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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE FRANCO-BELGE
Visé, 26. September 2015


Unter dem Namen „Cirque Franco-Belge“ reist Simon Dubois mit seinem Circus in dieser Saison. Seit Jahren tourt man im französischsprachigen Teil, der Wallonie, unseres Nachbarlandes Belgien und bietet alljährlich wechselnde, unterhaltsame Programme.
In Visé, an der belgisch-niederländischen Grenze zwischen Lüttich und Maastricht gelegen, gastieren die Circusse direkt am Ufer der Maas auf einem Wiesengelände auf der Kaimauer, wo bereits 1970 der Cirque Bouglione ein Acht-Masten-Chapiteau errichtete.
Im milden Schein der strahlenden Herbstsonne leuchtet das Circusmaterial hell und frisch. Ein Vier-Masten-Chapiteau, rot mit gelben Applikationen, von etwa achtundzwanzig Metern Durchmesse dient in diesem Jahr als Spielstätte. Ein kombinierter Front- und Kassenwagen mit klappbaren Fassadenelemente, diese sind mit Bannern die Circusmotive zeigen beklebt, bildet die einladende Front. Die rot lackierten Transportfahrzeuge und gelben Zugmaschinen umringen die Zeltanlagen. Für Pferde, Kamele, Lamas, verschiedene Rinderrassen und Ziegen sind großzügige Koppeln auf dem langgestreckten Gelände aufgebaut. Die Hunde, Katzen, Wölfe und Papageien des Artisten Zoltan sind gleichfalls in geeigneten Behausungen untergebracht. Die entlang der Straße abgestellten Wohnwagen der Direktionsfamilie und der Mitarbeiter ergänzen das Arrangement.
Seit etwas mehr als einem Jahr besteht in Belgien ein Wildtierverbot im Circus und damit wurde der Circus der Familie Dubois seiner größten Attraktion, der vierköpfigen Löwengruppe, die Juniorchef Harry Dubois in einer harmonischen Dressurnummer vorführte, beraubt. Etliche potentielle Besucher erkundigen sich laut der Direktion nach den Raubtieren und sehen enttäuscht vom Circusbesuch ab, wenn ihnen den Sachverhalt dargelegt wird.
Im Chapiteau herrscht eine behagliche, gemütliche Atmosphäre. Drei gerade, fünfreihige Tribünen eines typischen französischen Holzbankgradins nehmen den größten Teil des Zeltes ein und dunkelrote Logen ergänzen das Sitzplatzangebot. Der große dunkelblaue Artisteneingang korrespondiert perfekt mit der blauen Zeltplane und ist mit silbernen Stoffbehängen dekoriert. Der Verkaufswagen der Circusrestauration hat seinen Platz gleichfalls im Zelt und steht den Besuchern auch während der Show zur Verfügung.

„Monsieur Loyal“ Marc Regnier übernimmt versiert die Begrüßung des Publikums und führt im weiteren Verlauf der Show als souveräner Sprechstallmeister in angenehmer Weise durchs Programm.
Clown „Ponssali“, alias Zoltan, erobert gleich darauf die Manege und vier muntere Terrier begleiten ihn. In flottem Ablauf bieten die kleinen Hunde ihr umfangreiches Repertoire. U. a. springen sie über Hürden und durch Reifen, die zum Teil von Kindern aus dem Publikum gehalten werden, und nutzen eine Rutsche. Als Da Capo zieht der Clown nach heftigem ringen an einem dicken Strick eine „wilde Bestie“ hinter der Gardine hervor.
Kurz darauf sehen wir ihn im Zusammenspiel mit Juniorchef Harry Dubois, Clown „Mariachi“, im großen Entree wieder. Die beiden Spaßmacher bringen eine umfangreiche Variante von „musizieren verboten“ und die Kinder auf den Rängen gehen begeistert mit.
Miss Bettina, Ehefrau von Harry Dubois, arbeitet hoch in der Kuppel am Ringtrapez. Ohne Sicherung präsentiert die vielseitige Artistin eine umfangreiche Trickfolge. Kraftvoll und elegant erfolgen die Abläufe und ein gekonnter Zehenhang beschließt den Auftritt.

