Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE FRANCO-CANADIEN
Beaufay, 29. Mai 2010

Am Rande der Ardennen, wenige Kilometer vor den Toren Lüttichs haben wir den französischen Familiencircus von Simon Dubois besucht, der in der dritten Saison  in Belgien reist. Ein kleiner Parkplatz im Mittelpunkt des Ortes dient als Festplatz. Ein Durchgangswagen mit bunt bemalter aufklappbarer Fassade nimmt den größten Teil der Platzvorderseite ein. Einige Oldtimer-Werbeautos, an denen gewerkelt wird, sind davor platziert. Direkt neben der Fassade ist der Sattelzug mit den Raubtieren zu sehen.
Passiert man den Durchgangswagen – steht man direkt vor und unter dem Wasserturm, der die Versorgung des Ortes sicherstellt. Direkt dahinter ist der moderne Zweimaster mit der auffälligen Silhouette platziert. Sechs hohe Quaderpools geben der weiß-roten Plane Kontur und werden von einer hochgezogenen spitzen Kuppel gekrönt. Sehr eng geht es zu auf dem Platz. Ein paar Wagen sind dicht am  Zelt aufgestellt und die Wohnwagen füllen den restlichen Raum. Die restlichen Lkw und Materialwagen stehen auf der Straße. Eine etwas tiefer gelegene Wiese direkt neben dem Platz nimmt die Ponys, Kamele und Lamas mit ihrem Stall auf.
Es gibt keinen Zaun ums Gelände, alles ist den ganzen Tag frei zugänglich. Viele Anwohner nutzen an diesem Vormittag die Gelegenheit mit ihrem Nachwuchs die Tiere aus allernächster Nähe zu erleben. Besonders der Raubtierwagen zieht die Besucher an. Der Platz wird unterdessen mit Circusmusik beschallt und so stellt sich Circusatmosphäre ein, die die Neugier und Erwartung an den Nachmittag mit der Vorstellung anheizt.


Das Chapiteau wurde mit dem Artisteneingang in Richtung der Fassade errichtet, bedingt durch die Platzverhältnisse und den gegebenen Standort des Raubtierwagens. Der Einlass erfolgt unmittelbar neben der Gardine und es eröffnet sich eine ungewohnte Perspektive beim betreten des Zeltes. Der Einlass ist erst wenig Minuten zu Gange, als bereits mit zusätzlichen Stühlen die dritte und auch vierte Reihe an Logenplätzen geschaffen wird. Die intensive auffällige Plakatierung und der Einsatz der Werbewagen mit Musikbeschallung und Rekommandeur haben offensichtlich ihren Zweck erfüllt.
Das Chapiteauinnere zeigt sich recht schmucklos. Piste und die Logen sind in rot gehalten. Das sechsreihige Gradin weist keine Rückenbretter auf und eine einfache weiße Kunststoffplane mit schlichtem roten Stoffvorhang bildet den Artisteneingang. Authentisch und ursprünglich kommt dieser Circus daher, zeigt in manchem noch den Charme einer vergangenen Epoche. Auch die Lichtanlage kommt noch aus dieser Zeit. Je fünf schlichte große Strahler an den Masten lassen zwar keine Effekte zu, farbiges Licht ist keines vorhanden, sorgen andererseits für eine helle Beleuchtung der Szene.

'Monsieur Loyal'  Marc Regnier, der belgische Circusenthusiast und Begründer des Festivals von Gembloux war in der Vergangenheit bei Monelly zu erleben, begrüsst das zahlreiche Publikum und kündigt die Raubtierdressur von Juniorchef Harry Dubois an.
Ein Löwe und drei Löwinnen zeigen ihr Repertoire unter Anleitung des versierten Dompteurs. Pyramide, zahlreiche verschiedene Sprünge, Balkenlauf mit abliegen von allen Tieren, Bar, Teppich und Hochsitzer am Platz werden routiniert ausgeführt.
Im Stil von Flicflac ist der Beginn der Verikalseilnummer von Miss Bettina, sie ist Harry Dubois Frau, inszeniert. In Mönchskutte mit umherwirbelnden Fackeln in den Händen zu entsprechender Musik betritt sie die Manege um alsdann ihre klassisch angelegte Darbietung zu arbeiten, die die wesentlichen Elemente des Genres zeitigt.
Clown 'Cappuccino', der siebenjährige Enkel des Direktors, hat seinen großen Auftritt. Im Zusammenspiel mit dem Großvater der, rhetorisch sehr versiert, die Nummer des 'verbotenen musizierens' erstklassig verkauft.

