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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE DE LA GÉNÉROSITÉ
Dünkirchen, 04. November 2017

Die Veranstaltungsreihe „Cirque de la Générosité“ einer Reihe von nordfranzösischen Kommunen bietet deren Bürgern den Service das Kulturgut Circus, das in Frankreich einen anderen Stellenwert als hierzulande genießt, zu einem wirklich für Jedermann erschwinglichen Preis zu besuchen. Die Durchführung der Veranstaltungen liegt in den bewährten Händen der Agentur „Imperial Show“.
In der Hafenstadt Dünkirchen gastierte diese traditionelle Circus-Show nun zum vierten Mal. Auf dem Parkplatz eines großen innerstädtischen Unterhaltungszentrums, direkt am Jachthafen wurden an drei Tagen elf Vorstellungen gegeben, die von weit mehr als zwanzigtausend Menschen besucht wurden.
Das mächtige blaue Chapiteau mit weißen Absetzungen und hoher spitzer Rundkuppel, auf den Masten wehen die Flaggen der Stadt Dünkirchen, wurde mit einem großen zweimastigen Vorzelt passender Farbgebung kombiniert. Zwei Tunnel verbinden die Zelte miteinander. In einem vor den Zelten platzierten Container ist die dicht umlagerte Circuskasse untergebracht. Die Materialtransporter stehen in dicht um die Zelte aufgefahren und auf der Hafenmole haben die Wohnwagen und Tierstallungen ihren Platz.
Im Vorzelt nimmt der lange Verkaufstresen der Circusrestauration eine Zeltseite ein und rote Teppiche weisen den Weg ins Spielzelt.
Ein fünfzehnreihiges Schalensitzgradin und zwei Stuhlreihen in den Logen stehen bereit, die Zuschauermassen auf zu nehmen.
Der hohe Artisteneingang aus blauem Samt wird mit Hilfe moderner Beleuchtungselemente raffiniert in Szene gesetzt. Auf seiner Empore hat das ausgezeichnet aufspielende Orchester, vom schwedischen Circus Brazil Jack, seinen Platz. Exzellente musikalische Begleitung und ein ebensolches exquisites Lichtdesign schaffen ein hervorragendes Ambiente im bestens besetzten weiten Rund.

Mit der traditionellen Flaggenparade aller mitwirkenden Artisten nimmt die Show ihren Beginn und der „Monsieur Loyal“ der Show, Fabrice Fraisse gibt nach der Begrüßung des Publikums die Manege frei.
Mit der Hochseil Darbietung der Truppe Robles startet die Show spektakulär. Viele hochkarätige Tricks reihen sich aneinander und mit südamerikanischem Temperament werden sie ausgeführt. Sprung über einen und zwei auf dem Seil sitzende Partner, Zwei-Mann-Hoch auf dem Seil mit Scheinsturz beim Absprung, Dreier-Pyramide auf zwei Fahrräder und vieles mehr erfolgt in erstklassiger Ausführung. Nur auf die Sieben-Pyramide müssen wir an diesem Abend verzichten, da es hierbei in der Nachmittags-Vorstellung einen Unfall mit Verletzung einer Artistin gegeben hatte.
Die Familie Wolf präsentiert zu viert eine tempogeladene Gruppenjonglage. Im Schwarzlicht werden die ersten Routinen mit leuchtend gelben Scheiben ausgeführt. Dann folgen variantenreiche Muster mit silbernen Keulen.
Amedeo Folco jr. präsentiert, da die Elefanten in Dünkirchen auf Grund von Differenzen mit der Stadtverwaltung nicht arbeiten konnten, nur eine Kombination von zwei Dromedare und zwei braunen Araberhengsten. Souverän werden variantenreichen Abläufe ausgeführt.

