circus bedeutet diese Art Stall eine Arbeitserleichterung, müssen die Container nur mit einem Stapler bewegt werden und der aufwändige Aufbau eines Zeltes und Boxen entfällt.
Die geräumigen Wagen der Tiger und das zugehörige Freigehege haben ihren Platz hinter dem Chapiteau. Der übrige Raum steht den Fahrzeugen und Tieren der engagierten Artisten und Tierlehrer zur Verfügung. Auf einer vorgelagerten Wiese waren für die zahlreichen Kamele, Lamas, Rinder und die Giraffe großzügige Paddocks eingerichtet. Die Menagerie ist den ganzen Tag über frei zugänglich und wird von zahlreichen Besuchern regelrecht belagert. Besondere Aufmerksamkeit gilt hierbei den Tigern und der Giraffe.
Das vorzügliche Aussehen des Unternehmens setzt sich selbstverständlich im Inneren des Chapiteau fort. Das moderne Gradin ist komplett mit Schalensitzen ausgerüstet und wird von nostalgisch verzierten Logen ergänzt. Ein großer, aus edlem dunkelrotem Samt mit goldener Stickerei verzierter, Artisteneingang nimmt den hinteren Teil des Chapiteau ein.

Der Circus Belly-Wien beeindruckt nicht nur mit einem erstklassigen Erscheinungsbild, auch das von vielen tierischen Höhepunkten geprägte Programm begeistert. Vor, trotz sommerlicher Hitze, restlos voll besetztem Haus eröffnete Juniorchef Marlon Zinnecker mit einem wahrlich circensischen Highlight die Spielfolge. Die herausragende Freiheitsdressur der Sonderklasse mit acht Friesen läuft perfekt. Eine Vielzahl verschiedenster Figuren - Gegenläufe, Fächer zu vier und zu acht, gegenläufige Fächer, Walzer, Volten und Pirouetten - werden schwungvoll in raschem Wechsel geboten. Das gesamte Repertoire einer erstklassigen Freiheitsdressur wird mehr als sicher und souverän vorgetragen. Mit verschiedensten anspruchsvollen Steigern endet die Darbietung unter frenetischem Applaus der Zuschauer in vorzüglicher Weise.
Sechs prächtige, mit edlen roten Schabracken geschmückte Steppenkamele präsentiert Marlon Zinnecker in einem weiteren Auftritt. In abwechslungsreichem Ablauf laufen die Trampeltiere ihre variantenreichen Figuren. Flott und ohne zögern folgen sie den Anweisungen des Tierlehrers.

Die "Military Girls" Nadja Scholl und Sarah Zinnecker, begeistern mit einer furiosen, tempogeladenen Darbietung an den Tuchstrapaten. Nebel wabert durch die Kulissen, drei Herren in Camouflage und mit Pumpguns zeigen kurze Breakdanceauszüge und schon fliegen die "Military Girls" mit rasanten Partner- und Solotricks durchs Circusrund. Die kraftvollen Haltetricks und weiten, temporeichen Flüge werden allesamt ohne jede Sicherung gearbeitet, desgleichen zahlreiche spektakuläre Abfaller wie sie andernorts nur höchst selten gezeigt werden. Auch ist der aufbrandende Applaus Gradmesser einer mitreißenden Luftdarbietung.

Mandy Zinnecker arbeitet ihre neu gestaltete, trickstarke Kür auf dem gespannten Silberdraht. In einem glamourösen Look, mit schwarzem Zylinder und Stöckchen, tritt sie vor den Vorhang und beginnt ihren Tanz in der Manege. Bald wechselt sie auf das Seil und vielerlei Schrittfolgen wechseln sich mit den unterschiedlichen, sehr sicher ausgeführten Balancen ab. Ein gekonnter Spagat beendet den mitreißenden Auftritt. Die zweite Nummer führt die junge Artistin hoch unter die Kuppel des Chapiteau. Ihre Luftartistik in und an einem Netz zeigt kraftvoll ausgeführte Tricks und mit weiten Flügen füllt sie die Kuppel.
Clown Beppo verbreitet mit seinen Späßen auch in dieser Saison wieder Frohsinn. Mit fünf Mitspielern aus dem Gradin wird die „Filmszene“ geboten.  Der jugendliche Sprechstallmeister Kevin van Geet trifft mit seinen Ansagen den Nerv des Publikums und führt in angenehmster Weise durch das Programm.

