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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CLASSIC WORLD CIRCUS 
Dortmund, 10. Juni 2009

www.classic-worldcircus.de
Mit einem neuen Circusprojekt ist Althoff-Karl Köllner nun wieder auf Tour. Nachdem im letzten Jahr das Material langfristig an den Österreichischen Nationalcircus Louis Knie vermietet war, macht man nun wieder selbst Circus und hat den bekannten Namen um den Zusatz 'World' ergänzt. Komplett neue, rot/gelbe Zeltanlagen wurden in Dortmund erstmals errichtet. Der Viermaster von ca. dreißig Metern Durchmesser trägt auf dem ihn hoch überragenden Bogen in Leuchtschrift den neuen Namen. Der aufs notwendigste rationalisierte Fuhrpark ist passend auch in rot gehalten. Ein kurzer Frontzaun mit dekorativen Leuchten findet sich vor dem kombinierten Kassen- Durchgangswagen. Dessen Fassade ist passend zum Circusnamen halbkreisförmig ausgebildet und als obere Hälfte der Erdkugel dekoriert.
Bei unserem Eintreffen wenige Stunden vor Beginn der Premiere war man noch überall mit letzten Vorbereitungen beschäftigt, der obere Fassadenteil noch herunter geklappt, wurde hier und da gewerkelt und aus dem Chapiteau drang die Geräuschkulisse der Generalprobe. Das Chapiteau-Innere zeigt sich gekonnt gestaltet. Der dekorative Artisteneingang in Verbindung  mit den rot-weißen Logen, die kleine Kugelleuchten tragen, und der Leuchtpiste vermitteln Circusflair. Ein achtreihiges Bankgradin füllt den übrigen Raum.
Das Publikum strömt ins Zelt und die Reihen füllen sich zusehends. Für den clownesken Part wurde David Paschke, Künstlername 'Filu', engagiert und mit kleinen Späßen wärmt er die Zuschauer während des Einlasses an.

Das Programm, es läuft als klassisches Nummernprogramm mit einem Direktor als Sprechstallmeister ab, gliedert sich in zwei etwas differierende Teile. Der erste ist um einiges kürzer und schwächer besetzt, als der wesentlich dichtere und flotter ablaufende zweite Teil. Ganz traditioneller Circusregie folgend, steigert sich die artistische Leistung der einzelnen Darbietungen kontinuierlich im Programmverlauf.
Mit einem Tusch des sechsköpfigen Circusorchesters startet die Premiere. Es ist äußerst bemerkenswert, dass alle Artisten ausnahmslos zu Livemusik auftreten. Eine Parade aller Mitwirkenden sieht den Direktor im Mittelpunkt, er begrüßt das Publikum und im Stile eines Rekommandeurs stellt er Artisten und Mitarbeiter vor.
Die Antipodenspiele von Katharina schließen sich nahtlos an. Auf einer hohen Trinka wirbelt die junge Frau kleine Teppiche auf Händen und Füßen umher. Im Kostüm einer Spanierin und schwungvoller musikalischer Begleitung heizt sie gleich die Stimmung an.
Die Brüder Christian und Michael Lieberum mit Alica haben einen großen Anteil am gelingen dieser Show. Zuerst zeigen fünf Dromedare und ein Kamel gefällige Lauffiguren, in den Verlauf der Darbietung wird noch ein Pferd eingebunden. Die Eselfreiheit wird in dieser Vorstellung ausnahmsweise von Peter Burger, ihm obliegt die Tourneegestaltung und Pressearbeit des Circus, vorgeführt. Als dritte Dressurnummer aus dem Hause Lieberum sehen wir eine Ziegenrevue. Es sind Tiere der dekorativen 'Waliser'-Rasse. Sie beherrschen die genreüblichen Tricks bis hin zum Ritt auf einem Pony. Ein sprunggewaltiger Border-Collie ist gleichermaßen in die Nummer integriert.
Die 'Königin der Lüfte' dieses Programms ist Alicia. Am Vertikalseil und im zweiten Teil an Tüchern versteht sie zu überzeugen. Ansprechende Trickfolgen, kraftvoll und elegant präsentiert, verfehlen ihre Wirkung auf das Publikum nicht.

