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Text  und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE Alexandre BOUGLIONE
Brüssel, 25. September 2011

www.bouglione.be
Das „5. Brüsseler Circusfestival“ bildet auch in diesem Jahr den Beginn der Winter- und Weihnachtscircus-Saison in Europa. Traditionell lädt die Familie Alexandre Bouglione zu ihrem fast drei Monate dauernden Gastspiel zu Füssen des weltbekannten "Atomium", dem Wahrzeichen der Weltausstellung von 1956 und mittlerweile dem bekanntesten Denkmal Belgiens. Eine sanft geschwungene von Bäumen umsäumte große Rasenfläche im Park von Laken bietet den gewaltigen Zeltanlagen den angemessenen Rahmen.
Ein großer ovaler weißer Viermaster mit roten Ornamenten dient als Spielzelt. Das rot-weiß gestreifte Chapiteau indem der Circus während der Saison gastiert, dient hier als geräumiges Vorzelt. Hinter dem verschnörkelten Zaun sind die nostalgischen Wagen dekorativ aufgestellt. Der Kassenwagen fügt sich nahtlos in dieses schöne Ensemble ein. Die Wagen und Sattelauflieger erstrahlen in den neuen Hausfarben, champagnerweiß mit rotem Bouglione-Schriftzug und blauen Fahrgestellen. Das dekorative Äußere des Circus zeigt klar die Handschrift des Juniors Nicolas Bouglione. Die machtigen Volvo-Zugmaschinen sind in rot gehalten.
Kurz vor dem Brüsseler Gastspiel nahm man ein neues Werbefahrzeug in Gebrauch. Der Kombi ist komplett mit den überall in der Stadt zu sehenden Plakatmotiven verziert. Auf seinem Anhänger steht eine dreidimensionale, beinahe lebensgroße Elefantenfigur.


Beim durchschreiten des einladend gestalteten Eingangsbereichs fallen die Blicke der Besucher auf den nostalgisch gestalteten Stakettzaun, der mit Palmen geschmückt den Weg ins Foyerzelt weist.
Das Vorzelt wird im Innern vom riesigen „orientalischen“ Artisteneingang beherrscht. Der gewaltige blaugrundige Bogen mit goldfarbenen Ornamenten, in meterhohen Lettern den Circusnamen tragend, überspannt den Raum vor dem hinteren Mastpaar. Auf der linken Seite findet der Verkaufswagen und weitere Stände Platz. Rechts ist eine kleine Arena eingerichtet, in der während des Einlasses und in der Pause Pony reiten für die kleinen Besucher möglich ist. Mit großen „Elefantenköpfen“, die auf ihren Rüsseln dekorative Leuchten tragen, ist die Kuppel des Zeltes geschmückt. Die stimmungsvolle Beleuchtung des Foyerbereiches übernehmen moderne LED-Scheinwerfer. Selbstverständlich ist der gesamte Bodenbereich aller Zelte mit einem festen Boden und Teppichbelag ausgerüstet. Durch einen Tunnel gelangt man zum Chapiteau. Vom Platzierpersonal, die Damen tragen zu einem schwarzen Kostüm eine kecke rote Hutkomposition auf dem Haar, werden alle Besucher zum Platz geleitet.

Ein wahrer Blickfang im Chapiteau sind die prunkvoll gestalteten Logen.  Die vorderen Begrenzungen tragen detailliert ausgeführte, goldfarbene Elefantenköpfe, während die seitlichen Brüstungen mit  liegenden godfarbenen Pantherfiguren versehen sind. Mit rotem Samt gepolsterte Klappstühle stehen den Gästen zur Verfügung. Ein großes Holzbankgradin bietet vielen weiteren Besuchern Platz. Der Artisteneingang aus blauem, mit Glitzersteinchen besetztem, Stoff trägt eine große Videowand obenauf.
Die Lichtanlage ist selbstverständlich komplett mit LED-Scheinwerfern und Kugelköpfen unterschiedlicher Bauart bestückt. Ihr Einsatz erfolgt höchst virtuos und unterstützt das Programm in beispielhafter Art und Weise.

