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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE FRANCO-CANADIEN  
Marche en Famenne, 16. Mai 2009
Des öfteren sind französische Mittel- und Kleincircusse in der Wallonie, dem französischsprachigen Teil Belgiens, zu finden. Die Kleinstadt Marche en Famenne liegt in den Ardennen zwischen Lüttich und Bastogne, hier gastierte der Circus Franco-Canadian von Simon Dubois. Auf einem Brachland in einem neuen Gewerbegebiet am Stadtrand, direkt an einer Ausfallstraße war der Circus zu finden. Das Gelände ist schwierig und nur schlecht nutzbar. Grober Schotter, tiefe Löcher, Bauschutt und schlammiger Boden nach dem heftigen Regen der letzten Tage machten den Aufbau gewiss nicht einfacher. Ein größerer moderner Zweimaster mit einer interessanten auffälligen Silhouette ist das Zentrum des Circus. Sechs Quaderpools formen das hohe weiträumige Chapiteau und die Kuppel trägt eine hochgezogene Spitze, die der Konstruktion den besonderen Anblick verleiht. Die roten Lkw' s, Sattelzüge und Anhänger sind rings ums Zelt verteilt. Ein kombinierter Fassaden- Durchgangs- Kassenwagen ist an einer Seitenstraße platziert.

Direkt an der Bundesstraße sind die Tiertransporter mit ihren Freigehegen gut sichtbar aufgefahren. Kamel, Lamas und Ponys, auch die Löwen in ihrem Wagen sind für die Besucher der umliegenden Einkaufsparadiese präsent. Eintritt für die Tierschau wird keiner erhoben, an einem der Zäune hängt ein 'Opferstock' mit 'Spendenaufruf'. Während des ganzen Tages wird der Circusplatz mit der Musik einer 'Krone-CD' beschallt und ein Werbefahrzeug mit Musik und Rekommandeur kreist durch die Stadt.

Das Chapiteauinnere zeigt sich recht schmucklos. Piste und die schlichten Logen sind in rot gehalten. Das sechsreihige Gradin weist keine Rückenbretter auf und eine einfache Kunststoffplane mit schlichtem roten Stoffvorhang bildet den Artisteneingang.
Die 'Lichtanlage' scheint aus einer längst vergangenen Epoche zu stammen. Fünf große Baustrahler an beiden Masten lassen nur sehr begrenzte Effekte, es gibt keinerlei farbiges Licht, zu -  sorgen allerdings für eine helle Ausleuchtung der Szene. Ein starker Verfolger komplettiert das Arrangement.
Die Nachmittagsvorstellung findet regen Zuspruch und pünktlich um fünfzehn Uhr erklärt der Direktor, er agiert während der ganzen Veranstaltung als versierter und angenehmer Manegensprecher, das Spektakel für eröffnet und deshalb müssten nun alle Kinder Leuchtstäbe erwerben. Dieser charmant vorgebrachten Werbung kommen die Eltern so intensiv nach, dass zweimal Nachschub der Leuchtartikel geholt werden muss. Dann öffnen drei Mädchen die Restauration - sie wurde von Monelly übernommen und steht mit im Zelt - und mit gut zehnminütiger Verzögerung beginnt die Vorstellung.
Während des Einlasses wurde der Raubtierwagen hinters Zelt gefahren, an den Tunnel angeschlossen und Juniorchef Harry Dubois führt die vier Löwinnen vor. Pyramide, Sprünge in großer Zahl, Balkenlauf und gemeinsames abliegen sind die Eckpfeiler dieser Dressur. Der Käfigabbau geht äußerst flott vonstatten und Miss Bettina, die Frau des Juniors arbeitet kräftig mit. Direkt im Anschluss präsentiert sie ihre Evolutionen am Vertikalseil. Kraftvoll und elegant agiert die junge Frau, lange hält sie die vielfältigen Posen, die sie an ihrem Requisit einnimmt. Ihr Auftritt wird, so wie die meisten des Programms, mit einer kleinen Inszenierung eingeleitet. In diesem Fall ist Musik, Mönchskutte und Fackel eine dezente Anleihe an frühere Flicflac-Komponenten.