Mademoiselle Joel ist nun mit zwei Darbietungen im Programm vertreten. Zunächst zeigt sie ihre Antipodenspiele. Geschickt werden verschiedene Rollen, Stangen und Walze auf den Füßen manipuliert. Effektvoll endet der Auftritt mit der Jonglage eines mit Fackeln bestückten Requisits. Im zweiten Programmteil überzeugt die junge Artistin mit einer rasanten Hula Hoop Darbietung. Temperamentvoll und gekonnt wird das Können präsentiert.
Die „Magic Girls“ präsentieren ihre verschiedenen Großillusionen zu Beginn des zweiten Programmteils. Routiniert werden die gängigen Tricks ausgeführt.
Jongleur Anthony bestreitet seine Routinen mit einer Reihe unterschiedlicher Requisiten. Sehr sicher und ansprechend arbeitet der junge Mann mit Tennisbällen, Ringen, Keulen und großen weißen Bällen. Eine effektvolle Fackeljonglage bildet den Höhepunkt des Auftritts.

Direktor Simon Dubois leitet die Cavallerie des Hauses, zwei irische Tinker, zu ihren Figuren an. Unter seiner souveränen Peitschenführung erfolgen die verschiedenen Figuren und mit einem Kompliment auf einem Tonneau findet die Dressur ihren gelungenen Abschluss.
„Mademoiselle Brigitte“, eine hübsche hellbraune Ziege, beweist Balancegefühl und Klettervermögen, wenn sie auf immer kleiner werden Plattformen in die Höhe steigt.
Den Reigen der hauseigenen Dressuren komplettiert Harry Dubois mit den Exoten. Zunächst absolviert ein Kamel seine Runden. Ihm folgen ein Lama und ein Yak, die neugierig die Logenbesucher beäugen.

Als vielseitig und versiert zeigt der belgische Artist Zoltan mit seinen verschiedenen Nummern. Nachdem wir ihn zu Programmbeginn mit seinen Hunden und als Clown sahen, präsentiert er zum Ende des ersten Teils der Show seinen Fakir-Auftritt. Hohe Feuersäulen stösst er zu Beginn der Nummer mit dem Mund in Richtung Zeltkuppel. Anschließend bearbeitet er, auf jede Art von Schutz verzichtend, mit einem Winkelschleifer eine Metallplatte vor seiner Brust und lässt einen kometenhaften Funkenregen aufstieben.
Mit dem bloßen Rücken in einem Scherbenhaufen liegend fordert Zoltan einen Zuschauer dazu auf, auf seine Brust zu steigen. Freihändig, nur mit der Stirn liegt der Artist in den Scherben während eine Besucherin auf seinem Nacken steht. In ähnlicher Weise werden die Tricks auf einem Nagelbett ausgeführt. Nun scharfe Äxte sind mit den Schneiden nach oben auf einem Brett befestigt und Zoltan legt sich mit der blanken Brust darauf. Zum Höhepunkt der Vorführungen liegt er auf einem Nagelbett, derweil auf einem zweiten auf seiner Brust ein großer Ziegelstein mit einem Vorschlaghammer zerschlagen wird.
In einer abwechslungsreichen Dressurnummer bringt Zoltan zwei Katzen und eine weiße Ratte zu Gesicht. Zahlreiche Tricks werden von den beiden Stubentigern souverän ausgeführt und das Zusammenspiel mit der Ratte verleiht dem Auftritt einen zusätzlichen Reiz. Abschließend zeigt sich ein Frettchen als geschickter Springer, in dem es über mehrere Hockern hinweg setzt und hernach über eine Stange balancierend mehrere enge Röhren durchquert.

Die Finalnummer des abwechslungsreichen Programms ist Zoltan und seinen Wölfen vorbehalten. Die beiden großen, lebhaften Raubtiere werden an der Longe vorgeführt. Sie zeigen sich sprunggewaltig, balancieren über einen Balken und präsentieren sich immer wieder in voller Pracht auf der Piste in größtmöglicher Nähe den Logenbesuchern.
Das stimmig arrangierte Finale vereint alle Mitwirkenden in der Piste und Sprechstallmeister Marc Regnier verspricht ein Wiedersehen im nächsten Jahr und wie stets wird der Circus dann ein komplett neues Programm für sein zufriedenes Stammpublikum bieten. Die gut zweistündige, unterhaltsame und abwechslungsreiche Vorstellung klingt allmählich aus und viele Besucher nehmen gerne die Gelegenheit wahr, sich zusammen mit einem halbwüchsigen Wolf fotografieren zu lassen.