Sehr unterschiedlich sind die Auftritte von Filu in beiden Programmteilen. Außer dem 'Warm Up' fährt er mit einem 'Freiwilligen' Motorrad und setzt 'vier Herren auf vier Stühle'. Es sind die üblichen, beliebigen, austauschbaren Reprisen, die - obwohl gut vorgetragen – nicht wirklich überzeugen. Ganz anders dann im zweiten Teil. Hier bekommt die Figur Filu Profil, wird originell und eigenständig. Sehr schöne, stimmige Kostüme, eigene Ideen und gute Gags sind kennzeichnend für die Figur des 'verhinderten Zauberers'.
Die Tellerjonglage von Karl Köllner unter Assistenz von Filu kommt hervorragend an. Die beiden legen großes komödiantisches Talent an den Tag, bieten eine solche Menge Gags, dass die Anzahl der sich drehenden Teller in den Hintergrund tritt.
Den Direktor sehen wir ein weiteres Mal mit einem der Höhepunkte des Programms. Auf einem Drahtseilapparat ist ein Messerbrett montiert, vor dem seine Partnerin ihren Platz einnimmt. Mit einigem Abstand auf dem Seil balancierend beweist er sein Können mit Wurfmessern, Äxten und Todessternen. Beachtlich nahe an seine Partnerin platziert Karl Köllner seine Würfe. Dies ist umso bemerkenswerter, als die junge Frau auf Grund der Konstruktion keine Chance hat, unter Umständen ihren Platz zu verlassen.
Eine spannungsgeladene actionreiche Diabolojonglage zeigt das Duo Tabeev. In hohem Tempo absolvieren Anton Tabeev und seine Assistentin Katharina die Tricks, zu denen bis zu drei Diabolos in der Luft gehalten werden. Ungewöhnlich der Abschluss der Nummer. Auf einem einem Hochrad fahrend fängt und stapelt der Artist Diabolos und Verbindungsachsen auf seinem Kopf.
Die Stars des Russischen Staatscircus Marina und Igor Markevich – so werden sie angekündigt. Es ist eine hervorragende Dressurshow, die die beiden mit ihren achtzehn Hunden bieten. In hohem Tempo und mit bemerkenswerter Präzision agieren alle Beteiligten, ganz in der Tradition des ehemaligen Staatscircus. Spielerisch leicht wirken die Aktionen und voller Eifer tollt die Meute durch die Manege.
Sehr gelungen die Feuershow der Bengali Truppe. Die Brüder Lieberum bieten eine Vielzahl attraktiver Tricks. Die Glasbalancen von Alicia sind in die Fakirshow integriert und geben der Nummer so den letzten Drive – machen sie besonders. Auch die Einbeziehung von Filu, seine Versuche Feuer zu spucken werden zunächst immer wieder verhindert und enden endlich im Chaos, erweist sich als ideale Regieidee.
Den Blues Brothers ist die Finalnummer vorbehalten. Zwischen zwei Masten ist ein Schrägseil gespannt und an diesem Requisit zeigen Alicia, Christian und Michael Lieberum spektakuläre Artistik. Am Trapez unter dem leichten Kraftrad werden die üblichen Tricks gezeigt und mit einer Fackeljonglage findet dieser fulminante Auftritt seinen Abschluss. Eine sehr attraktive und ungewöhnliche Finalnummer, denn Artistik dieser Art ist nur höchst selten im Circus zu sehen, ist sie doch hauptsächlich den Hochseiltruppen die ihre Masten im Freien errichten vorbehalten.
Das Finale vereint alle Mitwirkenden in der Manege und der Direktor zieht nochmals alle Register seiner Redekunst. Kleine Zugaben, Einzelvorstellung und ein wenig Choreographie sind die gebräuchlichen Zutaten zu einem großen gelungenen Finale, verdeutlichen dem Publikum nochmals die Güte des Programms. Diese Show zeigt gute interessante Darbietungen, bietet im Verlauf von zweieinhalb Stunden hohen Unterhaltungswert. Das Premierenpublikum zieht, gemessen am anhaltenden frenetischen Applaus, offensichtlich das gleiche Fazit.