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Text und Fotos Friedrich Klawiter
KERSTSCIRCUS ETTEN-LEUR
Etten-Leur, 26. Dezember 2014
Der prächtigste Tiercircus der Niederlande, Circus Belly-Wien von Roman Zinnecker, veranstaltete erstmals einen großen Weihnachtscircus in Etten-Leur, ca. vierzig Kilometer südöstlich von Rotterdam gelegen. Immer ist ein Besuch dieses großen klassischen Circus mit seinem gepflegten Material und einem äußerst unterhaltsamen, traditionellen Programm mehr als lohnenswert.
Im Brabantpark, auf einer großen ovalen Rasenfläche war das Unternehmen mit seiner ganzen Schönheit und vielen liebevollen Details aufgebaut. Im Zentrum des Platzes leuchtete das mächtige blaugelbe Chapiteau mit der hohen, modern geformten Kuppel weithin. Das großes Dreimast-Vorzelt diente der Restauration. Nach durchschreiten des Eingangsbaldachins werden die Augen der Besucher auf einen liebevoll restaurierter Hanomag-Schlepper aus der Mitte des letzten Jahrhunderts gelenkt. Der bekannte Fassadenzaun wurde dem Rand des Rasens entlang aufgestellt und ein fester, mit Teppich belegter Boden führt vom Eingang bis ins Chapiteau. Die zahlreichen gelb und blau lackierten Tonnendachwagen des Circus und die großen Wohnwagen konnten, auf dem von vielem Regen durchweichten Rasen, nicht in der üblichen Formation aufgefahren werden. Sie mussten am Rand des Geländes entlang der Wege abgestellt werden.

Das vorzügliche Aussehen des Unternehmens setzt sich, wie könnte es anders sein, im Innern des Chapiteau fort. Das moderne Gradin ist komplett mit Schalensitzen ausgerüstet und wird von nostalgisch verzierten Logen ergänzt. Ein Artisteneingang mit zwei vorgelagerten Treppen bietet auf seiner Empore dem glänzend aufspielenden vierköpfigen polnischen Orchester Platz.

Doch der Circus Belly-Wien versteht es nicht nur mit einem erstklassigen Erscheinungsbild zu beeindrucken, auch das unterhaltsame Programm begeisterte die an diesem Tag zahlreich erschienen Besucher.
Juniorchef Marlon Zinnecker eröffnete mit einem circensischen Highlight den Reigen der starken Darbietungen. Die herausragende Freiheitsdressur mit acht Friesen wird schwungvoll mit raschem Wechsel der vielen verschiedenen Abläufe dargeboten. Gegenläufe, Fächer zu vier und zu acht, gegenläufige Fächer, Walzer, Volten und Pirouetten - das Repertoire umfasst das komplette Spektrum dessen, was man von einer erstklassigen Pferdedressur erwarten kann.
Vier junge weiße Araber, die erst vor wenigen Wochen ihr Manegendebut hatten bringt Marlon Zinnecker als Da Capo in die Manege. Die jungen Hengste warten mit formidablen Steigern auf.
In einer weiteren Dressurfolge sehen wir sechs prächtige Steppenkamele die, mit neuen dekorativen Schabracken geschmückt, eine abwechslungsreiche Laufarbeit zeigen. Flott folgen die mächtigen Trampeltiere den Anleitungen des Tierlehrers.
Im zweiten Programmteil präsentiert Marlon Zinnecker ein hervorragendes doppeltes Groß-und-Klein. Zwei Friesen und zwei weiße Shetland-Ponys interagieren in hervorragender Weise miteinander. Variantenreiche und selten zu sehende Figuren arbeiten die beiden Pferdepaar parallel in erstklassiger Ausführung.

Der jugendliche Aaron Zinnecker jongliert schwungvoll mit Bällen, Ringen und Keulen. Sehr routiniert und souverän beherrscht der sechzehnjährige Artist eine breite Palette verschiedenster Routinen. Mit der effektvollen Jonglage hell lodernder Fackeln erreicht der Auftritt seinen Höhepunkt.

