Text und Fotos Friedrich Klawiter
FLICFLAC
Köln, 16. März 2013


www.http://flicflac.de
FlicFlac ist „EXXTREM“ zurück. Nach beinahe drei Jahren Pause, es wurden nur die verschiedenen Weihnachtsgastspiele durchgeführt, ist FlicFlac nun wieder auf der Reise zu erleben. Das gewaltige gelb-schwarze Achtmast-Chapiteau, mit circa einhundert mal sechsundvierzig Meter bei achtzehn Metern Kuppelhöhe, in dem Benno Kastein 2007 „No Limits“ produzierte, ist auch nun wieder der Blickfang auf dem Circusgelände.
Am Nachmittag deutet noch wenig auf eine gelungene abendliche Premierenvorstellung hin, es wird an allen Ecken und Enden angespannt gearbeitet. Der heftige Wintereinbruch dieser Woche hatte auch bei FlicFlac den Zeitplan durcheinander gewirbelt und für erhebliche Verzögerungen beim umsetzen von Hannover nach Köln gesorgt.
Die ehemals „schwarze Wand“ die den Circus umgab wurde durch einen hohen Metallzaun, dessen Elemente mit großen Spannbändern - die eine Reihe der bekanntesten FlicFlac-Artisten zeigen - bestückt sind, abgelöst. Der Kassenauflieger und die bekannte FlicFlac-Bar flankieren den Eingangsbereich. Im anschließenden zweimastigen  Vorzelt findet der luxuriöse Toilettenwagen, mit „Schüttelautomaten“ und vielen Flachbildschirmen ausgestattet, seinen Platz.
Während an vielen Stellen im Zelt noch gearbeitet wird, trainieren die Freestyle Jumper der Truppe "Air-Force" auf der Bühne ihre waghalsigen Sprünge mit den Motorrädern. Bis zum Einlass-Beginn ist die gesamte FlicFlac-Crew intensiv mit letzten Arbeiten beschäftigt.
Die Gestaltung im Innern des Chapiteaus wurde im Wesentlichen beibehalten. Die vierzig Meter lange „Straße“ wird nun in der Mitte von einer weiteren gequert und diese „Straßenkreuzung“ bildet das Auftrittszentrum der Artisten. Die zu beiden Seiten der „Straße“ stehenden vierzehnreihigen, wie stets bei FlicFlac extrem steil aufragenden, Tribünen sind nun in der Mitte geteilt und auseinandergerückt. Die Restauration wurde unverändert in bewährter Weise unterhalb der Tribünen platziert.

Sänger Frank Fabry tritt in den Lichtkegel, den die Scheinwerfer auf die Bühne werfen und performt mit sonorer Stimme einen Song im Rammstein-Stil. In strenger Formation marschieren je zwölf Artisten, in dunklen Business-Anzügen weißem Hemd und Krawatte, von beiden Seiten auf die Bühne. Unter dem Kommando Fabrys folgt ein kurzes, militärisch anmutendes exerzieren. Dann tritt die Formation geschlossen ab.
Nicolai Kuntz arbeitet seine fulminante Darbietung am Schwungtrapez gleich zu Programmbeginn. In erstklassiger Ausführung reihen sich die attraktiven Tricks aneinander. Zahlreiche Pirouetten, Abfaller und Salti werden mit großer Sicherheit in hohem Tempo gearbeitet.
Im zweiten Programmteil erleben wir den jungen Artisten ein weiteres Mal. Umrahmt vom kreischen des begeistert mitgehenden Publikums präsentiert er eine rasante Diabolo-Jonglage. Alle spektakulären Tricks des Genres bietet Nicolai Kuntz mit großer Selbstverständlichkeit. Rasant wirbelt er über die Bühne und lässt die Diabolos, auch mitsamt den Sticks, ein ums andere Mal hoch in die Kuppel fliegen, um sie hernach stets sicher auf zu fangen. Abschließend erfolgen im abgedunkelten Zelt Routinen mit zwei leuchtenden Diabolos.
Die gesamte Bühnenfläche wird von annähernd zwanzig  Artisten/Innen bei ihrer tempogeladenen Fasttrack-Akrobatik genutzt. Begleitet von einem harten Rock-Song werden die höchst dynamischen Sprünge mit ihren unzähligen Salti, Flick-Flacks und Pirouetten in sich stetig steigernden Schwierigkeitsgraden ausgeführt. 
Vitali Jouravel lockert mit Comedy-Einlagen diese actionreiche Darbietung auf. Als „Dame“ in den allerbesten Jahren ausstaffiert - schwarze, groß gemusterte Netzstrumpfhose, roter Lederminirock um die stark ausgepolsterten Hüften und eine üppigst gefüllte weiße Bluse  in Verbindung mit einer wasserstoffblonden Lockenperücke – tritt er im Verlauf der Show immer wieder in Erscheinung. So zum Beispiel als „Vorführer“ der „Freiheitsdressur“ eines JBC-Frontladers, auf dem anschließend Larissa Kastein ihre Mastakrobatik arbeitet.

