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Text und Fotos Friedrich Klawiter
ZIRKUS CHARLES KNIE
Korbach, 02. April 2016

www.zirkus-charles-knie.de
„Euphorie“ - das Motto der neuen begeisternden Show des Zirkus Charles Knie bringt die Reaktionen des - im wahrsten Sinne des Wortes - euphorischen  Publikums treffend auf den Punkt. Zum zehnjährigen Direktionsjubiläum von Sascha Melnjak bietet die neue Show traditionellen Circus in modernem zeitgemäßem Gewand.
Im nordhessischen Korbach war der Circus für dreitägiges Gastspiel auf einem innerstädtischen Platz aufgebaut. Der knapp bemessene Raum war kaum in der Lage das umfangreiche Material des Circus aufzunehmen. Aus diesem Grund musste auf das Vorzelt verzichtet werden und die beiden dekorativ gestalteten Verkaufswagen der Circusrestauration fanden unmittelbar hinter dem Fassadenzaun ihren Platz. Auf der linken und hinteren Platzseite sind die Ställe und Freigehege der Pferde, Kamele, Lamas und Rinder angeordnet. Rechts wurden die Wohnwagen sowie die zahlreichen Zugmaschinen und Materialtransporter aufgefahren.
Der üppige Lichterschmuck am Zaun, auf der Kasse und dem Büro und die „Lollipops“ auf den Masten mitsamt den Lichterketten am Chapiteau verzaubern in der Dämmerung.
Im Innern des Chapiteau glänzt die bestens bekannte Einrichtung – Einzelsitzgradin,  elegante rote Logen und der große Artisteneingang aus rotem, mit glitzernden Strass besetztem Stoff.
Enrico Zoppe hat es wieder einmal geschafft mit der nochmals erweiterten Lichtanlage ein hervorragendes, beeindruckendes Lichtdesign zu schaffen, dass die auftretenden Künstler meisterhaft unterstützt. Gleiches gilt für den volltönenden Sound des großen Circusorchesters, dass unter der Leitung von Volodymyr Kozachuk steht.

Mit einem großen afrikanischen Schaubild nimmt die Show einen temperamentvollen Beginn. Ballett und Artisten bevölkern die Manege und Kostüme, gekrönt von prächtigem Kopfputz schaffen den passenden Rahmen für den ersten Höhepunkt der gesetzt wird von der stimmgewaltigen südafrikanischen Sängerin Pretty Shangase. Dieses prächtige Opening sorgt dafür, das bei den Besuchern im fast ausverkauften Chapiteau die Stimmung sofort durch die Decke geht.
Der nun folgende große und artenreiche Exotenzug, den Marek Jan Jama als erste Darbietung präsentiert, wird mit lauten „Ah“ und „Oh“ vom erwartungsfrohen Publikum aufgenommen. In bekannter Weise laufen zunächst fünf Kamele ihre Figuren. Bald ergänzen vier braune Araber und zwei Zebras die Formation. Die Gruppe der Rinder wurde um zwei erweitert und sie lösen Pferde und Zebras in der Figurenfolge ab. Ein Känguru springt durch die Manege und mit den abschließenden Touren der Lamas klingt die Darbietung harmonisch aus.
Cesar Pindo versetzt die Zuschauer  mit seinen herausrragenden Klischnigg-Künsten in ungläubiges Staunen. Schier knochenlos, mit scheinbarer Leichtigkeit bringt er seinen athletischen Körper in die, für Normalsterbliche, unglaublichsten Positionen. Die enorme Anzahl verschiedener Tricks wird effektvoll präsentiert und die erstklassig ausgeführten Handstände – mit stark verschränkten unteren Extremitäten – überzeugen mit Kraft und Balancegefühl. Der Höhepunkt des Auftritts ist erreicht, wenn sich der Südamerikaner Cesar Pinto, in einer ungewöhnlichen Technik, in einen Plexiglaskubus von nur wenigen Zentimetern Kantenlänge zwängt.
Tempo ist angesagt, wenn die Messoudis zur Gruppenjonglage bitten. Die ersten Touren führt das Trios mit Tennisbällen aus, ehe das Gros der verschiedenen Muster mit silbernen Keulen erfolgt. In ständig variierenden Formationen erfolgen die elegant ausgeführten Passings. Kollektives staunen ist angesagt, wenn zum effektvollen Abschluss der Darbietung gezielte Würfe die Zigarette aus dem Mund, den Hut vom Kopf und die Sonnenbrille von der Nase von Vater Messoudi fegen.

Clown Cesar Diaz gehört auch in dieser Saison dem Ensemble des Zirkus Charles Knie an. Er ist mit vier seiner bekannten Reprisen zu erleben. Zunächst wird, untermalt von gekonntem Beatboxing mit einem Zuschauer mit imaginären Revolvern jongliert, ehe es zum Showdown der beiden Revolverhelden kommt. Wenig später wird mit einer überdimensionalen Zwille wird auf Ballons „geschossen“. Ein widerspenstiges Mikrofon sorgt für Komplikationen beim Mundharmonika spielen. Immer wieder grandios ist der finale Auftritt von Diaz, der als eleganter Sänger von „My Way“ mit unzähligen Pannen zu kämpfen hat und allen Katastrophen zum Trotz den Auftritt durchzieht.

