Text und Fotos Friedrich Klawiter |
Martin Hansons Wintercircus Heerlen, 13. Januar 2008 |
Die neunundzwanzigste Tournee führte Martin Hanson’s Wintercircus wieder durch 31 niederländische Städte, die fast immer als Eintagesgastspiele mit zwei Vorstellungen im jeweiligen Theater oder Stadthalle durchgeführt werden. Auf dem ansprechend gestalteten weitläufigen Theatervorplatz von Heerlen künden bereits von weitem die Campings vom Gastspiel des Circus im modernisierten Theatergebäude. In dieser Saison wurde ein neues Orchesterpodium und Bühnenbild mit venezianischer Anmutung installiert. Komplett in verschiedenen Blautönen, mit goldenen Leisten abgesetzt, wirkt es kühl, düster und hat keinen rechten Bezug zu Circus. Das eigentlich sehr gut akzentuierte Licht kommt, ebenfalls sehr viel mit blauen Lampen operierend, überwiegend von hinten, die Akteure werden von vorn fast nur mit einem Verfolger angestrahlt, und lässt dadurch die Bühne insgesamt noch dunkler erscheinen. Seit der ersten Produktion ist Goty Teuteberg Orchesterleiter dieses Circus. Zusammen mit seinen sechs Musikern begleitet er ausnahmslos alle Darbietung live. Guter Musikauswahl steht hier leider der Sound des Orchester, er wäre für einen Sonntag-Nachmittag-Tanztee oder eine Pianobar wunderbar geeignet, gegenüber. Die Musik ist nicht akzentuiert, forciert und trägt nicht, sie unterstützt die Nummern in keiner Weise sondern bildet nur einen Klanghintergrund. Das Programm eröffnet Roy Quaiser mit einem 6er Zug Ponies. Später sehen wir ihn noch einmal mit zwei weiteren Kleinpferdchen wieder. Er ersetzt den ursprünglich engagierten Pavel Doubek mit seinen Pferdedressuren, der zu Beginn der Tournee krankheitsbedingt ausscheiden musste. Stephanie May, siebzehjährige Tochter der Fausto Scorpions, folgt mit Techno-Hoops. Mit entsprechender Choreographie und Outfit gelingt es ihr, in ihrer ersten Solodarbietung mit Hula-Hoop eine eigene Note zu kreieren. Ebenfalls krankheitsbedingt musste kurzfristig die Luftakrobatik des Duo Impression ersetzt werden. So erlebten wir das niederländische Duo Musa mit leistungsstarker Partnerakrobatik am Trapez. Kraftvoll und ohne jede Sicherung wird die Trickfolge, die beide Artisten wechselweise in der Rolle des Porteurs sieht, vorgetragen. Gerade bei Nummern wie dieser oder den beiden Auftritten der Simonenko wünscht man sich dann ein mehr Orchesterpräsenz. Die fünf Herren der Truppe Simonenko beenden den ersten Programmteil mit einer raumgreifenden sprunggewaltigen Darbietung auf dem Trampolin. In der Pause bauen sie ihr Reck auf und beginnen den zweiten Teil mit vielfältigen, teils in Circusmanegen selten gezeigten, Elementen des Reckturnens. Während der Manegenumbauten agiert ein junger Mann auf sympathische Art als ”komischer Requisiteur”. Leider wird nicht klar, ob es sich hierbei um einen Mitarbeiter des Requisiteursteam handelt oder ein Komiker in der Uniform steckt, da er nirgends Erwähnung findet. Aus Delft kommt der sechzehnjährige Dion, der ganz klassisch mit Tüchern, Bällen und Spielkarten zaubert. Die Nummer wirkt jugendlich frisch, ist perfekt choreographiert, leider hält er seine Hände des öfteren zu lange an bestimmten Positionen und lässt dadurch den Trick leicht nachvollziehbar werden. Hervorragend ausgebildet, glänzen Olga und Alexej Bobylev mit ihren originellen und originalen Reprisen. Das Clownsduo, während einiger Saisons in Franz Althoff “Goa” zu sehen, kommt mit seiner Schwanensee-Version und einem Tischtennismatch, in dessen Verlauf Alexej sein Können als Mundjongleur nachhaltig beweist, sehr gut beim Publikum an. Sehr schön, zum Abschluss der Weihnachtscircus-Saison noch einmal Clowns zu erleben, deren eigenes Können so groß ist, dass sie ohne Belästigung des Publikums auskommen. Die Pudeldressur von Volodymyr Shulman wendet sich eher an die zahlreichen kleinen Besucher, während es den Martis Brothers in ihrem Hand-auf-Hand Akt nicht gelingt die Übergänge zwischen den einzelnen Posen flüssig und leicht zu gestalten. Sie erreichen nicht das Leistungsniveau vieler anderer Darbietungen dieses Genres. Die Equilibristin Jeanne Durand-Raucher wurde an der kanadischen National Circusschule in Montreal und der französischen National Circusschule in Chatellerault ausgebildet. Ihre anspruchsvolle Nummer ist bis ins letzte kleine Detail choreographiert und durchgestylt und wurde wohl eher für Varietebühnen als Circusmanegen entwickelt. Leider arbeitet sie hier im Wintercircus in einem dunkelgrauen Anzug und ist so vor dem sehr dunklen Hintergrund nur schlecht wahrzunehmen. Eine außergewöhnliche Dressur mit Tauben zeigt der junge lettische Artist Andrejs Fjodorovs. In der nur schwer zu beschreibenden Trickfolge sucht man die ansonsten sattsam bekannten Elemente, der zumeist im Kommödiantenmilieu angesiedelten Taubenrevuen, vergebens. Jonglagen mit Keulen und großen Bällen kennzeichnen den Auftritt von Karl Ramwell. Er begeistert sein Publikum immer wieder und sorgt auch in diesem Programm noch einmal für frischen Schwung, ehe die Fausto Scorpions mit ihren bekannten, sympathisch präsentierten ikarischen Spielen unter Mitwirkung von drei Zuschauern zu erleben sind. Das Finale offenbart die große Anzahl von Personen, die zum gelingen dieser Circusveranstaltung beigetragen haben und Arlette Hanson, Martin Hanson’ s Tochter und seit einiger Zeit Geschäftsführerin des Circus, verabschiedet ein rundum zufriedenes Publikum bis zum Jubiläum im kommenden Dezember. |