Text und Fotos Friedrich Klawiter |
CIRQUE FIRMIN BOUGLIONE Lüttich, 30. März 2013 www.firminbouglione.be |
Zu Ostern gastierte der Cirque Firmin Bouglione in Lüttich, der wallonischen Metropole an der Meuse. Der Circusplatz, die Esplanade Leonard, ist ein ansprechend gestalteter innerstädtischer Platz, direkt an der Altstadt. Einladend leuchtet die Front des Circus über den Vorplatz. Rot und weiß sind die Hausfarben des Unternehmens, sie finden sich auf Wagen, Zaun und Zeltanlagen wieder. Ein Stakettzaun, der mittig angeordnete Torbogen trägt den Namenszug des Circus, schließt das Gelände an der Vorderseite ab. Vorzelt und Zwei-Masten-Chapiteau zeigen ein Streifendesign und erheben sich gleich hinter dem Zaun. Der nostagische Holz-Kassenwagen wurde im rechten Winkel zu Front platziert. Auf der linken Seite des Platzes stehen die großen Wohnwagen-Trailer in Reihen platziert, rechts haben Mannschafts- und Materialwagen ihren Platz. In mehreren Zelten sind Pferde, Ponys und Kamele untergebracht. Direkt hinter dem Zelt hat die umfangreiche Raubtieranlage für die beiden Leoparden von Herbert Larott ihren Platz. Im gemütlich eingerichteten, komplett mit rotem Teppichboden ausgelegten Vorzelt findet man neben dem Verkaufswagen und dem Popkornstand zahlreiche Sitzgelegenheiten vor. Durch einen Tunnel gelangen die Besucher ins Chapiteau. Der mächtige Artisteneingang dominiert den Raum. Geraffter roter Samt wird von einer goldenen Schabracke gekrönt. Darüber funkeln die LED's am rot-goldenen Namenszug. Ein Bogen mit zahlreichen Scheinwerfern schließt die Konstruktion nach oben ab. Das Rondell ist hinter dem fünfreihigen Bankgradin mit roten Planen, die mit aufwändigen goldenen Ornamenten bedruckt sind, abgehängt. Die Logen sind mit gleichen Stoff aus dem der Vorhang gefertigt ist, dekoriert. Für die ausgezeichnete Lichtregie, die die Artisten in herausragender Weise in Szene setzt zeichnet der junge Direktor Riccardo Canestrelli, Enkel von Firmin Bouglione, verantwortlich. Den Programmstart gestaltet Clown Joanes als Dirigent. Nachdem er einige Missgeschicke erlitten hat, zaubert er aus einem großen Koffer seinen kleinen Sohn hervor. Mit dem Taktstock, den dieser überreicht, dirigiert er den Applaus des Publikums, jedenfalls solange, bis „Monsieur Loyal“ Pierre Paillé dem Treiben Einhalt gebietet. Monsieur Paillé fungiert auch in dieser Saison wieder als charmanter, wortgewaltiger und angenehmer Moderator der Show, der es stets hervorragend versteht, die Artisten in geeigneter Form dem Publikum zu avisieren. Riccardo Canestrelli tritt als eleganter Vorführer von vier Tigerscheck-Ponys vor sein Publikum. Souverän werden die verschiedenen Lauffiguren von den, dekorative rote Geschirre tragenden, Minipferden gemeistert. Das komplette Repertoire guter Freiheitsdressuren wird zu Gesicht gebracht. Doppelter Kruppensteiger, Barrierensprünge, Kompliment und Steiger runden diese Darbietung in gelungener Weise ab. Ein weiteres Mal steht Riccardo Canestrelli im Mittelpunkt einer Dressurfolge. In einem eleganten weißen Maharadscha-Kostüm dirigiert er die beiden Kamele und ein Dromedar zu ihren Figuren. Auch diese Nummer läuft in erstklassiger Ausführung ab und zeigt eine große Anzahl unterschiedlicher Figuren. Weitere equestriche Darbietungen bringt der italienische Dresseur Gianni D' Ambrosio in die Manege. Zunächst sehen wir ihn mit einem hervorragend agierenden Groß-und-Klein. Ein mächtiger Friese und ein falbes zierliches Fallabella-Pony kontrastieren effektvoll. Sie beherrschen eine ganze Reihe selten gezeigter und selbstverständlich auch oft zu sehender Figuren. Erstklassig ausgeführte Da Capo Steiger dürfen natürlich nicht fehlen. Ein weiterer Friese wird als Schulpferd am langen Zügel vorgeführt. Diese heute nur noch höchst selten in den Manegen anzutreffende Disziplin wird hier in exzellenter Weise dargeboten. Ein weißer Araber zeigt anschließend solo sein Können und brilliert mit variantenreichen, hervorragend ausgeführten