Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS BELLY 
Hannover, 7. März 2009

www.circus-belly.de
Ein ungewöhnlicher Circus ist das Unternehmen von Klaus Köhler. Die weiß/blauen Fahrzeuge tragen außer dem Namenszug die Aufschrift „Der große Circus“. Es ist tatsächlich ein großer Circus, der hier gastiert – dem Niveau eines Familiencircus lange entwachsen – aber noch nicht so ganz ein 'Großcircus'. Fast alle anfallenden Arbeiten, von der Reklame bis zum Programm, werden von den zahlreichen Familienmitgliedern, es gibt nur drei zusätzliche Arbeiter, geleistet Für das rund sechswöchige Wintergastspiel in Hannover wurde nach dem Celler Weihnachtscircus wiederum das neue große rechteckige Chapiteau errichtet. Passendes Vorzelt und Vordach, nostalgischer Frontzaun und Kassenwagen komplettieren die Ansicht.
Bemerkenswert die neuen feinen und außergewöhnlichen Plakate. Wie uns der Direktor erzählte, sind sie vollkommen in Eigenregie – inklusive Fotos und Layout – gestaltet worden. Sie zeigen die ganze Bandbreite des Programms und unterscheiden sich in Motiv und Farben deutlich vom sonst Üblichen, fallen im Straßenbild sofort ins Auge.
Der positive äußere Eindruck des Circus von setzt sich im Innern fort. Das Vorzelt ist gemütlich eingerichtet und Circusmusik klingt aus den Boxen. Der Boden dort und auch im Chapiteau ist dick mit Holzmulch eingestreut, sodass man das Gelände auch bei winterlichem Schmuddelwetter wieder mit sauberen Schuhen verlassen kann. Das Gradin wird mit zusätzlichen Segmenten an die Dimensionen des größeren Zeltes angepasst und ist in U-Form aufgestellt. Im vorderen Bereich wurde eine zweite Reihe an Logenkästen eingefügt. Eine kleine Bühne ist in den Artisteneingang aus rotem Stoff integriert und mit LED-Leuchtschnüren, die die Farbe wechseln können, dekoriert. In die gut dimensionierte Lichtanlage sind einige geschickt eingesetzte Scanner integriert.

Der Zuschauerzuspruch, als prominenter Besucher war Peter Shub zugegen, am vorletzten Tag des langen Gastspiels war enorm und das Gestühl super besetzt.
Zunächst sehen wir Direktor Klaus Köhler, der im Habitus eines Mongolen-Khans sechs Kamele vorführt. Auch die weiteren Tiernummern werden vom Chef des Hauses präsentiert. So die schwungvolle Freiheit von drei weißen Arabern. Ihnen folgen acht Welsh-Ponys in zwei Farben nach. Ihre beachtliche und perfekt vorgetragene Laufarbeit wird von effektvollen Kruppensteigern abgeschlossen. Nach der Pause beweist er sein Können im Zentralkäfig. Je drei Löwinnen und Tiger folgen dem Kommando des Chefs, zeigen Pyramide, Bar, Balkenlauf, verschiedene Sprünge, Hochsitzer und Steiger. Junior Aaron ist mit im Käfig und assistiert insoweit, als er die Umgruppierung der Postamente vornimmt. Leider entfällt während dieses Gastspiels der Auftritt des großen Schimpansen 'Beppo'. Für Hannover hat man in Vera Hummel eine zusätzliche Artistin verpflichtet und musste so anderer Stelle ein wenig kürzen.