Die Vorstellung beginnt mit einem kurzen Film auf der Leinwand, in dem die Familie Bouglione, ihre Herkunft, Entwicklung und Werdegang vorgestellt wird. Im weiteren Verlauf des Programms werden die Namen der auftretenden Nummern, ein Foto der Artisten und ihr Herkunftsland auf dem Bildschirm eingeblendet und so der klassische Monsieur Loyal ersetzt.
Juniorchef Nicolas Bouglione eröffnet wie stets die Spielfolge dieses Circus. Eine heutzutage äußerst selten gezeigte gemischte Panther und Pumagruppe wird von dem jugendlichen Dompteur elegant und trickreich präsentiert. Pyramide, Hochsitzer sowie Vorwärtssteiger werden gezeigt und speziell die Pumas glänzen mit weiten Sprüngen. Besonders beeindruckend an dieser Darbietung ist das durch Schmuseszenen demonstrierte Vertrauen zwischen Mensch und Tieren. Einer der beiden Leoparden genießt offensichtlich die Nähe zum charmanten Tierlehrer. Einer der Pumas nutzt den Rücken des Vorführers als Sprungpodest. Der Vorwärtssteiger eines Leoparden endet mit Abnahme einer Futterbelohnung direkt aus der Hand und aufgerichtet an die Hüfte des Dompteurs angelehnt. Chapau. 
Die Zeit des Käfigabbaus nutzt „Tonito Alexis Presley“ um den König des Rock 'Rolls wieder aufleben zu lassen. In Kostüm und auftreten dem Original gut nachempfunden, wird das Publikum mit einem Medley der Hits des "King" gut unterhalten. Eine äußerst unterhaltsame Reprise, die sich wohltuend aus den oftmals gleichen Einerlei abhebt. Auch Tonitos zweiten Solo steht die Musik im Mittelpunkt des Auftritts. Dieses mal erweist er sich als versierter Trompeter.
Die „Alten Kameraden“ erklingen und die fünf männlichen Mitglieder der Truppe Alexander marschieren, entsprechend ausstaffiert in die Manege. Den Gag mit dem Magnesia-Säckchen haben sie genauso im Repertoire, wie das Schleuderbrett, dass unter dem mitmachenden Zuschauer zerbricht.

Anouchka Bouglione-Monteiro präsentiert ihre Hula Hoop-Darbietung in  glamouröser Aufmachung. Immer wieder werden, zwischen den Tricks, kurze Tangoeinlagen mit Ehemann Sandro Monteiro gezeigt. Routiniert und souverän lässt sie die Reifen rotieren und mit der Jonglage von drei Fackel-Reifen wird der Auftritt beschlossen.
Sandro Monteiro muss mit seiner hervorragenden Rola-Darbietung nach einer komplizierten Knieoperation noch pausieren.

Zopfhang in rasendem Wirbel ist das  Metier der hübschen Mexikanerin Adelida. Zwischen ihren rasend schnellen Pirouetten erfreut uns die junge Dame mit den unterschiedlichsten Tricks an ihrer einzigartigen Trapezleiter.
Spannung und Glamour erfüllen die Manege wenn der französische Starillusionist Jidini von seinen Magic-Girls in das  rote Rund gezaubert wird.Große Aufmachung zeichnet die zahlreichen Tricks aus. So erscheinen Pudel aus dem „Nichts“ und je ein weißer und schwarzer Pudel werden in einem aufwändigen Requisit zu einem Dalmatiner verwandelt. Ähnliches geschieht mit den drei Assitentinnen, die scheinbar in ihrer Körpergröße manipuliert werden, verschwinden und wieder erscheinen.

