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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE D'HIVER BOUGLIONE
ON TOUR
Metz, 09. Januar 2016
www.cirquedhiver.com
„Les Roi du Cirque – Le Grand Retour“ - fünfunddreißig Jahre nachdem die Familie Bouglione ihren Reisecircus einstellte kehrt man mit einem Paukenschlag auf die Bühne zurück. Seit Oktober letzten Jahres sind die Bougliones mit einem großen neuen und hervorragend ausgestatteten Circus wieder auf Tournee. Mit einem erstklassig präsentierten, traditionellen – mit dem bewährten klassischen Dreiklang  (Wild)Tiere, Clowns und Akrobaten – Circusprogramm versteht man zu begeistern.
Das schneeweiße mächtige  moderne Viermasten-Chapiteau italienischer Bauart beherrscht den Circusplatz. Die Plane reicht bis hoch zu den Mastspitzen, überragt die langgestreckte Kuppel und am Rondell ist die Dachplane in eleganten Bögen weit nach außen gezogen. In riesigen Lettern prangt der Circusnamen auf der Zelthaut. Ein optisch perfekt passendes, fünfmastiges Foyerzelt ergänzt die Anlage.
Ein dekorativer, verchromter Zaun mit LED Lichtbögen und zahlreichen Fahnen an Peitschenmasten bildet die Front. Sie wird von einem Anhänger, dessen Seite ist als LED-Wand ausgebildet auf der Video-Clips mit Programmausschnitten im Dauerbetrieb zu sehen sind, und der Kasse flankiert. Der große Auflieger bietet neun Kassenschaltern und einem Büro Raum. Das LED Schriftband auf dem Dach wechselt permanent die Farben.
Der umfangreiche rot lackierte Fuhrpark besteht, wie in Frankreich üblich, aus Sattelzügen mit einem zusätzlichen großen Anhänger im Schlepptau. Rund fünfundzwanzig mächtige MAN Zugmaschinen transportieren den Circus in einer Fahrt zur nächsten Gastspielstadt. Sie weisen im Bereich des Führerhauses einen breiten weißen Streifen auf und sind beidseitig mit dem Firmenlogo und großen runden Stickern, die den Cirque d'Hiver mit einem Tiger zeigen, versehen. Die Transportfahrzeuge sind aufwändig dekoriert, Namenszug und üppige Ornamente sowie zwei große Buttons die Circusmotive zeigen, gliedern die Seiten. Materialtransporter und Mannschaftsquartiere stehen in langen Reihen beidseits des Zeltes aufgefahren. Mannschaftsküche und Aufenthaltsraum, ein beidseitig über die gesamte Länge ausziehbarer Auflieger mit vielen bodentiefen Fenstern, bilden ein Gespann, dazu kommen Sanitär-, Waschmaschinen- und Werkstattwagen. Der zur Artisten-Garderobe ausgebaute Auflieger hat ebenfalls auf beiden Seiten über die gesamte Länge reichende Auszüge. Zwei große neue Stromaggregate sind in einem Auflieger, dessen Dach zu öffnen ist, untergebracht.
Hinter dem Chapiteau haben die großzügige Raubtieranlage der Tiger von Alfredo Beautour und der Pferdestall von Gianni d' Ambrosio ihren Platz.

