optimiert



Text: Friedrich Klawiter, Fotos: 2 GL, 10  Friedrich Klawiter
CIRQUE Lucas FRATELLINI
St. Avold, 18. Februar 2011


In der verschlafen wirkenden ostfranzösischen Kleinstadt St. Avold, ca. fünfundzwanzig Kilometer von Saarbrücken entfernt, gastierte der Cirque Lucas Fratellini der Familie Mordon Gougeon die seit diesem Jahr in Kompanie mit dem Cirque Frandjis Hart reist, gut sichtbar an einer Einfallstraße auf dem Parkplatz eines Möbelmarktes.
Im Erscheinungsbild zeigt sich ganz klar, dass hier kürzlich eine Fusion stattfand. Ein rechteckiger gelber Zweimaster mit roten Applikationen dient als Spielzelt. Der kombinierte Kassen- und Durchgangswagen des Cirque Frandjis Hart bildet die Front. Wenige Meter dahinter, gleichfalls zum Zaun hin ausgerichtet, sind der Raubtierwagen, er wird von einem Löwen und fünf Löwinnen bewohnt, und ein Anhänger mit zwei Rhesusaffen aufgestellt. Ein weiterer Materialwagen sowie ein Tiertransporter mit eingebauten Boxen, ein Stall wurde nicht aufgebaut, tragen die gelb-rote Lackierung sowie den Namenszug des Cirque Hart. Die übrigen Transporte sind in blau-weiß, versehen mit den Logos des Cirque Lucas Fratellini, gehalten. Ein paar Ponys, ein Lama und ein Esel sind auf dem schmalen Wiesenstreifen zwischen Platz und Straße angepflockt. In den Boxen des Wagens sind ein Friese, ein Dromedar, ein Rind und ein Ziegenbock untergebracht.
Die Menagerie ist den ganzen Tag frei zugänglich und viele Kunden der umliegenden Einkaufsparadiese machen mit ihren Kindern Gebrauch von diesem Angebot.

Die Plakatierung ist umfangreich und nicht zu übersehen, zudem kreisen vier Fahrzeuge, die mit lauter Musik und entsprechenden Durchsagen vom Circusgastspiel künden, durch die Straßen der Stadt.

Das im Innern komplett blaue Chapiteau zeigt sich gut gefüllt. Vier fünfreihige gerade Tribünen bilden das Gradin. Logenbestuhlung findet sich nur im vorderen und hinteren Bereich der Manege. An den Seiten reicht der Platz schlichtweg nicht aus – dort lässt die kleine Manege mit ihrer Riffelblechpiste nur einen Gang vor dem Gradin zu. Hinter den vorderen Logen finden sich zwei Reihen Holzklappstühle zu ebener Erde wieder.  Eine schlichte rote Plane dient als Artisteneingang. Der Restaurationscamping findet seinen Platz zwischen den Gradintribünen und steht auch während der Vorstellung zur Verfügung. Neben Getränken, Hot-Dogs und Popkorn gehören auch Crepes zum Angebot.

'Vive la Piste' ist die wohl meist gespielte Melodie in französischen Circussen und auch hier wird das Programm mit dem Lied eröffnet. Monsieur Loyal Mordon Gougeon begrüßt die Anwesenden. In seiner ruhigen angenehmen Art erweist er sich im weiteren Verlauf der Show als versierter Sprecher.
Als erste Darbietung präsentiert Frandjis Hart seine Raubtierdressur. Fünf Löwinnen bevölkern den relativ kleinen Käfig. Aufbau und Ablauf der Nummer sind sehr professionell und können in jeder Manege überzeugen. Pyramide, diverse Sprünge, Balkenlauf, Löwenbar mit überspringen, Rollover und Teppich gehören zum Repertoire, dass flott und mit manch provoziertem Fauchen und Prankenschlag präsentiert wird. Als besonderer Effekt verlässt die letzte Löwin den Käfig zwischen den Beinen des Vorführers hindurchlaufend.
Nachdem der Zentralfäfig entfernt ist, präsentiert Miss Shereguene ihre Kür an roten Strapatentüchern. Im farblich abgestimmten Kostüm werden die üblichen Posen gezeigt. In einem zweiten Auftritt arbeitet die junge Frau eine ähnlich aufgebaute Nummer am Ringtrapez.
Das Jongleur-Duo Stephanie und Gregory, sie ist die Schwester von Frandjis Hart und er der Sohn von Mordon Gougeon, beherrscht seine Requisiten sicher. Zunächst arbeiten sie mit Ringen. Gregory beherrscht in seinem Solopart bis zu fünf Stück. Es folgen Routinen mit Keulen, von den bei den Passings bis zu sechs jongliert werden. Gregory bietet einige Tricks mit einem von Devilsticks getriebenen Tennisrack, bevor die Nummer mit der effektvollen Jonglage von hell lodernden Fackel abgeschlossen wird.
Clown Chico, der etwa zwölfjährige Enkel des Manegensprechers, bietet im ersten Teil eine langatmige Reprise um ein Picknick im Zusammenspiel mit seinem Opa. Später folgt die wohl unvermeidliche Szene mit Popcorn. Im zweiten Teil ergänzt Gregory Gougeon das Clowns-Trio. Das 'verbotene musizieren' wird als Entree in aller Ausführlichkeit gespielt und wieder einmal dröhnt die Musik aus der Mülltonne mit dem zerstörten Kassettenrecorder darin, wenn der richtige Mitspieler den Deckel anhebt.
Vor der Pause präsentiert Frandjis Hart die Cavalerie des Hauses. Ein einzelner Friese dreht seine Runden in der kleinen Manege, einige Figuren laufend. Ein Pony darf ein paar Mal unter dem ruhig stehenden Großpferd hindurch laufen, bevor ein weiteres Pony als Da Capo in die Manege kommt.

Mit der Magic-Show der „les Sephora' s“ startet der zweite Teil. Madame Stephanie Hart präsentiert zusammen mit ihren Töchtern zwei gängige Kistentricks. Leider findet dieser Auftritt, wie auch die Clownerie im beinahe vollkommen unbeleuchteten, ein einziger gelber Scheinwerfer brennt in der Kuppel, Chapiteau statt. Die jugendliche Noriana Hart beherrscht das Spiel mit den Hula Hoop Reifen.
Den Schlusspunkt in diesem Programm setzt Frandjis Hart mit einem bunt gemischten Tiertableau. Zunächst dreht ein Friese zusammen mit einem Dromedar seine Runden. Sie beziehen Position auf flachen Podesten, derweil ein Ziegenbock über die Piste läuft. Dann läuft ein Pony achten um die beiden großen Kollegen.
Das kurze Finale vereint die Mitwirkenden in der Manege und alle werden vom Sprecher noch einmal kurz vorgestellt. Nach rund eindreiviertel Stunden Programmdauer bedanken sich Direktoren für den Besuch und entlassen das Publikum in den frühen Abend.