Aus Ungarn kommt Roland William. Der sehr junge Artist ist mit zwei Nummern im Programm vertreten. Sein Können, er wird als „traditioneller klassischer Jongleur“ angekündigt, beweist er mit kleinen Bällen, Keulen und Ringen zu hart hämmernden Technobeats. Es sind die gängigen Routinen, die er durchaus sicher beherrscht. Dennoch wirkt der junge Mann ein wenig hektisch, kann Nervosität und noch fehlende Routine nicht restlos überspielen. Später sehen wir ihn auf der Rola-Rola. Auch in diesem Genre werden die üblichen Tricks geboten. Witzig die Idee, beim stapeln eines Turmes auf der Rola Skateboards an Stelle der zumeist verwendeten Bänckchen zu verwenden.
In der Vergangenheit führte José Rodogell bei Monelly Ziegen und in Vertretung des Chefs die Pferde vor. Nun hat er sich als Clown Peppino eine nette Darbietung mit einem quirligen Pudel aufgebaut.
Eine weitere Luftnummer präsentiert Miss Sandra am Trapez. Diverse Posen werden zunächst am ruhenden und anschließend am schwingenden Requisit geboten.

Nun hat Monsieur Dubois seinen großen Auftritt. Redegewand und wortgewaltig legt er dar, dass seine Tiere jeden Tag ca. 600 KG Futter benötigen und alleine dafür große Summen aufzuwenden seien. Damit nun alle Tierfreunde Gutes tun könnten, veranstaltet der Circus eine Tombola, deren Erlös ausschließlich den Tieren zu Gute kommt. Zudem wird versichert, dass jedes Los gewinne und als Hauptgewinne werden große Plüschtiere ausgelobt. Die Lose werden den Verkäuferinnen förmlich aus den Händen gerissen, „gewonnen“ werden allerdings ausschließlich große „Punching-Luftballons“, Fähnchen und andere Trostpreise. Nachdem der Tombola-Trubel sich wieder ein wenig gelegt hat, kündigt der Direktor die Pause an. In dieser besteht Gelegenheit zum Ritt auf einem Kamel und zum Besuch der die im Chapiteau platzierten Restauration und auch diese Angebote werden lebhaft genutzt.

Mit zwei Dressurnummer wurde Roberto Berousek verpflichtet. Im ersten Teil präsentiert er einen Viererzug Kamele, die die gängigen Laufmuster beherrschen. Es folgen vier Tigerscheck-Ponys in dekorativer Aufmachung mit roten Geschirren. Auch diese Dressurfolge läuft in gewohnten Bahnen, allerdings beweisen die Pferdchen in der besuchten Vorstellung ihren eigenen Kopf. Standhaft weigern sie sich dem Kommando „Pirouette“ nach zu kommen.
Die dritte Darbietung in der Kuppel sieht Miss Alisson am Ring. Elegant und kraftvoll absolviert sie ihre Kür. Das folgende große Entree sieht Clown Poncally im Dialog mit dem Direktor. Der Beifall zu seinem Erscheinen genügt ihm nicht und so sind drei Anläufe nötig. Dann gestaltet er mit Hilfe zweier Jungen aus dem Publikum und einem entsprechendem Kostüm einen Elefantenauftritt.
Eine Repitilienshow bietet Miss Bettina. In einem orientalischen Phantasiekostüm tanzt sie mit zwei Würgeschlangen. Dann bekommt ein jeder der möchte die Gelegenheit eine Schlange anzufassen. Eine kleine Völkerwanderung vom Gradin zur Piste und zurück ist die Folge. Nun kommt Roberto Berousek dazu und trägt einen sechs Monate alten Leoparden auf dem Arm entlang der Piste und auch dieses Tier darf von den Interessierten berührt werden.

Ein kleines Finale vereint alle Mitwirkenden in der Manege. Marc Regnier stellt die Artisten noch einmal vor und Direktor Simon Dubois verabschiedet sein Publikum und bewirbt die Gelegenheit zu einem Foto mit dem jungen Leoparden. Nach gut zweieinhalb Stunden klingt dieses unterhaltsame Spektakel eines traditionellen Familiencircus aus und entlässt zufriedene erwachsene Besucher und begeisterte, teils auch vom gebotenen überwältigte Kinder in den frühen Abend.
optimiert