Die Rivelinos Clowns bringen mit viel Musik und noch mehr Klamauk das Publikum zum lachen. In ihrem Entrée steht eine Boxschule im Mittelpunkt des Geschehens und mit lautem Geschrei tun die kleinen Besucher ihre Begeisterung kund, während die beiden Auguste gegen die Tücken eines Punchingballs ankämpfen.
Beim Quick Change des Duo Dolce Vita treten die Kleiderwechsel der Partnerin in der Wahrnehmung hinter die tänzerisch-schauspielerischen Sequenzen des männlichen Parts zurück.
Die Papageien-Darbietung von Cussadie Fochesato wird vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Ein Ara überbringt einer Logenbesucherin eine Rose, ein Kakadu fliegt durch drei Ringe, die von auf der Piste stehenden Kindern empor gehalten werden. Anschließend landen kleine, leuchtend gelbe Sittiche auf Händen und Köpfen der Kinder. Abschließend ziehen sechs Aras ihre Kreise über den Köpfen der Besucher und entlocken vielen mit ihren Flugkünsten erstaunte Ausrufe.

Hervorragende Handstandequilibristik präsentiert André Stykan. In exzellenter Ausführung wird eine Vielzahl unterschiedlicher Figuren dargeboten. Mit fließenden Übergängen wechselt der jugendlich wirkende Artist die Positionen ohne dabei mit den Füßen den Boden zu berühren. Sprünge im Einarmer über eine Reihe Handstäbe hinweg werden genauso souverän gearbeitet, wie ein Klötzchensturz auf der Spitze eines mehrere Meter hoch ausgefahrenen Gestells.
Zu Beginn des zweiten Teils arbeitet das Trio Simet seine außergewöhnliche Darbietung am Semaphor. Bei dem Requisit handelt es sich um ein großes tropfenförmiges Rad, dass exzentrisch auf einer Achse sitzt und am schlanken Ende ein Gegengewicht hat. Dieses Rad führt per Elektroantrieb eine dreiviertel Umdrehung aus, so dass die Artisten in mehr oder minder großer Höhe Tricks arbeiten, die ähnlich denen auf dem Hochseil sind.
Die Darbietung ist im Weltraum-Look gestaltet, wird mit blauem sphärischen Licht ausgeleuchtet und mit ihren Bewegungsabläufen deuten die Akteure Schwerelosigkeit an. Die außergewöhnliche und trickstarke Darbietung wird vom Publikum begeistert aufgenommen und ist 2018 im Festival von Monte Carlo zu erleben.
Antoine & Val präsentieren ihrem Publikum Mentalmagie. Für die Magierin gilt es Spielkarten, Namen von Besuchern und von ihnen emporgehaltene Gegenstände zu erraten während ihr Partner aus dem Publikum heraus die entsprechenden Fragen an sie richtet. Auch ohne die Sprache zu verstehen ist erkennbar, dass die beiden ihren Auftritt sehr „herunterreißen“ - die schnell herunter geleierten Fragen „wie aus der Pistole geschossen“ beantwortet werden.

Elisa entsteigt einer großen Reisetasche, in der sie „zusammengefaltet“ in die Manege getragen wurde und arbeitet auf einem Bistortisch eine veritable Klischnigg-Darbietung. Zum Höhepunkt des Auftritts zwängt sich die Artistin in einen recht kleinen Plexiglaskubus.
Das „Globe Extreme Team“ ist mit bis zu drei Fahrern in der Motorradkugel unterwegs. In mehreren Fahrten werden die gängigen Abfolgen unterschiedlicher Formationen souverän gezeigt.
Anschließend bieten zwei weitere Fahrer halsbrecherische Sprünge auf ihren Maschinen über den Globe. Vom Vorzelt aus jagen sie mit wild aufheulenden Motoren durch einen Tunnel und von einer steilen Rampe zwischen den Gradinblöcken starten die Flüge bis hoch in die Kuppel, um auf einer weiteren Rampe an der Gardine wieder zu landen. In fünf Durchgängen zeigen die beiden tollkühnen Stuntmen viele Tricks – lassen die Maschine im freien Flug los, stellen sie quer zur Flugrichtung und führen gar einen Salto mitsamt Motorrad aus.
Zum kurzen Finale stellen sich die Mitwirkenden um den Globe auf. Nach einem nicht enden wollenden Schlussapplaus mit minutenlangen Standing Ovations leert sich die Manege.