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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CLASSIC CIRCUS
Holzen, 17. August 2014



Seit fünfzehn Jahren betreibt Althoff Karl Köllner inzwischen seinen Classic Circus. Von Beginn an gastierte man alljährlich im Sommer im Dortmunder Vorort Holzen. Auf einer Wiese inmitten der Wohnbebauung hat der schmucke Circus seinen Platz. 
Eine sehr aufwändig gestaltete Fassade empfängt die Besucher. In perfekter Hochglanzlackierung strahlen Steigerpferde und verschiedene Clownsmasken vom blauen Untergrund herab. Ein aufgemalter, mit goldenen Borden versehener roter Vorhang gestaltet die Fläche. In nostalgischer Schrift leuchtet der Circusnamen am oberen Rand und die Leuchtschrift darüber verkündet, dass hier auch die Circuskasse zu finden ist. Ein rot-weißer dekorativer, optisch zur Fassade passender Zaun mit Lichterbögen zwischen venezianischen Säulen komplettiert die Front.
Ein modernes weißes Zweimastzelt ist die Spielstätte des Classic Circus. Die Rondellleinwand fällt nicht senkrecht herab, sondern folgt den seitlichen Abseglungen, so dass der Zeltbau voluminös dasteht. 

In zwei geräumigen Ställen denen jeweils große Außengehege zugeordnet sind, sind die Hunde, Esel und Ponys von Robano Köller bestens untergebracht. Ein großer Auflieger mit riesigem Freigehege beherbergt die beiden Tiger des sympatischen jungen Tierlehrers. Ein Zentralkäfig, der mit einem Tunnel an den Käfigwagen angeschlossen ist ergänzt die Raubtieranlage. Die Wohnwagen und Materialtransporter sind ringsum aufgefahren.
Im Eingangsbereich des Chapiteau ist die bestens sortierte Restauration, sie hält u. a. frisch zubereitetes Popcorn, Zuckerwatte und Slush bereit, platziert.
Ein angenehm steil ansteigendes siebenreihiges Bankgradin füllt den Raum um die Manege restlos aus. Der Artisteneingang, die Gardine ist aus edlem rotem Samt gefertigt, entspricht optisch der dekorativen Fassade und wird mittels LED-Lichtschnüren hervorragend illuminiert. Die rot-weiße Piste rahmt die kleine Manege, die passgenau mit einem roten Teppich, der bis hinter die Gardine reicht, ausgelegt ist, ein.


Die Stimmung im beinahe voll besetzten Gradin ist gleich zu Programmbeginn dank eines temperamentvollen Openings bestens. "Schnappi, das kleine Krokodil" ist kurz in der Manege präsent und der anschließend aus der leistungsstarken Tonanlage klingende Mallorca-Hit lässt die erwachsenen Besucher mitklatschen. Direktor Carl Köllner begrüßt sein Publikum und bedankt sich für zwanzig Jahre Treue, er gastierte bereits mit dem elterlichen Unternehmen hier,  bei den Stammgästen. Er übernimmt während der Show den Part des Sprechstallmeisters in hervorragender Weise. Die auftretenden Artisten werden ins rechte Licht gerückt und das Publikum mit vielerlei Informationen versorgt.
Die vier rumänischen ArtistenInnen der Truppe Jonuz eröffnen die Nummernfolge mit ihrer temperamentvollen Gruppenjonglage. Mit Keulen werden vielfältige Muster gearbeitet. In immer wieder wechselnden Formationen erfolgen die sicher ausgeführten Routinen.

Temporeich wirbeln die acht Hunde unterschiedlichster Größe von Robano Kübler durch den roten Ring. Voller Eifer werden die verschiedensten Sprünge ausgeführt. Sprünge durch Reifen und über den Vorführer gehören genauso zum Repertoire wie solche über "Kollegen". Nur auf den Hinterpfoten wird eine Sprungbahn über vier abliegende weitere Hunde absolviert. Abschließend zeigen einige Hunde ihre Reitkünste auf einem Pony.
Im zweiten Programmteil sehen wir den sympathischen Tierlehrer erneut, nun präsentiert er eine variantenreiche Freiheit mit vier Eseln. Entgegen ihrem landläufigen Ruf  zeigen sich die Grautiere keinesfalls störrisch und stur, sondern absolvieren ihre umfangreiche Laufarbeit flüssig und in flottem Tempo. Die hervorragenden Steiger eines temperamentvollen Ponys runden als gelungenes Da Capo die Darbietung ab. Die Darbietung mit den beiden Tigern kann Robano Kübler zur Zeit nicht arbeiten, da er sich vor wenigen Tagen einen Armbruch zugezogen hat und der Auftritt mit einer Gipsmanschette ein zu großes Risiko bedeuten würde.