Eine junge Frau präsentiert eine romantisch verpackte Kür am Ringtrapez und dann folgt schon an dritter Stelle im Programm das große Entree der Clowns. Drei junge Männer der Familie spielen als 'Zippogalli', 'Avantes' und 'Angelino' das Bienchen-Entree. „Oni soit qui mal reponse“ wie der Franzose sagt. Obwohl Namen und Erscheinungsbild der Handelnden deutlich zugeordnet werden können, ist dieses Entree keine schlichte Kopie  eines bestimmten Vorbildes. Sein komödiantisches Talent kann 'Zippogalli' dann im weiteren Verlauf der Vorstellung in einigen Reprisen unter Beweis stellen. Auch Rudi Althoff gehört mit zur Familie, seine Partnerin ist eine Tochter von Klaus Köhler. In der Manege sehen wir ihn auf der Rola.  Effektvoll versteht er, sich in Szene zu setzen und seine Tricks gut zu verkaufen.

Mit ihren beiden Darbietungen wurde Vera Hummel verpflichtet. Nach dem Gastspiel in Hannover wird sie den Circus in Richtung Fliegenpilz verlassen. Ihre Kür am Trapez beinhaltet viele Posen und Tricks, die geschickt kombiniert mit flüssigen Übergängen gezeigt werden. Eigens für ihren Auftritt am Rhönrad wird im Anschluss an die Demontage des Zentralkäfigs ein Holzboden ausgelegt. In sehr kurzer Zeit findet dieser Umbau statt und legt ein beredtes Zeugnis von der Einsatzbereitschaft dieser Circusfamilie ab. Auch am Rhönrad macht die junge Frau eine gute Figur. Insgesamt sind die beiden Auftritte aber vielleicht ein wenig zu sehr von sportlicher Leistung geprägt und man wünscht sich ein bisschen mehr Show und Glamour.

Als 'Captain Jack Sparrow' frei nach dem Film 'Fluch der Karibik' agiert Aaron Köhler auf dem Silberdraht. Zwei „englischen Soldaten“ versuchen den Piraten zu überwältigen, sind so Staffage und Assistenten der gut choreographierten Show. Sein Bruder Gordon überzeugt in der dritten Luftnummer in diesem Programm an den Strapaten. Weite Flüge und kraftvolle Tricks kennzeichnen seine Arbeit, die mit dekorativen griechischen Säulenelementen am hinteren Manegenrand, sowie einem exzellenten Einsatz der Scanner zusätzliche Aufwertung erfährt. Überhaupt besticht das Programm des Circus Belly nicht nur durch gute Leistungen. Eine erstklassige, hervorragende Präsentation, wie sie in vielen größeren Circussen nicht umgesetzt wird, kann hier nicht genug hervorgehoben werden.

Mit 'Magic Erwin' erleben wir einen weiteren Sohn des Hauses in einer absolut professionellen Großillusions-Show. Zusammen mit zwei Partnerinnen arbeitet er auf der7   , Bühne und zeigt in aufwändigen Requisiten viele der üblichen Tricks des Genres.
Vollkommen zurecht wurde die spektakuläre Feuer- und Fakirshow von 'Thoul van Do' als Finalnummer platziert. Außer der allgemein üblichen Arbeit mit Fackeln werden  außergewöhnliche Tricks gearbeitet. Zunächst auf Handstäben lässt der Artist Feuerräder kreisen. Dann wechselt er in die XXL Ausgabe derselben und dreht das gewaltige Rad auf einer Stange, die als Höhepunkt der Evolutionen auf dem Kinn ausbalanciert wird. Im zweiten Teil seiner Show bringt er zusammen mit seiner Partnerin zwei große Alligatoren, die den Zuschauern mitunter schon recht nahe kommen, und verschieden Würgeschlangen, die von den Logengästen auch angefasst werden können, in die Manege.

Ein großartiger Schlusspunkt in einem rundum gelungenen Programm. Direktor Klaus Köhler und seine Familie verabschieden sich in einem stimmigen, nicht über Gebühr langen Finale nach rund zweieinhalb Stunden vom begeisterten Publikum. Der Circus reist überwiegend in Niedersachsen, Bremen und Hamburg und man kann etwas weiter entfernter wohnenden Circusfans einen Besuch nur empfehlen.








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