Ira Rizaeva, viele Jahre im FlicFlac-Ensemble vertreten, zeichnet für die Regie der aktuellen Show verantwortlich. Zusammen mit ihrem Manegenpartner James Jean Micheletty präsentiert sie eine interessante Partnerjonglage. Auf kleinen Plattformen  an den Armen zweier Teleskopstapler stehend, führen die Akteure ihre Pasings mit Keulen und Reifen aus, während die Stapler synchron über die Bühne rollen. In beachtlicher Höhe, führen beide Artisten einen Striptease aus und werfen sich unterdessen drei Keulen zu.
Eine Russische Schaukel ist auf der „Querstraße“ zwischen den Tribünen platziert und wird von den Artisten zu weiten spektakulären Sprüngen in ein Netz, dass in der Nische zwischen den gegenüberliegenden Tribünen hängt, genutzt. Begleitet von kollektiven „Ahhs“ und „Ohhs“ des Publikums werden die Saltos ausgeführt. Auch die Loopings mit der Schaukel werden mit lebhaften Reaktionen gewürdigt.
Nur zur Premiere, da es nicht zu einem dauerhaften Engagement kam, arbeitete der englische Komiker Chris Lynam. Mit wild auftoupierten Haaren und in einen unförmigen Anzug gekleidet werden im ersten Programmteil drei „freiwillige Mitspieler“ höchst rigide auf die Bühne gezerrt. In einer äußerst rüde improvisierten Theaterszene – eine Mitspielerin wird wörtlich aufgefordert „Piss ihm (dem am Boden liegenden „untreuen Ehemann")  ins Gesicht“ und sie soll auch die entsprechende Haltung einnehmen - werden sie gnadenlos vorgeführt. Später zeigt Chris Lynam jene Szene, mit der er vor zwei Jahren in der RTL-Show „Supertalent“ auftrat. Er zieht sich splitternakt aus, entzündet einen in seinem Hinterteil steckenden Feuerwerkskörper und mit einem Kometenschweif aus dem Allerwertesten tänzelt er über die Bühne.

Tatjana Kastein präsentiert ihre Handstandkünste in einer wiederum völlig neuen Choreographie. Zur Musik aus „Schindlers Liste“ werden ihre kraftvollen, elegant ausgeführten Evolutionen von vier Männern eindrucksvoll umrahmt. Über deren Rücken laufend erreicht sie ihre Handstäbe und abschließend führt sie Handstände auf hochgereckten Händen der Partner aus.
Larissa Kasteins Poledance findet nun auf dem Dach der Fahrerkabine des Frontladers statt. Die erotisch-lasziv gestaltete Darbietung beinhaltet eine Reihe kräftezehrender Posen, die in eindrucksvoller Weise ausgeführt werden. Erstklassig in Szene gesetzt, zieht dieser Auftritt einen Jeden in seinen Bann und lässt die Anstrengungen beinahe vergessen.
Direkt im Anschluss zieht der Frontlader ein großes auf Rollbahnen laufendes Metallgestell, auf dem der Globe of Speed montiert ist, in seine Position auf der Bühne. Die gewaltige Motorradkugel von sechseinhalb Metern Durchmesser ist eine FlicFlac Eigenkonstruktion. Zu dritt, fünft und schließlich zu neunt rasen die Fahrer der kolumbianischen Truppe Pinillomotos auf kreuzenden Bahnen durch den Globe.

