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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS FLICFLAC
Köln, 15. August 2009

www.circusflicflac.de
Beim letzten Gastspiel in Köln vor zwei Jahren hatte Flicflac auf dem gleichen Platz, einer Industriebrache unweit der Köln-Arena aufgebaut. Anders als damals mit dem gewaltigen Acht-Master, entsprechen die neuen Zeltanlagen wieder den heute allgemein üblichen Größenordnungen. Kasse und Bistro bilden die Front, sind alleine außerhalb der schwarzen, den Circus umfassenden, Wand zu sehen. Die Restauration ist, nachdem sie jahrelang ins Chapiteau integriert war, nun wieder in dem langgestreckten Vorzelt zu finden und jederzeit zugänglich.
Der Gag mit den rückwandlosen Dixi-Toiletten zieht immer noch. Bei den allermeisten Circussen eher ein 'anrüchiges' Thema, muss die Toilettenanlage Flicflac' s einfach Erwähnung finden. Viel Chrom, schwarzes (Kunst)Leder, raffinierte Beleuchtung, viele Flachbildschirme - auf einigen werden Programmausschnitte, auf anderen „Männerträume“ gezeigt – und viele nette Gimmicks wie 'Schüttelautomat' und 'Thronstuhl' mit zunächst nicht zu erkennender Rolo-Tür vor der Kabine machen dieses 'Örtchen' durchaus zum Gesprächsthema und für jeden auch ohne Anlass besuchenswert.
Das Innere des Chapiteaus zeigt sich im langjährig gewohnten Look - schwarze Stoffbahnen umrahmt von Gitterträgern als Abschluss hinter der leicht erhöhten Drehbühne. Das bekannte, extrem steile Gradin mit den bequemen gepolsterten Einzelstühlen verheißt neben hervorragendem Sitzkomfort beste Sicht von allen Plätzen. Zumindest die Rondellhöhe des neuen Chapiteaus erscheint niedriger als bei dem Vorgänger, da man in der letzten Reihe nur leicht gebückt stehen kann ohne mit dem Kopf die Plane zu berühren.

Mit „Underground“ wird die Show seit vergangenem Jahr betitelt, wie auch ein großer Teil der Darbietungen seither hier zu sehen ist. Verändert sind in diesem Jahr Opening und Finale des Spektakels, die Elemente Feuer und Wasser werden nun nicht mehr in die Show eingebracht – an ihre Stelle ist der Wind getreten.
Aus dem Dunkel tönt die Stimme eines Erzählers, der dann von einem Spot erfasst auf einem Sitz, dank eines Teleskopstempels, hoch über dem Gradin 'schwebend' die düstere Story der Programmidee vorträgt. Zwei weitere Mal, nach der ersten Darbietung und nach der Pause wird dieser Faden ein wenig weitergesponnen. Außer der Rolle als Erzähler ist Frank Fabry in erster Linie Live-Sänger der Rammstein-Songs,deren Anzahl in der aktuellen Show weniger geworden ist. Nach und nach werden die am Boden liegenden Artisten 'zum Leben erweckt', dann kommen die Windmaschinen im Artisteneingang ein erstes kurzes Mal zum Einsatz, tauchen den Mittelblock erst einmal in eine gewaltige Staubwolke und ein wenig unvermittelt startet die Spielfolge mit Roman Konanchuk an der Vertikalkette. Er wurde ebenso prolongiert wie die Netzstrapatenakrobatik von Julia Galenchyk und die argentinische Bola-Folklore der Diablos des Fuego.  Auch die Truppe Simonenko ist mit ihren beiden Darbietungen am Reck und auf dem Trampolin weiterhin bei Flicflac zu sehen.
Ein wenig dunkel und düster kommt diese neue Produktion daher und hier und da wünscht man sich schon, die Artisten in ein wenig hellerem Licht besser erleben zu können. Ganz im Gegensatz zu früheren Produktionen dieses Unternehmens hat die aktuelle Show verstärkt den Charakter eines Nummernprogramms. Fließende Übergänge, kleine Gags zwischen den Darbietungen, überraschende Momente und ein einbinden von weiteren Artisten in die aktuelle Nummer sind fast nicht mehr gegeben. Es ist eine Artistikshow auf gutem Niveau der der ganzheitliche Charakter etwas abhanden gekommen ist. Auch die früher stets gegebenen spektakulären, außergewöhnlichen Highlights sucht man dieses Mal vergebens.

