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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS HARLEKINO
Veldhoven, 16. April 2022

www.circusharlekino.nl
Erstmals geht Kevin van Geet mit seinem Circus Harlekino auf eine Frühlings-Tournee durch eine Reihe niederländischer Gemeinden. Bisher konzentrierte man sich auf Gastspiele während des Sommers auf Campingplätzen und einen Weihnachtscircus.
In Veldhoven, einer Nachbargemeinde Eindhovens, war der Circus auf einer großen Grünfläche inmitten einer Wohnsiedlung aufgebaut.
Ein schmuckes Zwei-Masten-Chapiteau funkelt im Gegenlicht der tiefstehenden abendlichen Sonne. Der große Bürowagen und die Kasse flankieren den rot-weißen Zierzaun der den Eingangsbereich markiert. Die mächtige Scania Zugmaschine und weitere Materialtransporter des Circus nehmen eine zweite Platzseite ein. Alle Fahrzeuge glänzen in erstklassiger Lackierung in cremeweiß-rot und sind mit feinen goldfarbenen Linien abgesetzt. Die Wohnwagen der Artisten und Mitarbeiter sind auf der gegenüberliegenden Platzseite aufgefahren.
Der bestens sortierte Verkaufswagen der Circusrestauration hat seinen Platz vor dem Chapiteau.
Im Zeltinnern empfängt die Besucher eine heimelige Atmosphäre. Lichterketten, mit gelben Leuchten, spannen sich aus der Kuppel zum Rondell und spenden ein warmes und weiches Licht. Fein gestaltete rot-weiße Logen sind mit bequemen Polsterstühlen ausgestattet und das vierreihige Schalensitzgradin, dunkelroter Samt mit goldenen Bordüren bildet die Abgrenzung zum davor liegenden Durchgang, komplettiert das Sitzplatzangebot. Rot-goldene Blenden rahmen den roten Samt des eleganten Artisteneingang ein.
Mit einem vorzüglichen Lichtdesign der eindrucksvoll bestückten Beleuchtungsanlage wird die Show in erstklassiger Weise in Szene gesetzt. Die leistungsstarke Tonanlage zeigt sich gleichfalls auf Höhe der Zeit und sehr gut gewählte Begleitmusiken unterstützen die Darbietungen.

Direktor Kevin van Geet tritt in den roten Ring sein Publikum zu begrüßen, doch es dauert nicht lange und er wird gestört. Komiker „Mr. Bill“ - Daniel Ligthart erfüllt die Figur mit Leben - muss seinem Chef diensteifrig mitteilen, das hinter der Gardine ein Paket, eine Überraschung abgegeben worden sei. Nach nochmaliger Störung lässt der Direktor das Paket in die Manege bringen und eine lebensgroße „Puppe“ kullert daraus hervor. Kim Dekkers bietet den circenischen Evergreen charmant dar und viele genretypische Abläufe werden mit Unterstützung von „Mr. Bill“ gekonnt gezeigt.
Mr. Bill sehen wir einige Male im Verlauf des Programms wieder. Egal ob Teller drehen oder Aktionen mit Luftballons, stets wählt er zunächst Kinder als geschickte Mitspieler, die hernach strahlend mit einer kleinen Belohnung zu ihrem Platz zurückkehren, während die anschließend mitmachenden Erwachsenen an ihren Aufgaben durchweg scheitern.
Diabolo-Jongleur Ezra Veldman war an diesem Tag verhindert und an seiner Stelle bot Rein de Kok seine Kunst dar. Zylinderhüte sind seine Jonglier-Utensilien, die er virtuos handhabt. Nach einigen Routinen zur ebenen Erde wechselt der Artist aufs Schlappseil. Vielseitige weitere Aktionen erfolgen routiniert und eine Fahrt auf dem Einrad beschließt den Auftritt effektvoll.

Eine stimmungsvolle Darbietung bietet Melissa Tara an den Tüchern. Ruhig und gekonnt, mit einem Schuß Erotik gepaart präsentiert sie sich und ihr Können zu einem französischen Chanson.
Die dynamisch vorgetragene Säbelbalance von Maria Bizzarro ist bestens bekannt und verfehlt auch in diesem Rahmen nicht ihre Wirkung auf die Zuschauer.
Am Chinesischen Mast erleben wir Anna Kucherenko mit einem formidablen Auftritt. Ungeheuer kraftvoll agiert die junge Frau und lässt die Anstrengung beinahe vergessen. Mit großer Körperbeherrschung werden die anspruchsvollen Abläufe exzellent ausgeführt.

Eine außergewöhnliche Hunde-Darbietung präsentiert Amber Karstens mit zwei Border Collies. „The Dancing Collies“ ist der Titel des ausgezeichneten tierischen Acts. Permanent sind Hunde und Vorführerin, einen furiosen Wirbel entfachend, in Bewegung. Völlig auf die Dresseurin fixiert befolgen die Hunde selbst unscheinbarste Zeichen in Perfektion. Eifrig und mit unbändigem Spieltrieb sind die beiden bei der Sache und haben, wenn man ihren Ausdruck so deuten kann, sehr viel Spaß an ihrer Arbeit.
Pavel Pachenko arbeitet die zweite Luft-Darbietung der Show. An chromglänzenden Ketten bietet er eine Reihe eindrucksvoller und kräftezehrender Tricks. In erstklassiger Manier agiert der sympathische Artist hoch in der Kuppel. Die Darbietungen des Duo Pachenko können derzeit nicht gezeigt werden, da der zweite Partner bei einem Besuch in der Ukraine vom Kriegsausbruch überrascht wurde und das Land nicht verlassen kann.

Erstklassige Hand-auf-Hand Akrobatik bietet das niederländische Duo Kira. Gekonnt in Szene gesetzt und mit dramatischen Klängen unterlegt, verfehlt der Auftritt von Kim Dekkers und Melissa Tara seine Wirkung auf das Publikum nicht. Mit sich ständig steigernden Schwierigkeitsgraden reihen sich die erstklassigen Tricks aneinander. Atemlose Spannung und ehrfürchtiges Staunen breiten sich zum Höhepunkt der Nummer aus, wenn Kim, frei auf dem Kopf der Partnerin steht, während diese langsam aus dem Stand in eine spagatähnliche Sitzposition gleitet und dann wieder völlig sicher und scheinbar ohne Anstrengung in die Ausgangsposition zurückkehrt.
Im großen Finale versammelt sich das Ensemble in der Manege. Mit Einzelvorhängen stellt Direktor Kevin van Geet, der in seinem Circus in äußerst angenehmer Weise auch den Part des Manegensprechers übernommen hat, seine Artisten noch einmal vor. Standing Ovations und nicht enden wollender frenetischer Beifall zeugt von der großen Begeisterung des Publikums. Endlich legt sich der Jubelsturm und die Artisten stellen sich im Haupteingang und vor dem Zelt auf, um sich mit einigen persönlichen Worten von ihren Gästen zu verabschieden.
Kevin van Geet bietet mit seinem Circus Harlekino beste Circus-Unterhaltung. Das geschickt zusammengestellte und hervorragend präsentierte Programm findet bei den Besuchern großen Anklang, nicht zuletzt auch dank der positiven Ausstrahlung aller Mitwirkenden.