Ein Portier im dunkelblauen, mit goldenen Borden besetzten Mantel empfängt die Besucher am Eingangsportal. Weit geöffnete Türen geben den Weg in das Restaurationszelt frei. Die Seiten sind mit Planen, die ein rotes Vorhangmotiv zeigen, verkleidet und ein Holzboden bedeckt den Untergrund. Ein großer Verkaufswagen nimmt die eine Schmalseite komplett ein. In drei Containern sind Popkorn- und Zuckerwattestation untergebracht. An der vierten Seite hat das „Café des Artistes“ seinen Platz. Der große Circuswagen mit den eleganten runden Ecken ist in rot und cremeweiß, hochglänzend lackiert und die Inneneinrichtung wurde aufwändig und detailverliebt ausgeführt. Ein kleiner Biergarten direkt vor dem Wagen komplettiert den Bereich. Während des Einlasses musiziert Clown Don Christian zusammen mit dem Circusorchester im Vorzelt, die Besucher werden mit Konfettiregen empfangen und viele Nasen verziert rote Farbe, während ein Keulenjongleur sein Können zeigt.
Die Einrichtung des im Innern dunkelblauen Spielzeltes ist in rot gehalten und acht große Lüster sorgen während des Einlasses für eine angenehme Beleuchtung. Das große Gradin ist mit zehn Reihen Schalensitzen und drei Bankreihen ausgestattet. Die Logen enthalten vier Reihen auf gleichem Höhenniveau stehender gepolsterter Klappstühle. Der Artisteneingang aus rotem Samt wurde mit seinen weißen Säulen dem des Cirque d' Hiver in Paris nachempfunden. Auf seiner Empore hat das vorzügliche, achtköpfige Orchester seinen Platz.

Eine große LED Wand hinter den Musikern ermöglicht vielfältige visuelle Effekte im Zusammenspiel mit dem phantastischen Lichtdesign, das Gilbert Weiser geschaffen hat. Einmal mehr erweist er sich als Meister seines Faches, der diese Show in Szene setzt, wie wir es noch bei keinem schnell reisenden Unternehmen gesehen haben.

Diese Produktion des Cirque d' Hiver Bouglione findet unter dem Motto „Bravo“ statt und wie bei allen Veranstaltungen dieses Circus wird mit dem „Valse lumineuse“ - die zuvor erworbenen Leuchtartikel werden zusammen mit einigen Animateuren im Takt der Musik  im abgedunkelten Zelt geschwungen - der Beginn der Show avisiert.    Zur traditionellen Musik „Vive la Piste“ nimmt die Show mit einer Parade der Artisten über die Piste, vor bestens besetzten Rängen ihren Anfang. Die sechs Damen der „Salto Dancer“ tanzen im Zentralkäfig und Arta Sosnowski-Danetto, sie nimmt im Progrann den Part der „Madame Loyal“ ein, begrüßt die Anwesenden.
Alfredo Beautour, Grandseigneur der Raubtierdressur, ist mit fünf Tigern in verschiedenen Farben vom American Circus der Familie Togni zu erleben. Ruhig und souverän stellt der erfahrene Dompteur die Tiere in ihrer vollen Schönheit in den Mittelpunkt des Geschehens. Verschiedene Hochsitzer, gegenseitiges überspringen, Fächerlauf, Rollover und Teppich gehören zum Gezeigten und ein fulminanter Vorwärtssteiger rundet die Dressurfolge ideal ab. Ein optisches Highlight bietet abschließend ein Hochsitzer auf der sich drehenden Spiegelkugel im abgedunkelten Zelt.
In seinem ersten Auftritt dirigiert Don Christian das Publikum, damit es im richtigen Takt zum Walser mitklatscht. Im zweiten spielt er, im einem alpenländischen Folklorekostüm mit (Kuh)-Glocken. Die „vier Stühle“ werden im Zusammenwirken mit dem Ballett und Oberrequisiteur Stephane Danetto groß in Szene gesetzt und leiten zur Pause über. Im umfangreichsten Auftritt wird mit fünf freiwilligen Mitspielern ein Boxkampf initiiert.