Jerome, elfjähriger Nachwuchsartist, begeistert mit einem erstklassigen Flaschenstuhl. Zunächst stapelt er seine Stühle auf einem hohen Piedestal aufeinander und drückt seine Handstände darauf. Im zweiten Durchgang wird der untere Stuhl auf vier Flaschen auf dem Piedestal platziert und die Stuhlpyramide hoch aufgetürmt. Natürlich darf auch ein Handstand auf einem Stuhl, der auf nur drei Flaschen ruht nicht fehlen.
Clown Fili möchte verreisen, lässt aber den Direktor zuvor probieren, welche Flüssigkeit aus seinem Koffer tröpfelt. Natürlich ist es weder Wodka, Whisky noch Sherry. Das Mirakel offenbart sich, als ein weißes Kaninchen aus dem Koffer hervorgeholt wird.
Im zweiten, ebenfalls erfrischend dargebotenen Auftritt möchte der Clown als großer Magier überzeugen. Nach zwei Tricks, die schnell als "fauler Zauber" entlarvt sind, möchte ihn der Adlatus des Direktors, Mario, hinauswerfen. Kalli Köllner gibt dem verhinderten Magic-Star hingegen mit Hilfe des Publikums mehrmals "noch eine Chance" und es entspinnt sich ein munteres Spiel um einen Apfel, den der Clown verschwinden lassen soll. In einer weiteren Szene wird zunächst mit einem Kind und hernach mit einem Erwachsenen in bekannter Weise Seil gesprungen.
Miss Carmen präsentiert temperamentvoll ihre Hula Hoop Show. Mit Grazie und Schwung werden die Ringe um Arme, Beine und Körper gedreht und viele der relevanten Abläufe des Genres gezeigt.
Miss Andrea arbeitet die beiden Luftnummern des Programms. Zuerst sind ihre Evolutionen an einem Netz zu erleben. Kraftvoll und anmutig agiert die junge Frau unter der Kuppel. Mit einem voll ausgedrehten Wirbel an einem Arm findet die Darbietung ihren Höhepunkt. Die zweite Nummer absolviert die Artistin am Trapez und überzeugt auch in diesem Genre mit einer ansprechenden Trickfolge. Gekonnt dargeboten reihen sich die verschiedenen, kraftvoll ausgeführten Halteposen aneinander.

Zu Beginn des zweiten Programmteils präsentiert Direktor Karl Köllner seine Messerwurfkünste. Seine Frau Anda hat den Platz am Messerbrett inne und in schneller Folge werden die Messer äußerst nah rings um ihren Körper platziert. Wenig später sind Beile und Morgensterne die Objekte, die nur wenige Zentimeter neben dem Körper seiner Frau ihr Ziel finden.
Jasmin, Tochter von Direktor Köllner, präsentiert ihre Antipodenspiele auf einer hohen Trinka. Sie eröffnet ihre Trickfolge mit kleinen Teppichen, die geschickt mit Händen und Füßen manipuliert werden. Im zweiten Teil der Darbietung arbeitet sie mit großen Gymnastikbällen. Ihr Originaltrick - sie kickt die Bälle mit den Füßen in eine Gitterkonstruktion, die die Bälle zu ihren Händen zurückführen und erneut auf die Reise gehen lassen - ist Höhepunkt und Abschluss der Nummer.
Die Herren der Truppe Jonuz bieten eine fulminante Feuer-Show. Abwechselnd wird in verschiedenster Weise mit Fackeln, Feuerkelchen und brennenden Stangen jongliert sowie Feuer geschluckt und gespuckt. Lange werden die Flammen im Mund gehalten und langsam die Fackeln gelöscht. Mächtige Feuersäulen steigen hoch in die Kuppel und verfehlen ihren Eindruck auf das Publikum nicht.
Im harmonisch ablaufenden Finale stellt Direktor Karl Köllner Artisten, Mitarbeiter und seine Familie vor, er bedankt sich für den Besuch bei seinem treuen Publikum und kündigt für das Gastspiel im kommenden Jahr ein komplett neues internationales Programm an.
Der Classic Circus bietet stets ein gutes, geschickt zusammengestelltes Programm, dass in erstklassiger Weise in einem äußerst ansprechenden Rahmen präsentiert wird und das die Liebe der Macher zu ihrem Beruf stets widerspiegelt. Wenn sich die Gelegenheit bietet, sollten Liebhaber der klassischen Circuskunst diesen Circus unbedingt besuchen.