Engagiert wurde die Familie William Ambros aus Frankreich. Tochter Camilla präsentiert die Cavalerie. Sie leitet die Vorführungen von zwei Einzelponys mit Tanz zu Flamencoklängen und in entsprechendem Kostüm ein. Es folgt ein longengängiger Andalusier. Abschließend reitet die junge Frau auf einem Friesen eine 'Hohe Schule' im spanischen Stil. Ihre Eltern bringen eine kombinierte Hunde- und Katzenrevue zu Gesicht. Vielfältige Tricks werden flott und routiniert gezeigt. Darunter auch kostümierte Hündchen, die auf den Hinterbeinen 'tanzen'.
Weiter geht es im Programm mit Antipodenspielen des Trio Vauban. Die jungen Frauen aus der Familie Dubois haben ihren Auftritt sehr modern gestylt. Zwei von ihnen agieren ausschließlich als Figurantinnen und sorgen mit viel Tanz für die notwendige Stimmung.
Eine weitere artistische Darbietung entbietet das Duo Romanes mit den Hula Hoops. Die beiden etwa neun und zwölfjährigen Mädchen präsentieren eine ihrem Alter entsprechende Choreographie.
Eine erste Reprise spielt der etwa fünfjährige Clown 'Cappuccino' mit seinem Großvater(?) Simon Dubois. Mit unübersehbaren Längen wird eine eigenwillige Variante vom verbotenen musizieren produziert.
Martine und Camilla, die beiden Damen Ambros, erweisen sich als versierte Jongleusen. Keulen, Ringe, kleine Bälle und abschließend Fackeln werden sicher in Partner- und Einzelaktionen jongliert. Auch dieser Auftritt wird in ansprechender Verpackung und zu Tangoklängen verkauft.
Ein größerer Tisch mit allerlei Spielzeug und Plüschtieren wird in die Manege gebracht und so wird die wortreich annoncierte 'große Tombola, bei der jedes Los gewinnt' eingeleitet. Diese Form von zusätzlicher Einnahme war vor Jahren in französischen Circussen weitverbreitet. Die Lose, eines kostet € 6,- zwei sind für € 10,- zu erwerben, finden reißenden Absatz. Natürlich gibt es außer den 'Euro-Disney-Punching-Luftballons' Trostpreisen nur kleine Gewinne, die verteilt werden. Im Anschluss an diese turbulenten Minuten werden allen Anwesenden zwanzig Minuten Pause gegönnt.
An Mademoiselle Cecilia ist es die Spielfolge des zweiten Teils zu starten. Ihre Kür am Ringtrapez wird wirkungsvoll präsentiert und enthält die meisten der genreüblichen Tricks.
Auch die folgende Reprise weist enorme Längen auf und outet die Clownerie dieses Circus als sehr verbesserungswürdig. Dieses Mal ist neben dem Direktor José Rodogell als August in Aktion. Zudem wirkt er, er war in den letzten Jahren der Vorführer der Pferde bei Monelly, als Requisiteur in der Vorstellung mit.
Weitere engagierte Artisten sind Anthony Dickson und Partnerin. Der junge Mann präsentiert charmant eine Zaubershow im Stil und den Tricks, inklusive der seinerzeit obligatorischen Tauben, der sechziger Jahre.
Den Höhepunkt der Vorstellung stellt die Reptil- und Exotik-Show der Familie Ambros dar. Tochter Camilla leitet die Darbietung mit gekonntem Bauchtanz ein. Gemeinsam mit ihrem Vater präsentiert sie mehrere Würgeschlangen unterschiedlichster Größe. Wahre Begeisterung und lebhaftes Gedränge entsteht, als zwei Schlangen vom Publikum angefasst werden dürfen. Im Folgenden lässt Martine Ambros einen schwarzen Panther an der Longe sein Können zeigen. Nun bringen Vater und Tochter einige Alligatoren in die Manege. Die Vorführung folgt den üblichen Abläufen. Auch jetzt haben die Besucher die Gelegenheit eines der kleineren Tiere an zufassen und wieder schlagen die Wellen der Begeisterung hoch.
Dann bittet Direktor Dubois zum kurzen Finale bei dem nur der kleine Cappuccino, er schläft bereits wie mitgeteilt wird, fehlt. Nach knapp drei Stunden entlässt ein sympathisches Circusprogramm eines großen Familiencircus, in dem wesentlich mehr geboten wurde als im Vorfeld erwartet werden konnte, sein begeistertes Publikum in den Alltag.