Die hauseigene Raubtierdarbietung wird von Direktor Roman Zinnecker vorgeführt. Der erfahrene Dompteur lässt die Tiere mit gelassener Eleganz u. a. verschiedene Sprungvarianten, Hochsitzer, Rollover, Pyramide und Teppich ausführen. Ruhig und souverän agiert der Direktor im Käfig und provoziert Prankenschläge, die dem Auftritt die nötige Würze verleihen.

Die Toni Alexis Clowns begeistern auch in diesem Rahmen mit ihrem Witz und professionellem, gekonntem Spiel. Zunächst sehen wir ihre Restaurant-Szene. Jeanette Alexis ist die elegante Dame aus besseren Kreisen, die in einem Restaurant speisen möchte und Toni der trottelige Kellner, der ungeniert die Weinflasche an den Mund setzt und die Spaghettis tief fliegen lässt. Im zweiten Entree, dem Klassiker von Toni Alexis, stört der August die Ausführungen des Clowns fortgesetzt und wird entsprechend abgestraft. Das aus tiefer Kehle geröhrte „Ahoi“ und unablässiges Beifall einfordern sind sein Markenzeichen und werden vom Publikum mit lebhaften Reaktionen goutiert. Diese Art von Spaß kommt beim Publikum allerbestens an.

Die Schwestern Marilyn und Mandy bieten eine rasante Kombination aus zwei Genres. Mandy fliegt an den Tuchstrapaten durch die Kuppel und Marylin arbeitet ihre trickreiche Antipodenspiele.
Im zweiten Programmteil sehen wir die Schwestern mit der gemeinsamen Präsentation einer modern interpretierten Hohen Schule. Marylin reitet viele verschiedene Lektionen auf einem temperamentvollen Schimmelhengst und Mandy begleitet den Auftritt gekonnt mit einem stimmigen Serpentinentanz. Sie wechselt zum Höhepunkt der Darbietung in den Sattel und mit einer gekonnten Levade endet der Auftritt.
Darüber hinaus ist Mandy Zinnecker mit zwei weiteren Nummern im Programm vertreten.
Ihre trickstarke Kür auf dem gespannten Silberdraht besticht mit einem perfekten Verkauf. In einem glamourösen Look, mit schwarzem Zylinder und Stöckchen, tritt sie vor den Vorhang und beginnt ihren Tanz in der Manege. Auf dem Seil wechseln die verschiedenen Schrittfolgen mit unterschiedlichen, sehr sicher ausgeführten Balancen. Ein gekonnter Spagat beendet den mitreißenden Auftritt.

Hoch in die Kuppel des Zeltes führt die zweite Darbietung. Kraftvoll ausgeführte Luftartistik in einem Netz wird gekrönt von spektakulären Abfallern.

Das Duo Galaxy, Markus Köllner und seine Partnerin - für einige Monate wieder zurück in Europa, ab März gastiert man in Tasmanien - bieten das finale Highlight des Programms mit ihrer Arbeit auf dem Wheel of Death. Mit viel Schwung wird trickreich und nervenstark im, am und auf dem rotierenden Rad heiße Action geboten. Der Stelzenlauf auf der Außenbahn, derzeit bei keinem anderen Artisten im Repertoire mußte hier leider, auf Grund der zu geringen Kuppelhöhe des Zeltes entfallen.
Das flott und temperamentvoll choreographierte Finale bringt alle Mitwirkenden noch einmal in die Manege. Kevin van Geet, der in der Show als versierter und angenehmer Sprechstallmeister in Erscheinung trat, stellt die Mitwirkenden routiniert vor. Mit frenetischem Applaus bedankt sich das begeisterte Publikum für zweieinhalb Stunden allerbester traditioneller Circuskunst.