Gänsehaut pur haben Priscilla Errani und Marco Moressa  mit ihrem neuen Act zu bieten. Mit der Armbrust werden wird eine Vielzahl hochkarätiger Tricks des Genres geboten, wobei sich die beiden sympathischen Artisten als Schützen abwechseln. Aktionen am Messerbrett, bei denen Marco als sicherer Werfer agiert, werden immer wieder zwischen die Kunstschützentricks eingestreut. Mit hoher Rotation dreht sich die Scheibe, trotzdem werden die Messer zielsicher platziert - der Höhepunkt der Darbietung ist erreicht.
Ballett und Sängerin entschleunigen den Puls des Publikums und leiten mit einem stimmigen Auftritt die Pferdefreiheit unter der Peitschenführung von Marek Jan Jama ein. Zunächst präsentiert ein prächtiger „Pegasus“ gekonnt den Spanischen Tritt. Ihm folgt der Sechser-Zug Friesen. Drei von ihnen zeigen das flechten, ehe alle sechs Hengste die verschiedenen Lauffiguren ausführen. Ein halbes Dutzend Fallabella Ponys erobert kurz die Manege und mit verschiedenen Da Capo Steigern erreicht die Darbietung ihren Höhpunkt.
Zu Beginn des zweiten Programmteils reitet Marek Jama auf einem goldschimmernden Hengst eine Hohe Schule. Auch dieser Auftritt des versierten Tierlehrers wird mittels des Balletts effektvoll inszeniert.

Aus Italien kommt das Highlight vor der Pause - die „Flying Wulber“. Je drei Damen und Herren bieten eine großes Spektakel in der Zeltkuppel. Vielerlei Tricks des Genres, dabei auch sehr selten gezeigte, wie beispielsweise ein mit dem Rücken zum Fänger abgesprungener Doppelsalto, gehören zum sicher vorgetragenen Repertoire. Die rasante Darbietung hat in exzellent ausgeführtem dreifachen Salto und abschließender Passage ihre Höhepunkte.
Wenig später erleben wir die „Wulber Brothers“ mit einem mitreißenden Auftritt auf dem Trampolin. Im Blues Brothers Stil präsentieren sie mit Unterstützung der drei Damen eine große Show und feine Akrobatik auf dem elastischen Tuch.
Das Duo Pedersen präsentiert seine beiden Seelöwen in charmant verspielter Weise. Die beiden Robben balancieren geschickt Bälle auf der Nase und fangen Ringe auf. Sie verfügen über einiges schauspielerisches Talent, küssen die Tierlehrer und geben der Vorführerin einen Klaps mit der Flosse auf den Po. Abschließend balanciert eine Robbe Laura Pedersen auf seiner Schnauze.

Die furiose Rollschuh-Akrobatik von Vanessa und Emanuel Medini kommt allerbestens an und reißt das Publikum zum wiederholten Male förmlich von den Sitzen. Viele spektakuläre Tricks werden von dem Geschwisterpaar in hohem Tempo und erstklassiger Ausführung geboten. Ein für wenige, langsame Runden mitwirkender Zuschauer kann sich anschließend kaum auf den Beinen halten und demonstriert so eindrücklich, welcher Belastung die Artisten ausgesetzt sind. Die abschließende Figur, bei der Vanessa zusätzlich zur Drehung auf der Plattform noch um die eigene Längsachse rotiert, wird von ihrem Bruder mit verbundenen Augen ausgeführt.
Den artistischen und für viele Zuschauer optischen Höhepunkt der Show bieten die wohlgeformten Körper der Messoudis bei ihrem leistungsstarken Hand-auf-Hand Act. Viele hochkarätige Tricks werden von den vier Modellathleten sicher und gekonnt ausgeführt. Zwei Einarmer auf den Köpfen der Untermänner stehen am Beginn ihres mitreißenden Auftritts. Yassin Messoudi liegt bäuchlings auf dem Tisch, senkt dabei seinen im Handstand auf seinen Füßen stehenden Bruder zunächst langsam ab und hebt ihn sodann wieder in die Ausgangsposition zurück. Eine Handstandpyramide der drei Söhne auf dem Kopf und den Knien des Vaters bildet den Höhepunkt ihrer Arbeit.
Das große Finale beinhaltet dank Sängerin und Ballett eine gehörige Portion Glamour. Riesiger Federschmuck und Leuchtelemente an den Kostümen der Tänzerinnen zaubern einen Touch Las Vegas in das weite Rund. Eine umfangreiche Choreographie vereint die gesamte Truppe nach Einzelvorstellung in der Manege, während das Publikum mit lang anhaltendem frenetischem Beifall und Standing Ovations seiner Begeisterung freien Lauf lässt. Während glitzerndes Metallkonfetti aus der Kuppel auf die Artisten, Tierlehrer und Clowns hernieder rieselt endet eine großartige Show wie sie begann – voller „Euphorie“.
Traditionellen, klassischen Circus in Bestform in harmonischer Verbindung mit einem zeitgemäßen Showkonzept zu präsentieren – dafür steht der Zirkus Charles Knie wie sonst kein Unternehmen in Deutschland.