Dreimal und das auf recht unterschiedliche Art und Weise wird der geneigte Besucher dieser Show mit dem Genre 'Jonglage' konfrontiert.
Alexander Xelo mit seinen Diabolos ist in diesem Circus wahrlich kein Unbekannter. In üblicher Manier lässt seine Requisiten durch den Raum fliegen. Zunächst ist es aber an Eddy Carello die Stimmung anzuheizen. Ganz der wilde Rocker lässt er eine E-Guitarre auf den Devilsticks tanzen. Dann zeigt er seine Balljonglage auf dem Schlagzeug, dieser Part wurde verglichen mit früheren Auftritten, z. B. bei Nock und Royal, deutlich gekürzt.
Als dritten im Bunde erleben wir Steve Eleky. Angekündigt als „Vertretung des leider verhinderten weltbesten Jongleurs“ hat er sofort die  Menge im Griff. Gekleidet in Schottenrock und Frack, und damit deutlich von übrigen Flicflac-Artisten abstechend, ist er ganz der coole Gentleman. Die Verbindung aus ansprechender Jonglage und aberwitzigen Comedy-Gags hält das Publikum gefangen und bringt es zum toben. Auch ein zweiter Auftritt, an vorletzter Stelle der Spielfolge erleben wir eine mitreißende Zauberparodie, erzielt die gewünschte Wirkung. So ist in diesem Circus wieder einmal ein großer Komiker, der mit seinen Gags nicht auf ausgetretenen Pfaden wandelt, zu erleben.
Beide Direktionstöchter sind aktuell im Programm aktiv. Pole Dance nennt sich die Arbeit von Larissa am chinesischen Mast, während ihre Schwester Tatjana weiterhin ihre anspruchsvolle, perfekt vorgetragene, Handstandkür auf dem großen schräg gestellten Spiegel zelebriert.
Eine Flicflac-Show ohne Todesrad ist wohl nicht möglich. Nach der Rückkehr in einen Viermaster hat das überdimensionale Rad mit drei Kesseln ausgedient, das derzeitige Requisit weist wieder die übliche Größe und Form auf. Allerdings wird seit einiger Zeit in wesentlich größerer Höhe als allgemein üblich und netzgesichert gearbeitet. Die beiden, noch sehr jugendlich wirkenden Akteure Tito Vanegas und William Patino bieten so ziemlich das komplette Spektrum an Tricks, inklusive mehrerer Saltos auf der Außenbahn, die in diesem Genre möglich sind.
Als weitere Luftnummer eröffnen die Flying Baetas den zweiten Programmteil. In bekannter Manier startet diese Darbietung mit einer kurzen Kür am Ring, dann wechselt die Fliegerin zu ihren drei Kollegen auf die Brücke und nach dem obligatorischen einschwingen folgen die üblichen Salti, bis hin zum dreifachen, sowie eine Passage. Viel zu lang, zudem nicht so recht zum 'restlichen' Programm passend, sind die nanaischen Spiele Sandoval Navarro' s. Seine Reprise als Latino-Brautpaar plätschert so dahin, ohne das Programm wirklich zu bereichern.

Duo Varnas nennen sich Miroslav Toskov und Nicolay Dobrovolov und es stellt sich die Frage, welchem Genre soll man diese hervorragende Darbietung zuordnen. Sie beginnen ganz normal mit Hand-auf-Hand zu ebener Erde und wechseln dann den Arbeitsplatz – ihre Demonstration von Körperbeherrschung wird an den Strapaten fortgesetzt. Kräftezehrende und schwierige Handstandtricks werden in dieser außergewöhnlichen Kombination souverän präsentiert.
Gleichfalls eine Traditionsnummer bei Flicflac und derzeit vor dem Finale platziert ist der Globe of Speed. Während die voluminöse Kugel in Stellung gebracht wird, sind die ersten drei Akteure bereits startklar in ihrem Innern. In dieser Vorstellung verfolgen die Zuschauer gebannt, wie acht Fahrer zur gleichen Zeit kreisen.

Zum Finale stehen alle Mitwirkenden auf der drehenden Bühne in Position und so erreichen sie die gewünschten Standing Ovations. Dann treten die Windmaschinen ein zweites Mal in Aktion und wirbeln Silberfolien-Konfetti und Papierschlangen ins Rund. Die Artisten marschieren ins Vorzelt, bilden ein Spalier zum Ausgang und mit lautem, wildem Trommeln werden die Zuschauer schnell hinaus komplimentiert.
Den Flicflac-Machern ist es wieder einmal gelungen eine durchaus attraktive Artistikshow zusammen zu stellen.