Während der Pause wird ein „exxtremes“ Requisit montiert – die fünfzehn Meter Hohe Rampe für Inlineskater und BMX-Radler. Sie ähnelt einer Skischanze, nur das der untere Teil in eine Halfpipe mündet. Zu Rammsteins „Spring“ stürzen sich die vier verwegenen „Exxtrem“-Sportler, je zwei Inliner und BMX-Fahrer, zu ihren riskanten Sprüngen in die Tiefe. Nach weitem Flug  inklusive Rückwärtssalto – BMX-Rad – bzw. Pirouette – Inliner - landen sie auf einer breiten und hohen Rampe und schlittern, speziell die Skater haben größere Probleme auf den Beinen zu bleiben, im Auslaufbereich des Zeltes in ein Luftkissen. Nachdem jeder der vier tollkühnen Artisten einen Sprung absolviert hat, schwebt Alexandra Sazonova am Ring durch den Raum. Sie bietet mit ihrer attraktiven, ruhig dargebotenen Kür in der Luft einen Gegenpol zu den Adrenalin geladenen, gefahrvollen Sprüngen. Inzwischen haben die vier Fahrer die Rampe wieder erklommen und bieten einen zweiten Durchgang. Während des Abbaus der Rampenkonstruktion, die zu größten Teilen zurück hoch in die Kuppel gezogen wird, präsentiert Alexandra den zweiten Teil ihrer Darbietung.
Nun wird ein zweistöckiges "Haus" auf der Kreuzung in Stellung gebracht, an dessen Seiten sich vier Trampoline auf die Straßenäste senken. Über den rot beleuchteten Fensteröffnungen ist in großen Buchstaben „Puff“ angeschrieben und leicht bekleidete Damen räkeln sich in den Fenster, während die Herren die Trampoline nutzen um die Wände zu erklimmen, mit Salti und anderen Sprüngen in den Fenstern und auf dem Dach zu landen.
Benzinfässer brennen und zwei Street-Gangs gehen, sich gegenseitig provozierend auf einander zu. Die beiden Anführer beginnen eine Auseinandersetzung – soweit der Einstieg in die Hand-auf-Hand Darbietung von Dima & Dima. Ihr Repertoire umfasst eine umfangreiche Auswahl gängiger und anspruchsvoller Tricks des Genres, die in einer ansprechenden Choreographie ausgeführt werden.
Mehmed Redzhebov und Iuliia Plenos begeistern mit einer trickstarken Darbietung an Strapatentüchern. Mit Kraft und Eleganz werden anspruchsvollen Haltetricks ausgeführt und dekorative Flugelemente zaubern bizarre Muster in die Luft.
Den ultimativen Kick der Show bieten die Freestyle Jumper von „Air-Force“. Mit ihren PS-starken 250ccm Motocross Maschinen fliegen sie hoch durch die Kuppel des Chapiteau. Lautstark bejubelt das Publikum die verschiedenen riskanten Flugfiguren. Die Fahrer stellen die Füsse auf dem Lenker ab, schweben über den Maschinen sich dabei nur noch mit einer Hand am Lenker oder Tank festhaltend, fliegen gar ganz die Maschine loslassend durch den Raum oder stellen die Motorräder in der Luft quer zur Flugrichtung. Mit einem Backflip, einem Rückwärtssalto mitsamt der Maschine, erreichen die tollkühnen Sprünge ihren Höhepunkt.
Zum anschließenden Finale marschieren die Artisten in einer ähnlich strengen Formation wie zu Beginn wieder auf die Bühne und nehmen in einer langen Zweierreihe den frenetischen Applaus entgegen, der sogleich in Standing Ovations mündet. Fröhlich und ausgelassen tanzt die große Schar nun auf der Bühne und mit einem der sehr sparsam eingesetzten Pyroeffekte endet das furiose Spektakel.
Mit dieser Show knüpft FlicFlac nahtlos an die großen Tournee-Programme der Vergangenheit an und speziell der zweite Teil wird dem Motto „exxtrem“ gerecht. Man darf auf die weitere Entwicklung der Show gespannt sein, soll doch nach Angaben des Circus in Kürze mit einer Darbietung am Todesrad ein weiteres spektakuläres Highlight integriert werden und die Entwicklung einer Kanonenschuss-Nummer wird weiterhin betrieben.
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