Alla Klystha präsentiert eine Hula Hoop Darbietung, die sich deutlich vom Gros des Genres unterscheidet. Charmant lässt die versierte Artistin die Ringe in immer wieder neuen und ungewöhnlichen Varianten um ihren Körper kreisen. Zum Höhepunkt ihres Auftritts manipuliert sie sieben Reifen zur gleichen Zeit.
Im zweiten Programmteil sehen wir Alla Klyshta zusammen mit ihrem Partner Reydi Argote, avisiert als „Duo Reyal“,  am Chinesischen Mast. Die Nummer als „Lovestory“ gestaltet und bietet eine Reihe formidabler, kräftezehrender Tricks. Mehrfach steht die Artistin freihändig auf dem Körper ihres Partners, während dieser den Mast lediglich zwischen seine Beinen einklemmt, bzw. im „Handstand“ rechtwinklig von der Stange absteht.
Im Metz ergänzten Andrejs Fjodorov und seine Pfauentauben das Programm, da Lars Hölscher mit seinem Elefanten kurzfristig ausgeschieden war.
Natalia Bouglione brilliert mit einer enorm kraftvollen Arbeit an den Strapaten wie man sie von weiblichen Artisten nur höchst selten sieht. Einarmige Aufschwünge folgen in großer Anzahl aufeinander und viele kräftezehrende Haltetricks begeistern mit ihrer erstklassigen Ausführung. Souverän im Verkauf wird diese hervorragende Luftdarbietung durch eine exzellente Ausleuchtung zu einem Highlight unter der Kuppel.

Die dritte und letzte Darbietung mit Tieren in diesem Programm bietet Gianni d' Ambrosio mit seinen Freiheitspferden gleichfalls im ersten Teil. Mit drei Friesen und drei schneeweißen Hengsten werden eine Reihe interessanter Figuren geboten. Ruhig und souverän lässt der erfahrene Dresseur die Darbietung ablaufen. Ein kurzes Groß-und-Klein sowie einige Steiger werden als Da Capo gezeigt.
Die „menschliche Kanonenkugel“ Robin Valencia ist vor der Pause zu erleben. Mit Ballett, Licht und dramatischer musikalischer Untermalung wird Spannung aufgebaut bis die Kanone mit der Artistin auf der Mündung in Position schwenkt. Mit einem dumpfen Knall erfolgt der Schuss und Robin Valencin landet nach weiten Flug durch das Chapiteau sicher im luftgefüllten Fangkissen vor dem Artisteneingang.

Der zweite Programmteil beginnt mit der Flugtrapez der „Flying Mendonca. Zwei Flieger und eine Fliegerin bieten eine Reihe unterschiedlicher Saltos, die allesamt sicher gefangen werden. Dreifacher Salto und Passage sind die abschließenden Höhepunkte der Nummer.
Sampion Bouglione kombiniert Stepptanz und Bodenjonglage zu einer harmonischen Darbietung. Auf einer Plattform, unter der sich ein Mikrophon befindet, werden die Jonglagemuster genauso exakt in den Rhythmus der Musik eingebunden wie die Tanzschritte.
Die Truppe Alexander bietet erstklassige Artistik am Schleuderbrett. Zu traditioneller musikalischer Begleitung des Genres arbeiten die sieben Truppenmitglieder die vielseitigen Tricks in flottem Ablauf ohne Überlagerung durch eine, zumeist aufgesetzt wirkende Inszenierung. Sprung zum Spagat im Drei-Mann-Hoch, Vier-Mann-Hoch ohne Vorteil und Stangen gestütztes Fünf-Mann-Hoch sind die herausragenden Tricks.
Den furiosen Schlusspunkt des Programms setzt Diabolojongleur Pierre Marchand mit seinem mitreißenden Auftritt. Der charismatische Jongleur bietet eine Vielzahl schwierigster Tricks des Genres in exzellenter Ausführung. Die abschließenden Routinen mit zwei von innen blau beleuchteten Diabolos werden dank der begleitenden Lightshow zu einem grandiosen Spektakel, dass das Publikum förmlich von den Sitzen reißt.
Die Salto Dancer leiten zum Finale über. Die Artisten lassen Luftballons ins Publikum fliegen und nehmen ihre Schlussaufstellung in der Manegenmitte ein. Mit nicht enden wollenden Standing Ovations feiert das begeisterte Publikum die Akteure und minutenlang verharrt die Truppe ehe sich der Vorhang schließt. Das Orchester spielt ein letztes Stück und die Salto Dancer sind vor der Gardine formiert, als Don Christian zum Epilog noch einmal in die Manege kommt. Ein letztes Glockenspiel, dann bringt ihm „Madame Loyal“ seinen Koffer und Arm in Arm verlassen beide den roten Ring.