Das Duo Victorias erfreut die Zuschauer mit liebevoll gestalteten Tiernummern. Zunächst sehen wir die beiden sympathischen Tierlehrer mit Katzen der unterschiedlichsten Rassen. Diese laufen u. a. auf einem Schrägseil, balancieren elegant beim Flaschenlauf und über eine Stange. Dazu kommen weite Sprünge, auch durch einen Feuerreifen, von einem zum anderen Podest. Beim zweiten Auftritt zieht ein Pony einen kleinen „Zigeunerkarren“ in die Manege. Kaum ist seine Plane geöffnet, wuselt eine quirlige Hundemeute verschiedener Rassen durch das Rund. Sprünge, laufen auf einer Rolle und andere Tricks werden spielerisch dargeboten. Mit dem „Handstand“ eines Pudels auf der Hand des Vorführers erreicht die Darbietung ihren Höhepunkt.

Die hauseigene Raubtierdarbietung wird natürlich von Direktor Roman Zinnecker persönlich präsentiert. Der erfahrene Dompteur lässt die Tiger  u. a. verschiedene Sprungvarianten, Hochsitzer, Rollover, Teppich, Pyramide, Balkenlauf ruhig und souverän ausführen. Provoziertes fauchen und Prankenschläge verleihen dem Auftritt die nötige Würze.
Noch einmal erleben wir Marlon Zinnecker, nun mit den Exoten des Hauses. Erst ziehen ein Ungarisches Steppen- und Schottisches Hochlandrind gelassen ihre Bahnen und zwei Lamas zeigen enormes Sprungvermögen. Dann erscheint die große Giraffe im roten Ring und wie stets entlockt ihr Anblick den Zuschauern laute "Ahhs" und „Ohhs“. Majestätisch bewegt sie sich durch die Manege und gelassen nimmt sie die zuvor verteilten Mohrrüben aus den Händen der Logengäste entgegen. Großes Vertrauen zwischen Mensch und Tier beweist die Futterabnahme aus dem Mund des Vorführers.
Aaron Zinnecker jongliert sicher und schwungvoll mit Bällen, Ringen und Keulen. Der sechzehnjährige Artist wirkt sehr routiniert und beherrscht eine breite Palette verschiedenster Routinen. Mit der effektvollen Jonglage hell lodernder Fackeln findet der Auftritt seinen Höhepunkt.


Das Duo Stipka beendet mit seinen Auftritten beide Programmteile. Vor der Pause begeistert Eliane Stipka-Biasini mit einem selten zu sehenden Hula Hoop zu Pferd. Zunächst tanzt die grazile Artistin mit einem mächtigen Ross im Stil einer Ballerina durch die Manege. Dann lässt die Panneau-Reiterin in unterschiedlichster Weise die Reifen um ihren Körper rotieren.
Finalnummer ist das hochkarätige, bestens bekannte Pas de Deux von Eliana und Dany Stipka. Routiniert und sicher wie stets werden die anspruchsvollen Tricks ausgeführt. Der freie Stand auf dem Kopf des Partners von Eliane, auf den kanternden Pferden, beendet diese erstklassige Darbietung.

Das flott und temperamentvoll choreographierte Finale bringt alle Mitwirkenden noch einmal in die Manege. Mit frenetischem, in Standing Ovations mündendem Applaus bedankt sich das begeisterte Publikum für zweieinhalb Stunden allerbester traditioneller Circuskunst, wie man sie heutzutage seltenst erleben kann.