Steigern. Die französische Artistin Vanessa präsentiert eine exzellente Hula Hoop Darbietung. Ihr tänzerischer Stil verbindet Musik, Licht, Kostüm und Leistung zu einem harmonischen, flüchtigen Gesamtkunstwerk. Fließend und lückenlos erfolgen die Übergänge zwischen den verschiedenen Elementen des Auftritts und ziehen so die Besucher in den Bann der Artistin und ihres Auftritts. Abschließend lässt sich Vanessa, während ein Feuerreifen um ihre Hüften rotiert, an einer Handschlaufe hoch in die Kuppel ziehen. Ethel Biasini reitet auf einem Kamel zu ihrem Auftritt an den Tuchstrapaten in die Manege. Im orientalischen Look präsentiert die erfahrene Artistin nun ihre attraktiven Tricks. Hoch unter der Kuppel des Chapiteau folgen kraftvolle Halteposen, riskante Abfaller und weite Flüge in raschem Wechsel aufeinander. Im neuen Design präsentiert sich die Antipoden-Nummer von Ethel Biasini. Neue Kostüme und neue Requisiten sowie der Wegfall ihrer Partnerin und Schwester Dana kennzeichnen ihren diesjährigen Auftritt. Nach einer Rolle werden Würfel, Poker-Jeton und Spielkarten auf den Füssen jongliert. Basketbälle und kleine Teppiche sind die nächsten Jonglierutensilien. Abschließend rotiert ein großes Feuerkreuz auf ihren Füssen. In einem dritten Auftritt arbeitet Ethel Biasini am Schwungtrapez. Sowohl am ruhenden als auch am weit ausschwingenden Requisit zeigt sie eine große Anzahl attraktiver Tricks, u. a. Abfaller, Schwung in den Fersenhang und das gleiten vom Knie- in den Fersenhang. Omnipräsent und tragende Figur des Programms ist Clown Joanes. In einer Vielzahl Szenen ist er während des gesamten Programms immer wieder zu erleben und erfährt zumeist durch Manegensprecher Pierre Paillé kongeniale Unterstützung. Er jongliert mit metallenen Boule-Kugeln und wird selbstverständlich von einer am Kopf getroffen. Ganz groß in der Präsentation ist die Reprise in der eine Pfauenfeder per Blasrohr hoch in die Luft katapultiert und dann auf der Stirn ausbalanciert wird. „Spielen verboten“ heißt es in einer weiteren Reprise, in der dem Clown das Seil springen in der Manege untersagt wird und nacheinander seine sämtlichen Springseile konfisziert werden. Dank seiner Pfiffigkeit obsiegt er letztlich doch. Im umfangreichsten Auftritt päsentiert sich Joanes gleichmassen als versierter Artist und guter Komiker. In charmanter Weise kombiniert er Akrobatik auf der freistehenden Leiter mit Ball- Ringe- und Keulenjongalgen und clownesken Elementen. Es ist wohltuend wieder einmal einen Komiker mit einem breitgefächerten Repertoire eigener Ideen zu erleben, der darauf verzichten kann, die immer gleichen und überall gespielten Reprisen zu wiederholen. Magier Herbert Larott zeigt seine Kunst in beiden Programmteilen. Mit großer Fingerfertigkeit verblüfft er die Zuschauer mit Tricks, die heute nur noch höchst selten in Manegen geboten werden. Kleine grüne Bälle und verschiedene „magische Seile“ sind im ersten Auftritt die wichtigsten Requisiten. Als Finalnummer sehen wir den Magier nach und nach Dutzende Rasierklingen „verspeisen“, um sie am Ende des Auftritts fein säuberlich auf eine Schnur aufgereiht aus dem Mund wieder ans Tageslicht zurück zu befördern. Ein Tuch wird aus einem Karabiner geschossen und mit zwei anderen verknotet. Zum Abschluss seiner Darbietung erfolgt die Großillusionen mit dem Leoparden, der zunächst von einem in einen anderen Käfig „gezaubert“ wird und sich alsdann in einen großen weißen Hasen verwandelt. Clown Joanes sitzt träumend im abgedunkelten Zelt auf der Piste, als ein Lichtstrahl ihn weckt. Er fängt ihn in ein und schleudert das Licht in Richtung Artisteneingang. Ins Licht der nun hell entflammten Scheinwerfer kommen die Mitwirkenden zum großen Finale. Überrascht stellt man fest, dass es nur weniger Personen bedurfte ein unterhaltsames, gutes Circusprogramm zu gestalten. Mit anhaltendem Applaus dankt das Publikum für die gezeigten guten Leistungen, die in dem stimmungsvollen Ambiente bestens zur Geltung gebracht wurden. |