Das Genre Humor ist umfangreich und in recht unterschiedlicher Form in der diesjährigen Winterproduktion des Cirque Alexandre Bouglione vertreten. Zunächst wird das Spaghetti-Entree gezeigt. Toni Alexis gibt den vertrottelten, leicht angetrunkenen Ober und seine Ehefrau Jeanette die Dame der „besseren Gesellschaft“. Die beiden spielen ihre Rollen mit Hingabe und komödiantischem Talent.
„Ahoi“ - Toni Alexis Schlachtruf ertönt im zweiten Teil zum bestens bekannten Entree der Alexis Clowns Family. Sohn Tonito ist ein veritabler Weißclown und seine Eltern mitreißende Auguste. Mit seinem „Ahoi“ und der leicht verzweifelt wirkenden, stetig präsenten Siegerpose erreicht Toni Alexis auch in diesem Rahmen die Massen.
Clown Ronnie, seit Jahren mit dem Cirque Bouglione auf Tournee, kündigt in Bermudashorts, Schnorchel und Schwimmflossen, seinen Liegestuhl in der Manege aufbauend, die Pause an.
Den zweiten Teil beginnt er mit seiner Version des „Orchesters“. Fünf Zuschauer dürfen unter seiner Anleitung ihr musikalisches Talent in der Manege erproben.

Ebenfalls der Sparte Humor ist „Mister Dalmatin“ mit seinem ausgezeichneten Dressurakt zu zurechnen. Mit atemberaubender Präzision und weitgehend selbständig wirkend arbeiten die zahlreichen Pudel, Dalmatiner und die drei Ponys in rasantem Wirbel. Frenetisch gefeiert wird auch hier das Headbanger-Pony. Die Nummer verfehlt ihre Wirkung auf die Zuschauer nicht und hat einen neuen Abschluß. Der etwa fünfjährige Sohn von Sergej Prostetsov kommt im gleichen Outfit wie der Vater in die Manege und nach einem Kompliment reitet er auf einem der Ponys im Steiger hinaus.

Direktor Alexandre Bouglione lässt es sich nicht nehmen, den letzten in Belgien mit einem Circus reisenden Elefanten souverän seinem Publikum zu präsentieren. „Jenny“. Beherrscht u. a. hochsitzen, Fußball spielen, abliegen uvm.

Lili Tudor zeigt uns ihre Interpretation einer gefühlvollen Luftring-Darbietung.  Die  Artistin zeigt sich auch hier trickstark und nicht minder  vielseitig als in ihren anderen Disziplinen.
Noch einmal sehen wir die Truppe Alexander. Nun sind sie zu sechst mit ihrer Schleuderbrett-Darbietung aktiv. Zahlreiche Sprünge werden sowohl auf einem Kissen, als auch auf den Schultern der Untermänner sicher gelandet. Ein Vier-Mann-Hoch wird ohne Vorteil ausgeführt.
Tonito Alexis mit seinem Saxophon ist es vorbehalten, das Finale einzuleiten. Die Artisten kommen einzeln in die Manege und nehmen den wohlverdienten Beifall entgegen. Zusammen mit der Direktion werden sie vom begeisterten Publikum gefeiert. Nach zahlreichen Zugaben hat die kleine Selena, sie gehört zur fünften derzeit lebenden Generation Bouglione, ihren großen Auftritt. Unter dem Beifall des Publikums lässt die vierjährige gekonnt die Hula Hoopringe kreisen, derweil Mr. Dalmatin jun. als Assistent fungiert.
Nach einer fröhlichen gemeinsamen Tanzsequenz, die Musik verstummt, stellen sich die Artisten vor dem Vorhang auf und weisen während die Scheinwerfer verlöschen auf die Videowand, auf der ein erstes uraltes Bild des Cirque Bouglione eingeblendet wird. 

Während die Zuschauer aufbrechen werden auf der Leinwand zahlreiche Fotos aus der langen und ereignisreichen Geschichte des Hauses Bouglione gezeigt und so mancher Zuschauer verlangsamt, von den Fotos in den Bann gezogen, seinen Schritt und verharrt bis auch diese Show ihr Ende gefunden hat.